Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

POLITIK/299: DOSB auf der Tribüne - Bundestag führte Generaldebatte zum Sport (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 51-52 / 16. Dezember 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

DOSB auf der Tribüne: Bundestag führte Generaldebatte zum Sport
CDU-Politiker Riegert bedankt sich bei der Dachorganisation und ihren Mitarbeitern

Von Holger Schück


Bei der Bundestagsdebatte zum Thema Sport wurde am 4. Dezember im Berliner Reichstag der gesellschaftliche Stellenwert des Sports in Deutschland gewürdigt. Es war die erste Parlamentsdebatte, bei der das Exekutivorgan einer Sportdachorganisation auf den Zuschauerrängen des Bundestages den Debattenverlauf verfolgte. Zuvor war im April 1980 eine Delegation des damaligen NOK für Deutschland anwesend, als der Bundestag über den Boykott der Olympischen Spiele im gleichen Jahr in Moskau diskutierte und eine Entscheidung hierzu traf.

Zum Auftakt der Debatte erklärte Klaus Riegert (CDU): "Wir brauchen einen starken und unabhängigen DOSB. Die Autonomie des Sports darf nicht angetastet werden." Weiter sagte er: "In vielen Bereichen, zum Beispiel Integration, Gesundheit, Bildung, Erziehung, nationale Repräsentanz und Verständigung ist der Sport ein wichtiges und unverzichtbares Mittel. Mit ihren gewachsenen Strukturen leisten die unter dem Dach des DOSB vereinten Sportorganisationen und -vereine somit einen bedeutenden Beitrag für unsere Gesellschaft. Hier sehe ich ein Alleinstellungsmerkmal des organisierten Sports mit den sozialen Funktionen und dem bürgerschaftlichen Engagement: die Gemeinwohlorientierung. Dafür sage ich dem ehrenamtlichen Präsidium des DOSB herzlichen Dank, das auf dem Weg nach Rostock extra heute angereist ist, aber auch allen Mitarbeitern in Frankfurt und dem DOSB insgesamt." Auch der Sport habe als "Spiegelbild der Gesellschaft" Probleme: "Gewalt im Sport, Doping und Manipulation bedrohen das Fundament der Sportlandschaft und bedürfen der konsequenten Bekämpfung. Allerdings kann sich diese Bekämpfung nicht an den populistischen Anträgen der Grünen orientieren." Riegert stellte hinterher dar, er habe eine "komplexe Rede" gehalten, die bewusst auf Spontaneität verzichtet habe: "Wichtig war mir, dass im öffentlich zugänglichen Protokoll diese Grundsatzerklärung dokumentiert ist und zeithistorisch als Basisfakten festgehalten wird."

Der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dr. Peter Danckert, bat im Verlauf der Debatte am 4. Dezember den Vizepräsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, er möge alles tun, damit es zu einem konsequenteren Antidoping-Kurs in der olympischen Bewegung komme. Das IOC müsse weltweit "einheitliche Standards" schaffen, erklärte der SPD-Abgeordnete im Bundestag. In Deutschland habe der Kampf gegen pharmazeutische Manipulation ein "hohes Niveau" erreicht. Allerdings müsse das IOC "darauf achten, dass es nicht immer wieder Länder gibt, die sich dem entziehen und nichts tun", forderte Dr. Danckert. Athleten aus Ländern wie Jamaika, die keine eigene unabhängige Nationale Antidoping-Organisation haben, müsste das IOC von Olympischen Spielen ausladen.

Das Parlament habe seit 2008 die Bundeszuweisungen für den Spitzensport deutlich erhöht, unterstrich Sportpolitiker Danckert. "Jetzt müssen die Fachverbände ihre Hausaufgaben machen. Die Strukturen müssen sich verändern. Einige haben noch sehr viel zu tun." Der Fall des Berliner Eishockeyspielers Florian Busch sei ein "Trauerspiel". Seit dem 19. Dezember 2007 wüssten DOSB, Bundesinnenministerium und Sportausschuss, dass es bei einigen Verbänden noch Mängel in der formalen Umsetzung des Antidoping-Kampfes gebe. "Das ist ein schlimmer Vorgang", sagte der Sozialdemokrat in Richtung Deutscher Eishockey-Bund (DEB), der erst im Herbst den Code der Nationalen Anti-Doping-Agentur in seine Verbandssatzung übernommen hatte.

