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BERICHT/001: Arche Warder - Ein Tierpark voller Widersprüche (SB)


Arche Warder - kein Tierpark, sondern "auch ein Tierpark"

Der Garten Eden verblichener Realitäten läßt grüßen ...


Vieles mag man sich von einem Ausflug versprechen, der den Haustierpark Arche Warder, einen Hort alter, aus dem landwirtschaftlichen Alltag entschwundener Haustierrassen, zum Ziel hat: einen Zoobesuch, der viele neue Eindrücke von hübschen Tieren bietet; eine Reise in die Gute-alte-Zeit-Romantik vielleicht, die sich schon bei der Anfahrt durch idyllische Schleswig-Holsteiner Städtchen und Dörfer mit den für die Gegend typischen Fachwerkhäusern aufdrängt; möglicherweise auch nur eine Reise in die Natur, wenn der Blick beim Passieren des Naturschutzgebiets Westensee satte Weiden, Heideflächen oder Kornfelder streift; oder wer sich schon im Vorfeld über die Ziele des Projekts Arche Warder informiert hat, mag vielleicht sogar eine Zeitreise in die Geschichte der Zivilisation und Landwirtschaft erwarten, als die ersten Menschen damit begannen, Tiere nicht mehr zu jagen, sondern in Gattern zu halten, zu zähmen und zu domestizieren.

In keinem Fall ist man jedoch auf das gefaßt, was einem wohl kein anderer Zoo, kein Ferienaufenthalt auf dem Bauernhof oder auch nur der sonntägliche Spaziergang in typisch ländlicher Umgebung derart deutlich vor Augen führen kann, nämlich die unmittelbare, unübersehbare und vielleicht nicht ganz unbeabsichtigte Konfrontation mit den Fragen menschlicher und tierischer Existenz, der gegenseitigen Abhängigkeit und des einseitigen Gebrauchs, den der Mensch für sich aus dem Dilemma ableitet, den eigenen Überlebensbedarf befriedigen zu müssen.

Pas de trois der Lockengänse

Pas de trois der Lockengänse
Foto: © 2009 by Schattenblick

Ebenfalls nicht ganz unbeabsichtigt von den Initiatoren der Idee, "nicht nur, sondern auch einen Tierpark" für Besucher zugänglich zu machen, greifen angesichts 72 verschiedener Nutztierrassen und bis zu 1200 Tieren, deren spezielle Funktion für den Menschen gewissermaßen als Etikett auf die mit Lerntafeln versehene Umzäunung geprägt ist, die bevorzugten Vermeidungsstrategien nicht mehr, mit denen man die eigene Beteiligung an der Ausbeutung der Erde und ihrer Mitbewohner bisher so bequem verschleiern konnte. Und in der vom Arche Warder Team absichtlich entromantisierten Umgebung kommt ein selbstkritischer Besucher nicht mehr an der Erinnerung vorbei, ganz oben der Hauptnutznießer einer unvermeidlichen mehr oder weniger verschleierten Nahrungskette zu sein.

Daß auch die beste und gesündeste Ernährung den altersbedingten Verfall schlußendlich nicht aufhalten wird, mag man sich, gerade weil es keine Alternative gegen den knurrenden Magen gibt, gemeinhin gar nicht erst vor Augen führen. Dieser äußerst unangenehme Aspekt des "natürlichen" Werden und Vergehens wird zu gern verdrängt, wenn wir "zurück zur Natur" mit angenehmen, paradiesischen Assoziationen verklären.

Insofern kann der Aufenthalt im Tierpark Arche Warder sogar dazu anregen, sich - wenn man denn will - mit philosophischen Fragen bzw. mit den Widersprüchen des Lebens auseinanderzusetzen, die sich dem interessierten Besucher hier stellen und mit den bekannten und normalerweise bevorzugten Polarisierungen - wie Fleisch essen, ja oder nein, Massentierhaltung und Leistungszucht oder ökologische Vielfalt von glücklichen, artgerecht gehaltenen Tieren - gar nicht so einfach aufzulösen sind.

Von Wildschweinen, Wollschweinen bis zum Hausschwein läßt sich die Geschichte der Landwirtschaft nachvollziehen.       Von Wildschweinen, Wollschweinen bis zum Hausschwein läßt sich die Geschichte der Landwirtschaft nachvollziehen.

