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HIPPOS/86: Westernsport ist Pferdemord 1. Teil (SB)


Sportliches Westernreiten versus Englisch Reiten (1)


Westernreiten wird heutzutage oft als die "humane" Alternative zur englischen Dressur- und Springreiterei aufgefaßt und gewissermaßen mit einem entspannten Freizeitreitstil gleichgesetzt, an dem Pferd und Reiter gleichermaßen ihre Freude haben sollen. Wer diese Ansicht teilt, und vielleicht auch noch seinen Traum von Lagerfeuerromantik oder gleichgesinnter naturverbundener Geselligkeit in einem der vielen Westernclubs verwirklichen möchte, wird bald eines besseren belehrt. Der sportliche Ehrgeiz - und damit Konkurrenz, Neid und Eifersucht - hat auch die Vertreter dieser Disziplin längst in seinen Klauen, und wird auf dem Rücken der Pferde, d.h. zu ihren Lasten, ausgetragen. So sollte es niemanden verwundern, wenn man bei dem durch Wettkampf und Turniersport geprägten Westernreiten die gleichen Praktiken vorfindet, die man in den anderen Pferdesportdisziplinen hinter sich gelassen zu haben glaubte. Auch hier wird häufig eine ungenügende Ausbildung von Pferd und Reiter mit scharfen Gebissen und Sporen verschleiert, werden möglichst frühreife Pferde speziell für Sport und Show gezüchtet und als schlecht ausgebildete, noch zu junge Pferde in den "Shows" regelrecht verschlissen.

In nurmehr 25 Jahren und damit in 5 Generationsintervallen bis heute wurden züchterisch schon mindestens 5 verschiedene spezialisierte Rassetypen herausgebildet (weitere sind zu erwarten), darunter entsprechend der Western Disziplinen der sogenannte Performer, Western- Pleasure-Typ, Hunter Typ, Allrounder oder Halter Typ.

Von der Größenordnung der Westernpferdezucht zählen die amerikanischen Rassen wie Quarter Horses, Appaloosas und Paints schon seit geraumer Zeit allein hier in Deutschland gut 25.000 Tiere mit stetig wachsender Tendenz. Hier gehen die Zuchtziele, die besondere Anforderungen an die Schönheit wie Exterieur (Quarters) oder Zeichnung (Paints oder Appaloosas) stellen, nicht selten zulasten von Knochenbau, Sehnen, Bändern oder Hufen.

Besonders auffällig ist das Quarterhorse, das sogar an für Pferde völlig ungewöhnlichen Stellen starke Muskeln ausgebildet hat und daher in seiner Erscheinung wie ein aufgeblasener Bodybuilder wirkt, der sich vor Muskelmasse oftmals gar nicht mehr natürlich bewegen kann. Seinem Schönheitsideal entsprechend soll der

Widerrist weit in den Rücken reichend und nicht so scharf abgesetzt (sein) wie wir es von einigen Warmblütern und vom Englischen Vollblut her kennen. Zusammen mit einer schrägen Schulter ist dies mit ein Grund für die gute Sattellage der Quarter Horses. Der Rücken ist kurz und fest und die Muskulatur überragt die Wirbelsäule deutlich. Der Lenden- und Nierenpartie kommt eine besondere Bedeutung zu, weil sie den Schub aus der Hinterhand - dem Motor des Pferdes - auf den Rumpf überträgt und aus diesem Grund kurz und geschlossen sein sollte. Der Rumpf zeigt gute Gurttiefe und die Brustmuskulatur stellt ein auf den Kopf gestelltes V dar. Zudem ist die Brust tief und breit. Die Hinterhand der Quarter Horses zeichnet sich durch ihre, gemessen am übrigen Pferdekörper, gewaltige Größe und Bemuskelung aus. Nicht selten ist der höchste Punkt dieser Pferde nicht der Widerrist, sondern die Kruppe. Neben der großen langen Hüfte, finden wir bei einem Quarter Horse eine Schenkelmuskulatur (Gaskins) sowohl an der Innenseite als auch an den Außenseiten der Gliedmaßen, wie sie bei keiner anderen Pferderasse zu beobachten ist.
(Quelle: EWU NEWS, Nr. 3, März 2000, Seite 4-7)

Daß derart überzüchtete und mit Hormonen zu schnellerer "Reifung" manipulierte Tiere bei den teilweise sehr schwierigen Westernprüfungen besonders verletzungsanfällig sind, ist wohl kaum eine Frage.

Vor allem das auch bei Springpferden gefürchtete Hufrollen-Syndrom (Podotrochlose) betrifft auch in weitem Maße Westernreitpferde.

Dies liegt u.a. mit daran, daß das Strahlbein, welches anatomisch die Aufgabe einer Umlenkrolle für die tiefe Beugesehne hat und somit bei der spezifischen Belastung im Reining, Cutting und Barrel-Race einem ständigen Wechsel von Zug-, Druck- und Scherkräften ausgesetzt wird, und dabei schon allein durch das Gewicht des Reiters wesentlich stärker belastet, d.h. eigentlich ständig überbeansprucht wird. Die Folge sind z.B. unerwünschte Umbau- und Abbauprozesse im Knochen.

Die Ursachen der Hufrollenerkrankung sollen hier nur kurz angerissen werden. Eine steile Stellung der Gliedmaßen, klein gezüchtete Hufe, die somit auf die Fläche gerechnet mehr Druck standhalten müssen, Minderdurchblutung und Demineralisation des Strahlbeines, Entzündung des Hufrollenschleimbeutels und Verwachsungen des Strahlbeins mit der tiefen Beugesehne sind mögliche Gründe, die zur Erkrankung führen.

Zudem ist ein wesentlicher Faktor die Nutzung des Pferdes. Gerade Springpferde, und Pferde die in Westerndisziplinen wie Reining, Cutting, und Barrel Race trainiert werden, belasten den Hufrollenkomplex enorm.
(Die Pferderegion, 26. Mai 2008)

Erstveröffentlichung 2001
neue, überarbeitete Fassung

4. November 2008