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HIPPOS/74: Kampf um Silver-Brumbys Leben (SB)


Australische Tierschützer kämpfen um ihre Wildpferde

Die Regierung hat die Vollstreckung des Todesurteils längst geplant


Heimlich soll es geschehen, damit der Aufschrei der australischen Öffentlichkeit - vor allem aber der Tierschützer - nicht zu laut wird, wenn Silver-Brumby sein Leben aushaucht.

Laut der französischen Presseagentur AFP hat die australische Regierung mehr als 10.000 Wildpferde zum Abschuß frei gegeben, mit der Begründung "dies sei notwendig, um die Umwelt zu schützen". Der geplante Massenmord sollte zwar geheim bleiben und im Geheimen geschehen, doch die australische "Animal Rights"-Bewegung bekam Wind von der Sache und machte sie lautstark publik.

Während Regierungsdokumente belegen sollen, daß bisherige Keulungen ein Phantasieprodukt der Medien sei, kann die "Save-the-Brumbies- charity" mit Bildern von Tötungen aufwarten, die auf ihrer Website zu finden sind. Laut AFP wird dort beispielsweise ein Fohlen gezeigt, das neben seiner toten Mutter steht, ein anderes offenbar sterbendes Pferd mit deutlich erkennbaren Verletzungen liegt daneben.

Seit die Silver-Brumby Geschichten von Elyne Mitchell in den sechziger Jahren die Herzen pferdebesessener Teenager eroberten und darüber hinaus noch einmal 1994 neu verfilmt wurden, haben sich die Zeiten sehr geändert. Zwar hat die Saga bis in die heutige Zeit hinein für Pferdeliebhaber noch nichts von ihrer magischen Anziehungskraft eingebüßt, doch schon das schwer zugängliche Gebiet im Nationalpark Kossciusko in den Snowy Mountains, in dem Silver-Brumby und seine Nachfahren zu Hause waren, ist nicht mehr das, was es einmal war.

Die durch das dauerhafte Ozonloch immer gnadenloser gewordene Sonne hat das Land verkarstet und Wasserstellen ausgetrocknet. Dafür werden nun die Pferde, von denen es vor 10 Jahren noch so wenige gab, daß man sich glücklich schätzen konnte, überhaupt einmal eines davon nach großen Mühen und Entbehrungen zu Gesicht zu bekommen, verantwortlich gemacht. Traurig genug, daß die gesetzlichen Sprecher für die Wildtiere in Australien, die Tierrechte-Gruppen, die Regierungsargumente sogar akzeptieren. So hieß es in dem AFP-Bericht:

Animal rights groups accept the government's argument that the horses are causing soil erosion, destroying freshwater springs, damaging Aboriginal cultural sites and competing with native wildlife for food.
(AFP, 11. November 2007)

Die Wildpferde zerstören die Wasserquellen und das Land, befördern die Bodenerosion und fressen anderen Wildtieren das Futter weg. Man hätte nach Ansicht der Tierschützer eben früher humanere Maßnahmen ergreifen sollen, um ihrer übermäßigen Verbreitung rechtzeitig Herr zu werden. Daß die Brumbies nun zur Helikopter-Jagd freigegeben wurden, sei das Ergebnis einer jahrelangen Ignoranz gegenüber Sachzwängen. Man habe das Problem immer wieder unter den Teppich gekehrt...

"For years and years the problem of wild horses has not been addressed," Jan Carter of Save the Brumbies told AFP.

"And then the idea is 'Well, let's go in and shoot them.'

"It's very inhumane. You've only got to see the photos to know they died in agony."
(AFP, 11. November 2007)

Die Jagd aus dem Helikopter hat in gewissem Sinne sogar Tradition. Schon 1996 schrieb der Schattenblick über die scheuen Brumbies und ihrem harten Überlebenskampf vor allem gegen den von Einheimischen betriebenen Sport des Brumby-Runnings. Damals schienen die Tage des Silver-Brumbies ebenfalls durch die harten Überlebensbedingungen gezählt zu sein. Um überhaupt noch eines zu finden, brauchte man sehr viel Zeit und Geduld:

