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STANDPUNKT/002: Was bleibt vom Jubel, jetzt nach der WM? (Naturfreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 12. Juli 2010

Was bleibt vom Jubel, jetzt nach der WM?


Berlin, 12. Juli 2010 - Ist die heutige Form von Großveranstaltungen wie der Fußballweltmeisterschaft noch akzeptabel? Die NaturFreunde Deutschlands treten dafür ein, dass derartige Großevents zukünftig anders geplant und umgesetzt werden: Sie müssen für die Menschen in den Austragungsländer einen realen Mehrwert schaffen und zum Beispiel zusätzliche Arbeit und Einkommen ermöglichen, fordert der stellvertretende Landesvorsitzende der NaturFreunde Berlin und Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands Uwe Hiksch. Denn es ist nicht akzeptabel, dass die Internationale Föderation des Verbandsfußballs (FIFA), Großunternehmen und einige wenige Baukonzerne riesige Gewinne erwirtschaften, während die einfachen Menschen auf der Strecke bleiben.

Viele Kommentatoren beschreiben die WM in Südafrika als einen Erfolg: für das Image Südafrikas, für die deutsche Nationalmannschaft, für die Sponsoren und vor allem für die FIFA selbst. Alleine die FIFA soll durch die WM in Südafrika etwa 3,2 Milliarden Dollar verdient haben - mehr als je zuvor.

Es ist jedoch mehr als zweifelhaft, ob das Land Südafrika real von den Spielen profitiert hat. Vielmehr scheint es so zu sein, dass Organisatoren und Sponsoren die jeweiligen Austragungsländer lediglich als austauschbare Austragungskulisse für den internationalen Fußball benutzen, mit dem Milliarden Dollar erwirtschaftet werden können. Denn für die armen Menschen in Südafrika war die WM alles andere als ein Gewinn:

Durch ein völliges Straßenhandels-Verbot im Umfeld der WM-Spielorte wurden Tausende von Straßenhändlerinnen und Straßenhändlern ihre Verdienstmöglichkeiten genommen. Das von der FIFA durchgesetzte "totale Verbot des Straßenhandels" im Umfeld der Stadien traf vor allem die Township-Bewohner, die ihr Einkommen häufig aus dem Kleinhandel beziehen. Gerade sie hätten die Touristen mit Verpflegung und Fanartikeln versorgen können - übrigens zu Preisen, die um ein Mehrfaches unter den völlig überteuerten Artikeln der FIFA-Sponsoren gelegen hätten. Doch der massive Einsatz der Sicherheitskräfte hinderte sie daran. Alleine der Sportartikelhersteller "adidas" verkaufte weltweit über 6,5 Millionen Spielertrikots - mehr als doppelt so viele wie bei der Weltmeisterschaft in Deutschland vor vier Jahren.

Nicht etwa regionale Kriterien und soziale oder ökologische Standards zählten bei der Auswahl der Sponsoringpartner, sondern allein die Gelder für Lizenzen. Logos und Slogans der Weltmeisterschaft durften nur genutzt werden, nachdem riesige Summen geflossen waren. Diese Vorgehensweise führte beispielsweise zu folgenden Besonderheiten:

Die südafrikanische Handelskette "Metcash" musste einen Lutscher aus dem Sortiment nehmen, weil auf diesem die Zahl 2010 aufgedruckt war.
Der internationale Konzern "Match Hospitality", ein offizieller Fifa-Partner, reservierte im Vorfeld der WM etwa ein Drittel der Übernachtungskapazitäten und verkaufte sie mit einem Aufschlag von bis zu 1.000 Prozent weiter.
Die verkauften Fan-Artikel werden meist in asiatischen Kleinbetrieben und dort zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert, dann aber in Südafrika und weltweit teuer weiterverkauft.
Selbst der grünhaarige Leopoard "Zakumi", das Maskottchen der WM, wurde nicht in Südafrika, sondern in China produziert.
Für die FIFA traten Sponsoren wie Coca Cola, McDonalds und Budweiser auf - Marken, die nicht gerade für gesunde Ernährung stehen. Dass die Sponsorengelder stimmen, scheint die Hauptsache zu sein.

Die NaturFreunde Deutschlands erwarten im Nachgang der WM eine kritischere Diskussion in den Sportverbänden über die Rolle derartiger Großevents für die Darstellung des Sports. Denn es ist nicht akzeptabel, dass der Spitzenverband FIFA, Großunternehmen und einige wenige Baukonzerne riesige Gewinne erwirtschaften, während die einfachen Menschen auf der Strecke bleiben.

Die NaturFreunde werden sich als internationaler Verband, der Angebote für Sportlerinnen und Sportler in vielen Ländern Europas organisiert, für eine Veränderung der heutigen "Ware Weltmeisterschaft" zurück zu einem normalen Sportereignis einsetzen. Das Ziel einer fortschrittlichen Sportpolitik muss auch darin bestehen, dass durch solche Großereignisse Arbeitsplätze in den austragenden Regionen geschaffen, die angebotenen Produkte regional produziert und Löhne bezahlt werden, die existenzsichernd sind.


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Quelle:
Presseinformation vom 12.07.2010
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2010