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HIPPOS/94: Pintos, Paints und Palominos sind ungeschützt vor Sonnenbrand (SB)


Umdenken erforderlich

Sonnencreme für Pferdenasen

Gegen die starken UV-Strahlen haben wenig pigmentierte Pferde keine Widerstandskraft



Umweltsünden treffen Weidetiere

Pferdebesitzer sollten in dieser Jahreszeit an einen ausreichenden Sonnenschutz für ihre Pferde denken. Während der strahlungsbewußte Mensch beim Aufenthalt im Freien seine Haut mit selten weniger als einem Sonnenschutzfaktor 20 bis 30 aus der Tube schützt und dies bereits in den gemäßigten mitteleuropäischen Landstrichen, halten viele das Sommerfell ihrer Tiere für ausreichend dicht, um diese vor allen Witterungseinflüssen der Natur, aber eben auch vor den Strahlen der Sonne genügend abzuschirmen. Dieser weit verbreitete Irrtum wirkt sich besonders verheerend im Frühjahr aus, wenn die Sonne mit ungewohnter Kraft unerbittlich auf die von Laub und Wolken ungeschützte Erde knallt. Doch selbst wenn den auf der Weide gehaltenen Tiere ausreichend Unterstände und Zufluchtsorte rund ums Jahr zur Verfügung stehen, sollte man das Thema Sonnenschutz immer wieder einmal neu hinterfragen, da in diesen Zeiten die UV-Einstrahlung derart zugenommen hat, daß auch im Schutz schattiger Bäume noch mit hautschädigender Strahlung zu rechnen ist.

Was für stark pigmentierte Tiere oder Pferde mit ursprünglicher Wildpigmentierung (wie das dunkelhaarige Exmoorpony) noch kein so großes Problem darstellt, ist vor allem für domestizierte Tiere mit typischen, beliebten Fellfarben, also Schimmel, Falben und Schecken, möglicherweise schon zu viel. In den letzten Jahren konnten die Tierärzte eine Zunahme von Bläschenbildung, Rötungen und anderer Hautdefekte (bis hin zu Ablösungserscheinungen) bei Pferden verzeichnen. Diese traten vermehrt am Kopf, aber besonders im Bereich der ohnehin empfindlichen Nüstern auf, offensichtlich vor allem dann, wenn diese eine zartrosa Pigmentierung aufweisen. Nicht nur Pferde, die ganzjährig oder in der warmen Jahreszeit auf der Weide gehalten werden, sind betroffen. Auch gescheckte Milchkühe leiden zunehmend unter Sonnenbrand und anderen sonnenbedingten Hauterkrankungen.

Schuld daran ist vor allem die Zunahme der härteren, d.h. kurzwelligeren Sonnenstrahlung, die durch die global und besonders über den Polen immer dünner werdende Ozon-Schicht vermehrt die Atmosphäre durchdringen kann, nicht mehr in den oberen Luftschichten reflektiert wird und so ungehindert auch auf die Haut unserer Tiere trifft. Während sich mancher Mensch vielleicht sogar über die unvermutete Sonnenbräune in Regionen freut, die bislang nicht als Domäne für Sonnenanbeter galten, so leiden die Tiere, die durch ihr Fellkleid hindurch, ohne eine den Bedingungen entsprechende "genetische Anpassung", dieser gnadenlosen hochgebirgsähnlichen UV-Bestrahlung ungeschützt ausgesetzt sind.

Dazu kommt, daß gerade ungewöhnliche Fellfarben wieder sehr in Mode sind. Individuelle und unverwechselbare Farbgebungen schmeicheln dem Besitzerstolz und so werden vor allem "bunt getupfte" Schimmel, Pferde mit kecken Blessen oder Masken im "Gesicht", außergewöhnliche, bunte Farbmuster bei den Appaloosa, goldene Palominos und die rosanasigen, typisch amerikanischen Pintos (das sind Schecken aller Rassen mit einem sehr großem, festgelegten Grad an unpigmentierter Haut) oder auch die amerikanischen Paints (gescheckte Quarter Horses, bei denen drei verschiedenen Fellzeichnungen vorkommen dürfen) unter Freizeitreitern immer beliebter.

