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VEREINE/129: Am Ende haftet der Vorstand allein (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 25 / 17. Juni 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Am Ende haftet der Vorstand allein

Wichtige Tipps für die ehrenamtliche Vereinsführung


Während in Unternehmen die Geschäftsführung von Profis übernommen wird, sind die Vorstände von gemeinnützigen Vereinen meist Idealisten, die die Aufgabe um der guten Sache willen wahrnehmen. In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat der BGH (Az. II ZR 239/05) beschlossen, dass die Mitglieder eines Vereins grundsätzlich von der Haftung freigestellt sind. Demnach haftet grundsätzlich nur der Verein mit seinem Vermögen und nicht die Vereinsmitglieder, auch wenn sie an der zugrundeliegenden Entscheidung beteiligt waren. Tritt der Verein als eingetragener Verein auf, seien Dritte ausreichend auf die beschränkte Haftung hingewiesen. Eine Haftung der Mitglieder käme nur dann in Betracht, wenn die Nutzung der Rechtsform des eingetragenen Vereins von Anfang an missbräuchlich wäre und es zu Vermögensvermischungen und -verschiebungen zwischen dem Vermögen des Vereins und der Mitglieder käme. Insbesondere müssten Neumitglieder vor einer Haftung für Tatbestände aus der Zeit vor ihrem Eintreten geschützt werden.

Wenn die Mitglieder von der Haftung freigestellt sind, erhöht sich das Risiko der Vorstände, allein für alle Fehler im Verein einstehen zu müssen. Auch wenn der BGH klarstellt, dass die schuldrechtliche Dritthaftung des Vereins auf das Vereinsvermögen beschränkt ist, bleibt es bei der Handelndenhaftung des Vorstands, wenn dieser ersehen kann, dass das Vereinsvermögen für die Tilgung der eingegangenen Verbindlichkeit nicht ausreicht. Neben der zivilrechtlichen Haftung gegenüber Dritten hat der Vorstand auch die Verantwortung für die Einhaltung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Abgabenordnung regelt die Haftung der handelnden Organe. Hier reicht die verspätete Abgabe einer Voranmeldung oder Erklärung aus. Daneben tritt die Haftung wegen Steuerhinterziehung (Paragraf 370 AO) oder leichtfertiger Steuerverkürzung (Paragraf 378 AO).

Gerade die Grenze zur leichtfertigen Steuerverkürzung ist schneller überschritten, als es sich die meisten Vorstände vorstellen können. Zu den sich schnell ändernden Vorschriften zur Gemeinnützigkeit kommt die Loyalität der Vorstände zu ihrem Verein. Sie handeln im Sinne des Vereins und versuchen, diesen möglichst zu unterstützen. So werden z. B. aus Vereinsmitteln angesparte "Rücklagen" dem Finanzamt nicht angegeben, die gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung verstoßen, weil das Geld nicht ausgegeben und für "schlechte Zeiten" im Verein bleiben soll. Dabei übersieht der Vorstand, dass er gegen einen wesentlichen Grundsatz des Gemeinnützigkeitsrechts verstößt, der zur rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen kann. Gänzlich unklar ist den handelnden Personen, dass dies sowohl zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer vom ermäßigten Satz für gemeinnützige auf den normalen Satz, zur Steuerpflicht der Gewinne des Vereins und zum Wegfall der Steuerfreiheit von Übungsleitervergütungen etc. führen kann. Damit sind die "Rücklagen" des Vereins schnell für die nachträglichen Steuern verbraucht.

Ganz unter Zugzwang kommt ein neuer Vorstand, wenn er derartige über Jahre aufgebaute "Altlasten" von seinem Vorgänger übernommen hat und jetzt vor dem Problem steht, dass er diese Missstände gegenüber dem Finanzamt nacherklären und sich insbesondere gegenüber noch vorhandenen Altvorständen durchsetzen muss.

Dabei kann sich der neue Vorstand auch nicht darauf berufen, dass die Steuern nicht sein Aufgabenbereich sind und von dem Vorstandskollegen die Aufgaben der Anmeldung und Abführung übernommen werden. Bereits vor 10 Jahren hat der BFH (BStBl. II 1998, 761) festgestellt, dass jeder Vorstand für die steuerlichen Verpflichtungen wie der Geschäftsführer eines Unternehmens haftet. Keine steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen gilt als grob fahrlässig (FG München 14 K 1035/03). Auch ein 2. Vorsitzender, der nicht für Steuern zuständig ist, haftet wie der 1. Vorsitzende (FG Münster, 7 K 5035/00).

Ebenso entbindet die Übertragung von Aufgaben auf selbständige Unterabteilungen den Vorstand nicht von seinen Verpflichtungen. Fehler und Mängel von den verantwortlichen Personen muss er sich im Wege des Organisationsverschuldens (Verletzung der Überwachungspflicht) zurechnen lassen (BFH V R 17/99). Das trifft auch solche Fälle zu, in denen Amateursportlern Gelder von Dritten (Sponsoren) zugewendet werden. Hier haftet der Vorstand für die abzuführende Lohnsteuer (BFH VR 17/99), weil er den Betrieb des Vereins selbst zu überwachen hat.

Hinzu kommt die Haftung des Vorstands, die aus Fehlern bei der Vereinsführung aus eigener Unkenntnis entstanden ist. Bei Gesprächen mit Vorständen zeigt sich immer wieder, dass meist nur die Tätigkeit des Vorgängers fortgesetzt wird, ohne dass der Vorstand sich mit den Fragestellungen des Gemeinnützigkeitsrechts auseinandergesetzt hat. Im Verhältnis zum Verein handelt er zivilrechtlich nach den Regeln des Auftragsrechts. Dementsprechend hat er sowohl die gesetzlichen Vorgaben wie auch die konkrete Satzung einzuhalten. Verstößt er dagegen und der Verein hat einen Schaden, haftet er dafür gegenüber dem Verein. Fordern die Mitglieder vom Vorstand keinen Schadenersatz, führt dies, da es sich ja um gemeinnützig gebundene Mittel handelt, zum Verlust der Gemeinnützigkeit des Vereins. Aus diesem Grund muss der Vorstand letztendlich allein mit seinem Privatvermögen haften, auch wenn die Mitglieder gewisses Handeln veranlasst oder gar beschlossen haben.

Informationen unter: www.forum-verlag.com/gemeinnuetzigkeitsrecht.


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Neues Gesetz soll die Haftungsrisiken mindern

Die Bundesländer Baden-Württemberg und Saarland haben am 02.06.2008 im Bundesrat einen "Gesetzentwurf zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen" eingebracht (BR-Drucksache 399/08). Danach soll ein neuer Paragraf 31a in das BGB eingefügt werden, der die Haftung ehrenamtlich und unentgeltlich tätiger Vorstandsmitglieder ggü. dem Verein (nicht aber ggü. Dritten) auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Ist der Vorstand einem Dritten zum Schadensersatz verpflichtet, ohne vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt zu haben, soll er vom Verein die Befreiung von solchen Verbindlichkeiten verlangen können. Wird das Gesetz so beschlossen, würde dies zu einer spürbaren Einschränkung der derzeit bestehenden Haftungsrisiken führen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 25 / 17. Juni 2008, DOKUMENTATION X
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2008