Von Wildschweinen, Wollschweinen bis zum Hausschwein läßt sich die Geschichte der Landwirtschaft nachvollziehen.
Fotos © 2009 by Schattenblick

In dem hellen, gepflegten, architektonisch durchdachten und dem gestreßten Stadtbewohner einen angenehm ruhigen Aufenthalt ermöglichenden Park findet jeder Platz, Ruhe und auch ausreichend Reibungsflächen, um sich selbst und der eigenen Positionierung zu solchen Fragen auf die Schliche zu kommen.

So sieht man sich schon in der Eingangshalle zum Tierpark, die gleichzeitig auch als Hofladen genutzt wird, dem in Plastik geschweißten Schinken gegenüber, der die für tierliebende Menschen provokante Grundidee des Teams Arche Warder, alte Haustierrassen professionell zu züchten, für ihren sicheren Fortbestand zu sorgen und sie wieder ihrem zugedachten Nutzen zuzuführen, sinnfällig verdeutlicht. Die Auslage ungesponnener Wolle, Kuscheltiernachbildungen und anderer Andenken zooeigener Tiere, schmückt diesen Eindruck eher noch aus.

Schon direkt nach Verlassen des Eingangsbereichs - Streichelkontakt und

Schon direkt nach Verlassen des Eingangsbereichs -
Streichelkontakt und "Interaktion" mit den Tierparkbewohnern
Foto: © 2009 by Schattenblick

Nun ist das natürliche Interesse, ein schmackhaftes, sättigendes Stück "Lebenskraft" zu sich zu nehmen, für viele Menschen (vegetarische oder vegane Weltanschauungen einmal ausgeklammert) eine mehr oder weniger selbstverständliche Angelegenheit zum bereits genannten Zweck der Selbsterhaltung. Und ein profaner Schinken ist bekanntlich ein sehr alltäglicher Anblick z.B. in einem Fleischerladen.

Ein Gaumenmuster quasi als Andenken feilgeboten, um dem Tierparkbesucher auch einen sinnlichen Eindruck darüber zu vermitteln, daß mit der aussterbenden Vielfalt an Haustieren auch eine geschmackliche Ressource verlorengeht, ist schon ein wenig ungewöhnlich und gehört zu den besagten ersten Denkanstößen, die diesen Tierpark zu etwas wirklich Besonderen machen. Und man fragt sich vielleicht gar, ob nicht jede, zumeist unhinterfragte, Tierliebe im Grunde über den Magen geht?

Übertragen auf einen herkömmlichen Zoo für seltene, exotische Wildtiere wäre es nicht nur aus ethischen wie rechtlichen Gründen völlig undenkbar, exotische Leckerbissen wie "Kudu"- oder Antilopen- Fleisch zum Verzehr anzubieten. Die dadurch hervorgerufene Protestwelle wäre geradezu unausweichlich.

Aber auch die Frage, warum wir als Mensch, Tierfreund und Tierparkbesucher so unterschiedlich und vielleicht von unseren eigenen Grundbedürfnissen distanziert urteilen, stellt man sich normalerweise gar nicht erst.

Der sicherlich heilsame Schock für agrarwirtschaftsentwöhnte, von sich selbst entfremdete Städter ist somit bei Arche Warder durchaus beabsichtigt und gehört zum angestrebten pädagogischen Konzept des umtriebigen Tierparkdirektors Dr. Kai Frölich, der die Rettung der Tiere nur in einem die gesamte Gesellschaft verändernden Rahmen sehen und mit dem Projekt Arche Warder einen "systemimmanenten" Beitrag leisten will, nützliche Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. Dem Schattenblick umreißt er sein persönliches Geschäftsmotto mit einem einzigen Wort und in Versalien: PROFESSIONALITÄT!

Direktor Frölich empfiehlt Frau Kopte und den SB-Redakteurinnen einen inhaltlich strukturierten, lehrreichen Rundgang.

Direktor Frölich empfiehlt Frau Kopte und den SB-Redakteurinnen einen
inhaltlich strukturierten, lehrreichen Rundgang.
Foto: © 2009 by Schattenblick

Doch was bedeutet diese erklärt entromantisierte, über nur empathische, emotionsbefreite Vorstellungen hinausgehende, professionelle Herangehensweise für einen Zoo, in dem alte, aussterbende Haustierrassen erhalten und zahlenden Besuchern vorgestellt werden sollen? Ganz kurz gesagt: Nichts wird hier dem Zufall überlassen, alles hat einen Zweck.