Alte, halb zerfallene "corrals" erinnern noch an die Tage der Brumby-Runner, die seinerzeit Tiere aus den unerschöpflichen Herden einfingen, um sie als Gebrauchspferde zu zähmen und zu verkaufen. Es gab also durchaus einmal so viele von ihnen, daß ein verwegener Bursche von diesem Geschäft leben konnte. Kaum einer fängt heute noch ein Brumby, um es einzureiten. [...] Doch zunächst einmal gilt es ein Jungpferd zu fangen, und dazu muß der Brumby-Runner überhaupt in der Lage sein, die Geschicklichkeit und Sicherheit des kleinen Wildpferdes zu überbieten, was natürlich nur mittels übler Tricks geschieht, in einem äußerst unfairen Wettbewerb, bei dem wieder einmal die Kreatur den kürzeren zieht. Nicht aus existenzieller Not oder um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern, fängt man die Brumbys, sondern aus rein sportlichen Interessen.

Beim sogenannten "Brumby-running" wird heutzutage eine Brumby- Herde in halsbrecherischem Tempo querfeldein durch den australischen "Busch" gejagt. Bei diesem heimlichen "Sport" - denn Jagd auf Tiere ist in Nationalparks verboten - fängt man die Pferde mit dem Lasso, die "corrals" wären zu verräterisch. Gefangene Jungpferde werden unter Umständen mitgenommen, häßlicher ist jedoch, daß die Jäger auch hier nicht ohne eine Trophäe auskommen, die, wie könnte es anders sein, der Gefangene zu liefern hat. (HIPPOS/11: Silver Brumby's Königreich - von Romantik keine Spur
(SB), Schattenblick 1996)

Damals schnitt man den Pferden die obere Spitze eines Ohres ab, eine höchst schmerzhafte und entwürdigende Prozedur. Man sollte meinen, daß all das, der Überlebenskampf gegen eine sterbende Natur, die gleißende, ungefilterte Sonne, die die Nahrung verbrennt und die Wasserquellen versiegen läßt, und die Auseinandersetzungen mit dem Menschen, der die Tiere in einem entwürdigenden Sport verfolgt, Silver Brumby ohnehin keine Chance gelassen hat, sich großartig zu vermehren. Noch dazu hat es so gut wie keine Lobby.

Kristine Sempf von Brumby Watch äußerte in der Lokalpresse, dem Brisbane's Courier-Mail, halbherzig, man könne die Tiere auch zähmen und dann privat als Reitpferde halten. Doch auch das geht an der Realität vorbei. Bei ihrer berüchtigten Eigenwilligkeit und Dickfelligkeit ist die Erziehung eines Brumbys schwere Arbeit. Nur bei sehr jungen Pferden kann man Glück haben und die "Dressur" gelingt. Dann allerdings habe man ein Pferd mit der Trittsicherheit einer Bergziege, ein begehrtes Arbeits- und Freizeitpferd für diese unwegsame Berglandschaft, erzählen unzählige Geschichten und Legenden.

Ein weiterer vermeintlich "humanerer" Vorschlag für die Dezimierung der Wildpferde ist die Verabreichung der "Pille" für Brumby-Stuten, die der RSPCA vorschlägt. Übersehen wird dabei, daß diese bei den scheuen Tieren schwer durchzuführende Maßnahme mit ständigem neuen Schrecken verbunden ist und schwere Nebenwirkungen nach sich zieht, die die Wahrscheinlichkeit, einen schmerzhaften Krebstod zu erleiden, bei den weiblichen Tieren stark erhöht.

"We would like to see the anti-fertility drugs instigated immediately so it reduces the need to have culls like this in other areas in the future," spokesman Michael Beatty told AFP.
(AFP, 11. November 2007)

Was würden wohl Elyne Mitchells Thowra, der Silver Brumby, Kunama, seine Tochter, Wirramirra, sein Sohn oder Baringa, sein Enkel, dazu sagen, daß sie und ihre Abkömmlinge wieder einmal ihre Köpfe für die Verbrechen herhalten sollen, die nur der Mensch selbst durch seine Gier, sich die Natur unterzuordnen, an der Erde beging?

13. November 2007