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BERICHT/015: Der "etwas andere" Vogelpark Herborn (BNA-aktuell)


BNA-aktuell 1/2008
Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz e.V.

Der "etwas andere" Vogelpark Herborn:
Vorbildlicher Einsatz für den Natur- Arten- und Tierschutz

Von Dipl.-Biol. Wolfgang Rades


Ein besonderer Ausflugstipp für Naturfreunde und somit natürlich auch für die Mitglieder des BNA ist der 1966 im Herborner Stadtteil Uckersdorf vom gleichnamigen Verein gegründete Vogelpark, der als eine Perle unter den kleineren deutschen Tiergärten gilt. Herborn liegt verkehrsgünstig an der A 45 zwischen Dortmund und Frankfurt.

Gegründet wurde der Park durch die langjährigen Vorsitzenden des Vogelparkvereins Reinhold Wiegand und Harald Fey, die bis zum Jahr des vierzigjährigen Jubiläums 2006 in dieser Funktion aktiv waren. Der Park befindet sich seit 2003 in der Trägerschaft der gemeinnützigen Vogelpark Herborn GmbH. Deren Hauptgesellschafter ist mit 75% der Gesellschaftsanteile die etwa 21.000 Einwohner zählende Stadt Herborn, der Vogelparkverein hat 25% der Anteile. Geschäftsführer der GmbH ist der Leiter des städtischen Hauptamtes, Jörg Kring, Aufsichtsratsvorsitzender ist der Herborner Bürgermeister Hans Benner. Leiter des Vogelparks ist seit 2002 der Biologe Wolfgang Rades, der in Artenschutzkreisen aus der Zeit seiner Tätigkeit als Artenschutzreferent des NABU Niedersachsen und auch als langjähriges Mitglied des BNA kein Unbekannter ist.

Der kleine, aber feine Herborner Vogelpark besticht durch die Naturnähe seiner, teilweise vom Besucher begehbaren, Gehege und Volieren. Bemerkenswert ist seine landschaftlich außergewöhnlich reizvolle Lage am Ostrand des Westerwaldes. Ein Rundweg, der trotz erheblicher Höhenunterschiede kaum Treppen aufweist, erschließt den Park den Besuchern. Farbenfrohe Blumenbeete und zahlreiche Bänke laden zum Verweilen ein.

Rund 60 einheimische und fremdländische Vogelarten leben hier und gewähren den jährlich etwa 40.000 Besuchern spannende Einblicke in die vielfältige Welt der Gefiederten. Sinnvoll ergänzt wird der Tierbestand des Vogelparks, der als "etwas anderer Vogel park" nach seinem Selbstverständnis insbesondere ein Naturerlebniszentrum ist, durch einige kleinere Säugetiere wie auch durch Kriechtiere, Lurche, Fische und Insekten.

Das Team des "etwas anderen" Vogelparks in Herborn legt großen Wert auf die Bedeutung der Einrichtung als außerschulischer Lernort. Eine wichtige Funktion dabei haben die beliebten, zwei mal täglich um 11.00 und 14.30 Uhr kostenlos angebotenen Führungen "Mit dem Tierpfleger unterwegs", bei denen interessierte Besucher spannende Informationen über die Rolle der gezeigten Tiere im Naturhaushalt und ihre diesbezüglichen Anpassungen bekommen.

Die Verantwortlichen des Herborner Naturerlebniszentrums sind davon überzeugt, dass Zoologische Gärten in unserer naturentfremdeten Gesellschaft eine wachsende Bedeutung als Brücke zwischen Mensch und Tier haben. Deswegen ist es eine wichtige Aufgabe zeitgemäß geführter Tiergärten unsere Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, wieder stärker für die Schönheit der Natur und Tierwelt zu begeistern. Eine ähnlich wichtige Rolle für die Naturschutzsensibilisierung der Bevölkerung misst Parkleiter Rades einer zeitgemäß geführten Liebhabertierhaltung zu. Der Herborner Vogelpark bietet zahlreiche naturkundliche Informationen: Hierzu gehören neben Informationstafeln über die gezeigten Tiere auch ein interaktiver "Holzweg", der über einheimische Gehölze informiert und ein insektenkundlicher Informationspfad, der mit dem "Hotel zur wilden Biene", Ameisen-, Hummel- und Bienenvölkern für die Welt der Insekten begeistert. Im Wintergarten des Eingangsgebäudes bietet eine durch lebende Tiere in Aquarien und Terrarien bereicherte Ausstellung "Die Schöpfung bewahren - Mensch und Evolution" im Sinne des Schutzes unserer natürlichen Lebensgrundlagen wichtige Denkanstöße. Pfiffige Spürnasen unter den Parkbesuchern können sich als "Vogelpark-Detektive" versuchen und mit Hilfe von an der Kasse erhältlichen Fragebögen ihre naturkundlichen Kenntnisse überprüfen.