Zum einen, und das machte uns Dr. Frölich in einem ausführlichen Gespräch gleich zu Beginn als seine Grundidee deutlich, wäre Arche Warder eben nicht nur ein Tierpark, sondern "auch ein Tierpark", der den kommerziellen Aspekt eines Zoos, zahlende Besucher anzulocken, den eigentlich "höheren" Zielen nachordnet. Allem voran als erstes Ziel steht die professionelle Erhaltungszucht der hier stationierten Tiere. Das bedeutet, daß die Paarung der Tiere laut Frölich nach den modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen anhand von genetischen Hintergründen, Stammbüchern und mathematischen Modellen mit größter Sorgfalt und in diesem Sinne größter "PROFESSIONALITÄT" vorgenommen wird.

Im Unterschied zu einem normalen Tierpark, der sich nur "präsentieren" will, "möglichst hübsch, um viele Besucher zu haben", meinte er in einem Interview mit dem Schattenblick: "Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich das einzige Parkrind habe und sagen kann, 'wir haben hier das einzige Parkrind'. Ich fühl mich erst wohl, wenn sich die Parkrinder in Deutschland vermehren und professionell gezüchtet werden."

Einen Großteil seines Engagements steckt Dr. Frölich deshalb in die hierfür erforderliche Kooperation mit Züchtern oder Zuchtgruppen, mit Universitäten, wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und letztlich auch potentiellen Abnehmern für die nicht zu Zuchtzwecken brauchbaren Tiere z.B. für die Landschaftspflege. Anders gesagt reichen seine Kontakte von den Verantwortlichen für Naturschutzgebiete, Naturparks, Freizeiteinrichtungen bis zu Fleischproduzenten und anderen Gewerbebetrieben, die Tierprodukte erzeugen. Denn ohne eine attraktive Verwertbarkeit, so das Credo, wird sich der Erhalt der Tiere nur auf Reservate und Tierparks beschränken.

Dieser "völlig andere Ansatz", der den Haustierpark von einem Zoo, der sich mit Exoten beschäftigt, abgrenzen soll, reduziert genaugenommen diesen zu einer Art Marketing- und Public Relation-Abteilung für die Geschäftsidee, eine schwindende Nahrungsressource zu retten.

Verfechtern der ökologischen und nachhaltigen Ernährung, für die diese Tiere die einzige Ressource darstellen, der wachsenden Nachfrage nach Biofleisch nachzukommen, brennt der schon offensichtliche Mangel an gesundem und qualitativ hochwertigem Fleisch derart unter den Nägeln, daß jeder Ansatz begrüßt wird, der sich dem Problem widmet, also auch ein Tierpark.

Ob Ungarisches Steppenrind, Fjällrind oder Englisches Parkrind - für den Laien kaum zu unterscheiden       Ob Ungarisches Steppenrind, Fjällrind oder Englisches Parkrind - für den Laien kaum zu unterscheiden

Ob Ungarisches Steppenrind, Fjällrind oder Englisches Parkrind - für den Laien kaum zu unterscheiden
Fotos: © 2009 by Schattenblick

Allerdings - und das wurde ebenfalls aus dem Gespräch mit Zoodirektor Dr. Kai Frölich und Pressesprecherin Frau Susanne Kopte deutlich - geht das Projekt Arche Warder zwar mit dem zuletzt in der Grünen Woche propagierten agrarpolitischen Credo der Bundesregierung "Agrobiodiversität" absolut konform, doch bedeutet das nicht zwangsläufig, daß ihm von staatlicher Seite auch die erwartete Unterstützung zuteil wird.

Abgesehen davon, daß sich der Tierpark quasi völlig auf sich selbst gestellt finanzieren, d.h. entsprechende Großsponsoren und Tierpaten gewinnen, muß, die über die täglichen Einnahmen durch Besucher hinaus die Finanzierung des Projektes tragen sollen, hoffen Frölich und sein Team auf eine entsprechende Entwicklung der Biowelle, so daß sich über die "Einsicht des Verbrauchers", d.h. über die steigende Nachfrage und somit über den Markt, das gesamte Unternehmen Arche Warder wie die von anderen Gruppen betriebene Zucht alter, verwertbarer Haustierrassen entsprechend entwickeln und regeln wird.

