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VERBAND/018: Der Bund Deutscher Radfahrer besteht 60 Jahre (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 48 / 25. November 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Der Bund Deutscher Radfahrer besteht 60 Jahre
Am 21.11.1948 als erster deutscher Fachverband nach dem Kriege wiedergegründet

Von Friedrich Mevert


Als der Deutsche Sportbund am 10. Dezember 1950 in Hannover ins Leben gerufen wurde, waren durch stimmberechtigte Delegierte 13 neugegründete Landessportbünde und 23 bereits wiedergegründete Fachverbände vertreten. Von den 23 Verbänden waren 22 Wiedergründungen von Sportorganisationen, die bereits vor der "Gleichschaltung" durch die Nationalsozialisten im Dritten Reich bestanden hatten. Nur beim Deutschen Basketball-Bund handelte es sich um eine Neugründung. Der einzige Verband, dem es trotz der entgegengesetzten Sportpolitik der alliierten Besatzungsmächte gelang, bereits 1948 einen die drei damaligen Westzonen übergreifenden Dachverband zu konstituieren, waren seinerzeit die Radfahrer.

Dabei reichte die Geschichte des organisierten Radsports bereits damals mehr als sechzig Jahre zurück. 130 Jahre waren 1948 schon vergangen, seit der badische Forstmeister Freiherr Drais von Sauerbronn im Januar 1818 das von ihm erfundene Laufrad zum Patent angemeldet hatte. "Velociped" nannte er selbst seine Erfindung, während allgemein ihm zu Ehren die Bezeichnung "Draisine" populärer wurde. Die Entwicklung des Fahrrads zu seiner heutigen Form beeinflussten mit ihren Erfindungen maßgeblich die Franzosen Michaux (1861 - Vorderradkurbel und Pedalen) und Sergent (1865 - Gliederkette), der Schotte Dunlop (1888 - Luftreifen) und der Deutsche Sachs (1903 - Freilaufnabe), nicht zu vergessen der Schweinfurter Friedrich Fischer, der mit der Gründung der ersten deutschen "Velociped-Gußstahlkugelfabrik" im Jahr 1884 die weltberühmte Kugellagerindustrie in der fränkischen Mainstadt begründete.

1884 - das war auch das Jahr, in dem am 17. August in Leipzig der "Deutsche Radfahrer-Bund" (DRB) als Vorläufer des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) gegründet wurde. Schon in den Jahren zuvor waren örtliche Vereine - wie 1869 der Altonaer Bicycle Club und der Münchner Velociped-Club - und regionale Vereinigungen - wie der Deutsche Velocipedisten-Bund, der Norddeutsche Velocipedisten-Bund und der Rheinische Velocipedisten-Bund - entstanden und auch schon verschiedene Rennen durchgeführt worden. Erster Präsident des DRB wurde Carl Hindenburg. Zehn Jahre nach seiner Gründung trat der DRB 1894 der "International Cyclist Association" (ICA) bei und stellte im gleichen Jahr bei den Weltmeisterschaften in Antwerpen mit August Lehr (Frankfurt/Main) den ersten deutschen Weltmeister über eine Meile. Ein Jahr später - 1895 - gab es in Köln die erste Radsportweltmeisterschaft auf deutschem Boden. Doch schon in diesen Jahren spielte das Radwandern als Breitensport eine wesentlich größere Rolle als das Rennfahren.

Nach dem 1. Weltkrieg vereinigten sich 1919 der "Deutsche Radfahrer-Bund" und die "Allgemeine Radfahrer-Union" zum "Bund Deutscher Radfahrer", neben dem es als konkurrierende Organisation aber auch seit 1920 die "Vereinigten Deutschen Radfahrer-Verbände" gab. Im Rahmen der nationalsozialistischen Gleichschaltung wurden 1933 alle Organisationen im "Deutschen Radfahrer-Verband" zusammengeschlossen, der allerdings die sportlichen Traditionen des BDR fortsetzte.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches konnte am 21. November 1948 in Frankfurt/Main der BDR wiederbegründet werden. Zum Präsidenten wurde Hans Müller gewählt. Ihm folgten in diesem Amt 1950 Kurt Kühn, 1955 Gerhard Schulze, 1959 Erwin Hauck, 1971 Hans-Joachim Hangstein, 1981 Werner Göhner und 1997 Manfred Böhmer. Schon 1950 erfolgte die Aufnahme in den Internationalen Radsportverband (UCI), und 1954 bereits richtete der BDR in Köln, Wuppertal und Solingen wieder Weltmeisterschaften aus. Die Radprofis Rudi Altig, Rolf Wolfshohl und Hennes Junkermann hatten klangvolle Namen von Mitte der 50er bis Ende der 60er Jahre; auf seine Kunstfahrer und Radballer konnte der BDR nicht weniger stolz sein. Dann begann die Zeit der großartigen olympischen und WM-Erfolge der Bahnfahrer - das Werk vor allem von Bundestrainer Gustav Kilian. Am 24./25. März 1984 feierte der Bund Deutscher Radfahrer im Rahmen seiner Bundeshauptversammlung in Frankfurt/Main sein 100jähriges Bestehen vor dem Hintergrund zahlreicher Erfolge im internationalen Leistungsvergleich und wachsender Beliebtheit des Radfahrens als Breiten- und Freizeitsport. So konnten z. B. 1985 1.200 Veranstaltungen im Rahmen der Trimmspiele durchgeführt werden, und für 1986 waren sogar mehr als 1.500 solcher Veranstaltungen im Breitensportkalender des BDR eingeplant.

Der Bund Deutscher Radfahrer umfasst heute 17 Landesverbände mit 2.543 Vereinen und 133.715 Mitgliedern. Im März 2001 wurde mit der Leichtathletin Sylvia Schenk als "Seiteneinsteigerin" erstmals eine Frau zur BDR-Präsidentin gewählt, die jedoch im Oktober 2004 von diesem Amt wieder zurücktrat. Nach einer halbjährigen Zwischenlösung mit Vizepräsident Fritz Ramseier an der Verbandsspitze übernahm im März 2005 ehemalige Bundesminister Rudolf Scharping die BDR-Präsidentschaft. Die BDR-Geschäftsstelle befindet sich in der Otto-Fleck-Schneise 4 in Frankfurt/Main und wird von Generalsekretär Martin Wolf geleitet. Die Wiedergründung im November vor 60 Jahren will der BDR übrigens nicht zum Anlass für eine Feier nehmen, dafür sind entsprechende Festlichkeiten dann zur 125-Jahrfeier der Erstgründung 1884 im Zusammenhang mit der nächsten Bundeshauptversammlung Ende März 2009 am Gründungsort Leipzig geplant.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 48 / 25. November 2008, S. 36
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2008