Anerkannt wird die Bedeutung des Herborner Vogelparks für Umweltbildung und Naturschutz auch von mehreren kooperierenden Naturschutzverbänden wie der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz HGON, dem Naturschutzbund NABU und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.

Der NABU Hessen hat im Eingangsbereich des Vogelparks einen attraktiven Spendenbrunnen aufgestellt, dessen Einnahmen zur Hälfte Biotopschutzprojekten des NABU und zur anderen Hälfte der Naturschutzarbeit des Vogelparks zugute kommen. Eine besondere Rolle bei der Naturschutzsensibilisierung der Parkbesucher spielt zweifellos die Kolonie zum Teil frei fliegender Weißstörche, die am Uckersdorfer Himmel mit ihren eindrucksvollen zwei Metern Flügelspannweite hervorragende Botschafter für den Schutz ihrer frei lebenden Artgenossen sind.

Die Vielfalt der Vogelwelt wird in Herborn weiterhin repräsentiert durch Ibisse, Flamingos, Reiher und Kraniche sowie verschiedene Papageien, Eulen, Hühnervögel und Enten. Die Stars unter den Sperlingsvögeln sind neben den sprachgewandten Mittelbeos die seltenen Balistare, während bei den Tauben zweifellos das bereits sieben mal erfolgreich ein Jungtier großziehende Zuchtpaar der aparten Rotbrust-Krontaube unter Tierliebhabern besondere Aufmerksamkeit findet. Eine neue Besucherattraktion ist eine vierköpfige Junggesellengruppe der Lisztäffchen, die als Sympathieträger gute Botschafter für den Schutz ihrer in der Natur lebenden Artgenossen sowie der tropischen Regenwälder sind.

Doch auch für den Schutz weniger possierlicher Arten macht sich der Vogelpark stark:

Verschiedene Teichanlagen und Freilandterrarien beherbergen einheimische Amphibien und Europäische Sumpfschildkröten. Mit Unterstützung des NABU Hessen soll noch in diesem Sommer ein Freilandterrarium für Ringelnattern, Würfelnattern und Äskulapnattern fertig gestellt werden. Diese naturnahen Anlagen dienen bei zahlreichen Naturerlebnisveranstaltungen wie dem mit sehr positiver Resonanz jährlich stattfindenden Aktionstag "Keine Bange vor der Schlange" auch der Sensibilisierung der zahlreichen Besucher des Herborner Naturerlebniszentrums für den Natur- und Artenschutz.

Ein Streichelgehege mit Ziegen, Kaninchen, Meerschweinchen Hühnern und Tauben sowie einem originellen Mäusebüro, in dem eine lebhafte Schar grauer Hausmäuse ihr Unwesen treibt und den Spruch "hier lebt die Computermaus" mit Leben füllt, rundet das Angebot ab.

Groß und Klein kommen in der Nachbarschaft des Streichelgeheges auch bei den leckeren Snacks auf der Sonnenterasse des Gartencafés auf ihre Kosten. Von hier hat man einen herrlichen Ausblick auf die reizvolle Landschaft am Fuße des Westerwaldes hat.

Übrigens hat auch die Umgebung des Vogelparks neben landschaftlicher Schönheit noch vieles zu bieten: Die traditionsreiche Herborner Innenstadt zählt städtebaulich zu den schönsten Fachwerkstädten Deutschlands. Neben weiteren touristischen Anziehungspunkten wie der Burg Greifenstein, den Höhlen in Breitscheid-Erdbach oder dem Wilhelmsturm und dem hessischen Landgestüt in der benachbarten Oranierstadt Dillenburg ist es nicht zuletzt die Vielseitigkeit der Landschaft, die Herborn und Umgebung für Naturliebhaber besonders interessant macht.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Jungaradame "Ricki" inmitten ihrer Fangemeinde.

Die neue Gruppe Lisztäffchen, die hier die Funktion
als Botschafter für die tropischen Regenwälder
einnehmen.

Jungfernkranich mit Jungtier

Szene aus dem Aktionstag "Keine Bange vor der
Schlange" bei der die Harmlosigkeit unserer
einheimischen Ringelnatter demonstriert wurde.


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Quelle:
BNA-aktuell 1/2008, S. 78-80
Herausgeber: Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz e.V.
Geschäftsstelle: BNA-Postfach 11 10, 76707 Hambrücken
Tel.: 07255/28 00, Fax: 07255/83 55
E-Mail: GS@bna-eV.de
Internet: www.bna-ev.de und www.bna-sachkkunde.de

Erscheinungsweise vierteljährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2008