Auch daß die generelle Einsicht der breiten Öffentlichkeit möglicherweise erst über einen Ernährungsgau erlangt werden könne, ähnlich den gesellschaftlichen Umdenkprozessen, die nach Tschernobyl oder der BSE-Krise stattfanden, kommt dieser auf Mangel begründeten Denkweise entgegen. Denn "Nachfrage zu wecken" heißt genaugenommen nichts anderes, als auf einen Mangel hinzuweisen, der bis dahin noch nicht spürbar gewesen ist bzw. den man dadurch vielleicht erst gedanklich erzeugt. Es ist zudem nicht abzusehen, ob alte Haustierrassen, die mit sehr viel Mühe, Energie und Aufwand "professionell" gezüchtet werden müssen, um sie zu erhalten, wirklich eine Ressource unter quantitativem Aspekt sein können, wenn man damit bisherige Leistungsrassen ergänzen oder ersetzen will.

In den wissenschaftlichen Kooperationen an Universitäten, sprich in den von Privatdozent Dr. Frölich persönlich betreuten Forschungsarbeiten, wird schon jetzt an Züchtungen alter Nutztierrassen gearbeitet, bei denen ihre natürliche Resistenz gegen Krankheiten - das heißt für den Verbraucher ein möglicherweise weniger mit Fremdsubstanzen belastetes, qualitativ hochwertigeres Fleisch - gefördert werden soll.

Die Frage, ob die von Frölich selbst als HighTech-Zuchtmethoden bezeichneten Verfahren nicht letztlich nur heute übliche Praktiken auf einen anderen Ausgangspunkt in der Geschichte landwirtschaftlicher Entwicklung transportieren, ließ sich in dem Gespräch nicht befriedigend klären, da das Kriterium "Professionalität" für Frölich einen unanfechtbaren Qualitätsanspruch beinhaltet.

Auch wird schon durch die menschliche Auswahl der "geeignetsten" Paarungen, bzw., wie es Frölich selbst formuliert, "die optimale Zusammenführung der Partner über die Zeit, um die Rasse in ihrer gesamten genetischen Vielfalt präsentiert zu halten", die Rolle dieser Zuchtmethoden für die Entwicklung der Haustierrasse an sich nicht in Frage gestellt. Methoden und Verfahren zur Auswahl der Anpaarungen bleiben die gleichen, nur die Zuchtziele haben zur Zeit noch etwas andere Prioritäten. Das könnte sich jedoch sehr schnell ändern, wenn die Nachfrage steigt. Ob man es dann nicht letztlich mit genau den gleichen Problemen heutiger Züchtungen zu tun bekommen wird, sei dahingestellt.

Frölich muß selbst einräumen, daß eine vollständige Umstellung der Fleischproduktion auf alte Haustierrassen nie den derzeitigen Bedarf befriedigen könnte. "Man könne hier bestenfalls einen Beitrag leisten", meinte er. Das hieße dann letztlich, daß die auch in Regierungskreisen angestrebte Politik der Agrobiodiversität im Endergebnis über eine zunehmende Vielfalt eine Reduktion der Grundversorgung insgesamt auf ein für den durchschnittlich oder nicht so bemittelten Einzelnen sehr viel "Weniger" zusteuert.

Der Spalt einer durchaus schon spürbaren Zweiklassen-Ernährung würde durch diesen zusätzlichen Mangel im Nahrungsangebot wesentlich breiter.

Für den öffentlichen Umdenkprozeß einer Integration alter Rassen in die Agrarwirtschaft wird in der Arche Warder viel getan, angefangen mit den eingeführten Sprachboxen, die dem Besucher Hintergrundwissen zu den Tieren vermitteln, inhaltlich strukturierten Rundgängen, speziellen Einrichtungen, die dem Besucher Kontakt und "Interaktion" (sprich Streichelkontakt) mit den Tieren ermöglichen, Schautafeln, pädagogisch geleiteten Führungen und Aktionen für Schüler und Kinder, und nicht zuletzt ergänzt mit dem Angebot von Ferienwohnungen, Zelthäusern und öffentlichen Tierschauen, die dem Tierparkbesucher u.a. ein Gefühl für die Artenvielfalt und die Entstehung der Haustierrassen vermitteln können.

