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BERICHT/020: Indien - Arbeitselefanten und ihre Führer durch Tradition zeitlebens aneinander gekettet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Dezember 2011

Indien: Arbeitselefanten und ihre Führer durch Tradition zeitlebens aneinander gekettet

von Malindi Shankar

Freizeit für Elefanten: Führerlos unterwegs - Bild: © Malini Shankar/IPS

Freizeit für Elefanten: Führerlos unterwegs
Bild: © Malini Shankar/IPS

Bangalore, Indien, 2. Dezember (IPS) - Indiens Arbeitselefanten und ihre Ausbilder und Führer, die so genannten Mahouts, sind durch eine lange Tradition aneinandergekettet, die keine Zukunft hat. Die jungen Tiere werden von Mahouts abgerichtet, die sich jahraus, jahrein rund um die Uhr um ihre Schützlinge kümmern. Doch die Schwerstarbeit, bei der viele Elefantenführer Leib und Leben riskieren, bringt immer weniger ein. Als Arbeitstiere werden die gezähmten Elefanten absehbar entbehrlich, und mit ihnen verschwindet auch ein jahrhundertealter Traditionsjob.

Dann müssten nach Ansicht von Experten Arbeitselefanten zu Tausenden getötet werden, denn auswildern kann man sie nicht. Die in Herden lebenden wilden Artgenossen würden sie nicht akzeptieren. Zudem besteht die Gefahr, dass sie sich mit Krankheiten infizieren könnten, die sich die gezähmten Dickhäuter im Umgang mit Menschen zugezogen haben.

Nach Schätzungen des Wissenschaftlers R. Sukumar leben in Indien 3.500 der weltweit geschätzten 14.000 Arbeitselefanten. Sukumar leitet das Zentrum für Ökologie am angesehenen indischen Institut für Naturwissenschaften im südindischen Bangalore, der Hauptstadt des Bundesstaates Karnataka.


Hartes Los

Die domestizierten Dickhäuter arbeiten als Lastenträger, bei Rodungsarbeiten im Wald und helfen beim Abrichten des Nachwuchses. Zudem sind sie, nach einem qualvollen Spezialtraining, als Sänftenträger malerischer Bestandteil aufwändiger religiöser Festveranstaltungen, die vor allem für Touristen inszeniert werden.

Mahouts, die ihren Elefanten abends nach der Arbeit auf Futtersuche in die Wälder schicken, sind am nächsten Morgen oft zehn, zwölf Kilometer zu Fuß unterwegs, um das Tier an seiner schweren Eisenkette zur Arbeitstelle zurückzubringen. Die 38-jährige Elefantenführerin J. Nagaraj verdient in ihrem mühsamen riskanten Dauerjob nach eigenen Angaben monatlich 3.000 Rupien, umgerechnet knapp 57 US-Dollar.

Ausbildungsmethoden und Lebensbedingungen der indischen Arbeitselefanten unterscheiden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Im Trainingscamp von Dasara in Karnataka, in dem Elefanten für den Einsatz bei den lauten, bunten Traditionsfesten abgerichtet werden, müssen sich die Dickhäuter auf ein Futter umstellen, das aus Linsen, Reis, Weizen und Gemüse zusammengekocht wird. Reisstroh, Laub und gepresste Kokosnüsse ergänzen diese nicht eben artgerechte Kost.

Für Kritiker ist das traurige Schicksal der gezähmten Elefanten ein klassisches Beispiel für einen zyklischen Antiprozentrismus. Erst seien die Dickhäuter abgerichtet worden, um den Menschen zu dienen. Doch nun, wo sie nicht mehr gebraucht würden und es bald keine Mahouts mehr geben wird, liefen sie Gefahr, massakriert zu werden. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2011