Die gefragte Farbpalette ausländischer Pferderassen führt natürlich auch dazu, daß selbst bei den einheimischen warmblütigen Pferderassen scheckige Fellfarben nicht mehr als Zuchtfehler betrachtet, sondern vielleicht sogar selektiert werden. So gibt es beispielsweise schon eine Zucht von Trakehnerschecken, vor einigen Jahrzehnten noch ein Unding in der Pferdezucht.

Wer denkt aber auch bei einer hellen Fellfarbe und der dadurch unpigmentierten Haut an die Gefahr der Sonne, wo beispielsweise gerade die halbwilden Pferde der sonnendurchfluteten Camargue fast ausnahmslos widerstandsfähige, robust gehaltene "weiße" Pferde sind. Es gibt allerdings gravierende Unterschiede bei von Wildpferden abstammenden Schimmeln und eingezüchteten Fehlpigmentierungen, die ebenso hell im Farbkleid erscheinen.

Schimmel, die sich im Verlauf von Generationen ihrer Umwelt angepaßt haben, kommen in der Regel als schwarze Fohlen auf die Welt. In der Folge besitzen sie auch als Erwachsene oft noch eine dunkle Hautpigmentierung unter dem hellen Fell und sind deshalb weniger UV-Licht gefährdet als beispielsweise Schecken mit zartrosa, d.h. unpigmentierten Hautpartien und Nüstern.

Vorbeugen und helfen kann diesen Tieren tatsächlich nur das, was auch jedem Menschen anzuraten ist: das Übel - sprich: die ärgste Sonneneinstrahlung in der Mittagszeit - meiden! Einen gewissen Schutz schafft auch die eingangs erwähnte Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor, die auch bei Pferden bis auf die Haut eingearbeitet werden kann, dann aber während der Sonnenmonate ständig erneuert werden muß. Im Gegensatz zu Menschenhaut ist unpigmentierte Pferdehaut nicht in der Lage, den braunen Farbstoff "Melanin" zu bilden, baut also keinen eigenen Schutz durch "Bräunung" auf.

Pferdebesitzer sollten darüber mit ihrem Tierarzt sprechen, denn vor allem im Bereich der Augen und Nüstern sollte man nicht einfach zu den stark parfümierten, handelsüblichen "Sunlotions" greifen, die für Menschen angeboten werden. Gerade in diesen Bereichen, die besonders geschützt werden sollten, ist Vorsicht geboten. Die Anschaffungskosten für einen veterinärpharmazeutischen, also pferdegerechten, Sonnenschutz sollte man angesichts der verständlicherweise nötigen großen Mengen aber auf keinen Fall scheuen.

Falls es doch einmal zu einem Sonnenbrand kommen sollte, müssen die betroffenen Stellen wie beim Menschen unbedingt gekühlt werden. Außerdem hilft eine gute Wundsalbe (anfangs ein wasserlösliches Brand- und Wundgel, später Eutersalbe). Bis zur völligen Ausheilung sollte man das betroffene Tier nur an sonnenlosen Tagen und nachts auf die Weide lassen.

Leider ist Sonnenbrand nicht das einzige sommerliche Problem auf unseren Weiden. Die stärkere Strahlung führt auch bei Pferden immer häufiger zu einem Hitzschlag! Hier ist die Fellfarbe, d.h. in diesem Fall die dunklen Farbtönung, ebenfalls ein Risikofaktor. Deutliche Warnzeichen sind die kurze, stoßartige Atmung und eindeutige Schwäche-Symptome (z.B. hinlegen bis hin zu einem völligen Zusammenbruch).

Zunächst sollte man hier für einen ausreichend schattigen Platz oder eine künstliche Abschirmung sorgen. Ansonsten helfen nasse Tücher, mit denen man den "Patienten" bis zum Eintreffen des Tierarztes vorsichtig an den Beinen beginnend abreibt.

Plötzliche Abkühlung oder solche "Roßkuren" wie das Abspritzen mit dem Wasserschlauch oder wie den kalten Guß aus einem Eimer sind in solchen fortgeschrittenen Fällen jedoch sträfliche Tierquälerei und können im schlimmsten Fall zum Herzschlag des "Hitzepatienten" führen. Ansonsten sind gemäßigte Beingüsse oder auch das beliebte "Abschlauchen" im Sommer für die vierbeinigen Gefährten ebenso erquicklich wie für Zweibeiner.

Erstveröffentlichung 1999
Neue, überarbeitete Fassung

4. Juli 2012