Zu diesem Zweck werden dann allerdings doch wieder seltene, exotisch anmutende Einzelexemplare gehalten, in Arche Warder-Mundart: Demonstrationstiere, die - im Widerspruch zum vorrangigen Ziel - dann einen Kompromiß darstellen, um dem Besucher möglichst viele unterschiedliche Haustierrassen und vielleicht auch einige schon ausgestorbene, nur im Exterieur nachgezüchtete Arten wie den Tarpan (ein möglicher Vorfahre des Pferdes, das dem Konik sehr ähnlich sieht) nahezubringen.

Soay Schafe werfen ihre Wolle von alleine ab, allerdings muß man sie dann überall suchen.

Soay Schafe werfen ihre Wolle von alleine ab, allerdings muß man sie
dann überall suchen.
Foto: © 2009 by Schattenblick

Bei 72 Rassen ergibt sich daraus schon eine sehr bunte, sehenswerte und europaweit einzigartige bzw. größte Mischung, die sich auch schon an teilweise exotisch klingenden Namen ablesen läßt wie Rauwollige Pommernschafe, Moorschnucken, Soay-Schaf, Skudden, Bunte Bentheimer, Angler Sattelschweine, Turpolje-Schweine, Mongalitza Wollschweine Telemark-Rinder, Alt-Oldenburger Pferde, Schleswiger Kaltblut Pferde, Posaviner Pferd, Lockengänse, Westfälische Totleger, Girgentana, Poitou-Esel, Hinterwälder und Vorwerk-Hühner, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Ein geplantes Bildungszentrum, in dem vorrangig die Kulturgeschichte des Menschen zur Entwicklung der Nutztierrassen in Beziehung gesetzt werden soll, mit angeschlossenen Forschungs- und Kinderbildungsstätten ist ein weiteres Zukunftsprojekt, mit dem u.a. der spätere Absatzmarkt für die Tiere bereitet werden soll. Es könnte aber auch für das Projekt Arche Warder einen Quantensprung in seiner Bedeutung als Museum, Bildungsstätte, Vorzeigeobjekt und touristische Attraktion Schleswig Holsteins darstellen, zumal etwas ähnliches europaweit nicht existiert.

Die erforderlichen drei Millionen Euro - relativ wenig für ein solches Projekt, meinte Frölich - müssen jedoch erst noch beschafft werden, und es ist fraglich, ob das überhaupt ohne Zugeständnisse an etwaige Großsponsoren möglich ist.

Auch für die Kleinstfinanziers, die täglichen Besucher, von denen sich das Arche Warder Team noch sehr viel mehr aus der nahen Großstadt Hamburg wünscht, müssen viele Zugeständnisse gemacht werden, damit sich jeder einzelne wohlfühlt und sich neben spannenden und sinnenbetonten Eindrücken (wie witzigen, unternehmungslustigen Ferkeln und kuschelweichen Eselfohlen oder Lämmern im Streichelzoo-Bereich) für die Grundidee des Tierparks öffnet, so daß er die Arche Warder mit dem ungemein guten Gefühl verläßt, einen sinnvollen Beitrag zur Rettung der Landwirtschaft geleistet zu haben.



Gelassene, entspannte Tiere, die sich Streicheleinheiten gerne gefallen lassen - Pressesprecherin Frau Kopte schäkert mit einem Poitou-Esel.

Gelassene, entspannte Tiere, die sich Streicheleinheiten gerne gefallen
lassen - Pressesprecherin Frau Kopte schäkert mit einem Poitou-Esel.
Foto: © 2009 by Schattenblick

Die kleinsten Langohren sind besonders weich, überall - Teresa ist am 19. Mai 2009 im Tierpark Arche Warder zur Welt gekommen.

Die kleinsten Langohren sind besonders weich, überall - Teresa ist am
19. Mai 2009 im Tierpark Arche Warder zur Welt gekommen.
Foto: © 2009 by Schattenblick

Nebenbei bemerkt fiel den Schattenblick-Redakteuren statt der gelegentlich erwarteten Geruchsstrenge ein sehr angenehmer Duft nach Kräutern und Wacholder auf. Letzterer stammt ausgerechnet von den Schweinegehegen, in denen die für Schweine als Futter wenig begehrten Wachholderbüsche einen guten und dauerhaften Sonnenschutz bieten sollen. Auch für Besucher gibt es ausreichend schattige und zum Ausruhen einladende Plätze, sogar auf manchen Koppeln, die für die professionelle "Interaktion" zum Picknick mit den Tieren einladen.