Der FDP-Parlamentarier Detlef Parr wies warnend darauf hin, der zu Jahresbeginn in Kraft getretene Glücksspiel-Staatsvertrag der Länder beinhalte eine "tickende Zeitbombe" gegen den Sport. So seien die Umsätze der Spielbanken im Freistaat Sachsen allein im ersten Quartal 2008 um 40 Prozent zurückgegangen; bei Oddset, dem Sportwettenanbieter des Deutschen Lotto- und Totoblocks, sowie bei schnellen Spielen wie Keno habe es Einbußen um 44 Prozent gegeben; beim klassischen Lottospiel sei ein Minus von 14 Prozent zu verzeichnen. Der Vertrag sorge für ein "riesiges Verlustgeschäft". "Die Rechnung bezahlen die Sportvereine und Sportverbände sowie andere dem Gemeinwohl verbundenen Organisationen." Der Liberale sprach weiter über die "Grundstimmung in der Sportfamilie": "Dieser Stimmung sollten wir Sportpolitiker Rechnung tragen, zum Beispiel durch die Anerkennung des Sports als Staatsziel. Wenn er in 15 Bundesländern Verfassungsrang hat, dann gehört er auch ins Grundgesetz." Seine Fraktion habe dazu einen Gesetzentwurf erarbeitet und beschlossen. "Ich freue mich, dass auch die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag eine Absichtserklärung abgeben. Dass lässt für die Zukunft hoffen." Überhaupt, so stellte Parr heraus, anerkennten jetzt die Koalitionsfraktionen "geschlossen" die Leistungen des unter dem Dach des DOSB vereinten organisierten Sports ausdrücklich. Der Abgeordnete aus Ratingen: "Es tut gut, dass wir wieder gemeinsam für die Autonomie des Sports eintreten und den Schulterschluss zeigen, der in früheren Legislaturperioden für die Sportpolitiker in diesem Hause selbstverständlich war."

Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) stellte fest, es sei wichtig, "dass die Menschen, die Sport treiben wollen, es sich aber finanziell nicht leisten Können, unterstützt werden müssen". Weniger als zehn Prozent der Spitzensportler seien Arbeiterkinder, demgegenüber mehr als die Hälfte Kinder von Angestellten, davon die meisten von Hochqualifizierten. "Es werden also nicht nur Hartz-IV-Kinder vom Leistungssport abgekoppelt, sondern auch Kinder von Minijobbern, schlecht bezahlten Leiharbeitern, Verkäuferinnen und Eltern, die anderen Berufsgruppen angehören." Nur einer von 50 Spitzenverbänden sitze in Ostdeutschland und bekomme 60.000 Euro im Jahr. Die Abgeordnete: "Das ist etwa soviel wie die jährlichen Reisekosten der Abteilung Sport im Innenministerium, die für die Reisen zwischen den Dienstorten Berlin und Bonn anfallen."

Für die Grünen machte Winfried Hermann deutlich, die Große Koalition habe den Spitzensport "systematisch verbessert und die Förderung erhöht": "Parallel dazu hat der DOSB ein strategisches Förderkonzept entwickelt, was ich richtig finde. Das ist wirklich ein Fortschritt. Wir kritisieren aber, dass nicht parallel dazu genauso strategisch auch ein Gesamtkonzept für den gesamten Sport, für den Breitensport, für den Jugendsport, für den Freizeitsport, für den Behindertensport, entwickelt wurde. Dann würden wir weiter vorankommen." Der Tübinger Parlamentarier forderte einen "Zukunftsplan Sport 2020".

Weitere Redner waren für die CSU der Abgeordnete Stephan Mayer und die Obfrau der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Dagmar Freitag. Mayer sagte wörtlich: "Der DOSB ist eine Plattform für insgesamt 60 Sportarten. Auch dies ist meines Erachtens ein außerordentlich charmanter und bunter Blumenstrauß, der zeigt, wie bunt die Sportlandschaft in Deutschland mittlerweile ist." Die Große Koalition, so sagte er zu, werde noch in dieser Legislatur die Haftungsregelungen für ehrenamtlich Tätige zu reduzieren versuchen. Und als letzte Debattenteilnehmerin wies Dagmar Freitag, ehemalige Realschullehrerin, darauf hin, wie wichtig Sport für junge Leute sei: "Im Idealfall gelingt es, Kinder über attraktive Angebote in den Schulen zum Verein zu bringen. In den Vereinen sind sie nämlich bestens aufgehoben. Ich möchte hinzufügen: An dieser Stelle leisten unsere Vereine einen unverzichtbaren gesellschaftspolitischen Beitrag."


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 51-52 / 16. Dezember 2008, S. 27
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2009