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MELDUNG/053: Hanauer Puppenspielerfamilie Richter will Tradition fortleben lassen (Stadt Hanau)


Stadt Hanau - Pressemitteilung 04.07.2011

Marionettentheater fürs Brüder-Grimm-Kulturzentrum

Hanauer Puppenspielerfamilie will Tradition fortleben lassen


Das traditionelle "Hanauer Marionettentheater" soll wieder neu belebt werden und eine feste Spielstätte im zukünftigen Brüder-Grimm-Kulturzentrum erhalten. Darin sind sich Oberbürgermeister Claus Kaminsky und die Puppenspieler-Familie Richter einig. Bei einem Treffen im Hanauer Rathaus sprang der Funke der Begeisterung auf beide Seiten über. "Das wäre eine fantastische Sache und eine absolute Attraktion für das Zentrum", ist sich der OB sicher, "wir können uns glücklich schätzen, solch eine Schatz hier in Hanau heben zu können." Auch das 87-jährige Familienoberhaupt Georg Richter und sein Sohn Roland, sind von der Idee eines festen Engagements in Hanau äußerst angetan. "Ich möchte die Familientradition gerne fortleben lassen, wusste aber bisher nicht wie ich das umsetzen kann. Das wäre die ideale Möglichkeit!", freut sich Roland Richter.

Seit mindestens neun Generationen spielen Marionetten im Leben der Familie Richter eine zentrale Rolle. Rund 300 Jahre lang waren Mitglieder der Puppenspielerfamilie in Deutschland unterwegs und begeisterten mit ihren Aufführungen Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Erste schriftliche Erwähnungen in diesem Zusammenhang datieren bis ins Jahr 1736 zurück. Auch der im Jahr 1923 in Ostdeutschland geborene Georg Richter wuchs im Familienbetrieb auf und lernte die Kunst des Marionettenspielens von Kindesbeinen an. Nach seinen Jahren als Soldat im Zweiten Weltkrieg und seiner Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft, ergriff er den Beruf seiner Vorfahren und zog mit Familie, Bühne und Holzpuppen durchs Land.

Ein Schicksalsschlag im Jahr 1959 brachte Georg Richter nach Hanau. Seine erste Frau Elfriede war unerwartet verstorben. In Hanau suchten und fanden Richter und seine vier Kinder Unterstützung bei seinen Eltern und Großeltern, die sich nach der Flucht aus der DDR hier angesiedelt hatten. Richter arbeitete in einer Fabrik und nahm Gelegenheitsjobs an, um seine Familie zu ernähren. Er lernte seine zweite Frau Gerlinde kennen und diese schenkte ihm drei weitere Kinder.

Erst im Jahr 1968 ließ Richter das traditionelle Marionettentheater wieder neu aufleben. Er war noch im Besitz einiger alter Puppenköpfe, schnitzte neue dazu und baute eine Holzbühne nach historischem Vorbild. Seine Frau nähte Kostüme und kümmerte sich um die Organisation der Auftritte und natürlich waren auch die Kinder mit von der Partie. Das "Hanauer Marionettentheater" war geboren und begeisterte über die kommenden Jahrzehnte unzählige Kinder weit und breit.

Doch Theaterleiter Georg Richter hat inzwischen das stolze Alter von 87 Jahren erreicht und sieht seine Kräfte schwinden. Sohn Roland, der Betriebswirtschaft studiert hat und mit seiner Frau Jale ein Reisebüro in Altenstadt betreibt, will die alte traditionelle Kunst jedoch nicht untergehen lassen. Der 50-Jährige kann sich gut vorstellen, die Familientradition weiter fortzuführen und das Erbe des Vaters anzutreten. Für verschiedene Auftritte in Schulen und Kindergärten haben Richter und seine Frau - eine promovierte Theaterwissenschaftlerin und Romanistin - das Hanauer Marionettentheater bereits reaktiviert. Auch seine achtjährige Tochter Katja sei inzwischen schon vom Marionettenfieber infiziert, berichtet Richter. "Ein langfristiges Engagement würde es uns ermöglichen, das Ganze auch finanziell tragbar zu machen."

Martin Hoppe, Projektleiter für das geplante Brüder-Grimm-Kulturzentrum, ist von der geplanten Zusammenarbeit sehr angetan: "Als integraler Bestandteil des Zentrums könnte das Hanauer Marionettentheater Grimm-Stücke sowie verwandte Märchen, Erzählungen bis hin zu zeitgenössischen Stücken aufführen und ein fester Ankerpunkt in solch einem interaktiv-kommunikativen Haus werden." Nach Hoppes Auskunft wurde die Idee schon aktiv in den Planungsprozess für das Grimm-Zentrum am Schlossplatz aufgenommen: "Denkbar wäre etwa ein Auditorium für rund 100 Personen mit einer drehbaren Bühnenvorrichtung. Auch könnten diverse Teile der Richter'schen Marionettentheatersammlung in einer begleitenden Dauerschau präsentiert werden."

Diesen Herbst wird die Stadtverordnetenversammlung über das weiter geschärfte Konzept für das Brüder-Grimm-Kulturzentrum Hanau entscheiden.


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Quelle:
Pressemitteilung von Montag, 4. Juli 2011
Kontaktdaten: Stadt Hanau, Pressestelle
Am Markt 14-18, 63450 Hanau
E-Mail: pressestelle@hanau.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2011