Viele Bauten, z.B. die neuen Hühnervogelvolieren, zeichnen sich durch architektonische Besonderheiten wie Dachterrassen und Kräutergärtchen aus, die dem Auge des Betrachters schmeicheln, aber eben auch den Gewohnheiten der Tiere entgegenkommen.

Die neuen Geflügelvolieren mit artgerechtern Kräuterdachterrassen liegen dem Tierparkchef besonders am Herzen.

Die neuen Geflügelvolieren mit artgerechtern Kräuterdachterrassen
liegen dem Tierparkchef besonders am Herzen.
Foto: © 2009 by Schattenblick

Ebenfalls wichtig war es Tierparkchef Frölich, auf die ausschließlich von den Tieren selbst "gepflegten" Weideflächen aufmerksam zu machen. Es gibt hier tatsächlich keinen Verbiß (d.h. keine überweideten Flächen). Die Ausläufe sehen grün und prächtig aus, eine kleine, praktische Demonstration, wie Landschaftspflege durch ausgesuchte Tiere geleistet werden kann. Ganz offensichtlich fühlen sich alle Vierbeiner, nicht nur die Schweine, "sauwohl" und sehen - trotz der vielen Besucher - ganz gelassen den kommenden Ereignissen entgegen. Der Gesamteindruck: Wenn man sich nicht in einem Tierpark befände, würde man wohl an einen äußerst bunten, landwirtschaftlichen Musterbetrieb denken...

Und in dem in jedem Winkel erkennbaren Bemühen des Arche Warder Teams, ein attraktives Freizeitangebot und beschauliches Ambiente zu schaffen, das für Mensch und Tier gleichermaßen Wohlbehagen schafft, wird der Tierparkgast auch im Widerspruch zur eingangs erfolgten Entromantisierung und Ernüchterung wieder gefühlsmäßig gebunden, so daß er das, was er liebt und versteht, im Sinne von Arche Warder möglicherweise auch schützen und unterstützen wird.

Arche Warder, ein öffentlich ausschließlich positiv bewertetes Projekt, wird sich vor dem Hintergrund aufkommender Ernährungskrisen und als mögliche Alternative für zumindest einige wenige zahlungskräftige Entscheidungsträger, vermutlich noch zahlreichen kritischen Bedenken, begründeten Einwänden und alternativen Überlegungen stellen müssen, wenn es darum gehen wird, tatsächlich mehr als "auch ein Tierpark" zu werden:

Welche unvorhergesehenen Veränderungen könnten in größeren Maßstäben als heute gedacht entstehen und auf wessen Schultern würden sie ausgetragen? Was würden die Ergebnisse eines solchen Projektes schlußendlich für herkömmliche Vieharten, Molkereiprodukte, Infrastruktur und Wirtschaft bedeuten? Wie wird mit den absehbaren Nachteilen, z.B. weniger Nahrung, umgegangen? Solche Fragen sind noch zu klären. Schließlich geht es in der Folge und den Konsequenzen um nicht weniger als Lebewesen, und dafür reicht dann, um noch einmal Dr. Frölich zu zitieren, eine "empathisch" (d.h. hier von der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen) geleitete Herangehensweise tatsächlich nicht aus. Ob eine auf menschlichen Nutzen und Gebrauch gestützte Professionalität jedoch, wie Dr. Frölich sie ausschließlich betont, den Lebewesen gerechter werden kann als eine vielleicht lernbereite Empathie, sei noch dahingestellt.


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Der Tierpark Arche Warder ist täglich von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet bzw. bis Einbruch der Dunkelheit im Herbst und Winter. Einlaß bis 18.00 Uhr.

Im Internet kann man aber auch schon einen virtuellen Rundgang über das 40ha große Gelände machen.

Das Arche Warder Logo mit abstrahiertem Rinderkonterfei direkt unter der Chefetage

Das Arche Warder Logo mit abstrahiertem Rinderkonterfei direkt unter der Chefetage
Foto: © 2009 by Schattenblick

17. Juli 2009