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POLITIK/282: "Schöne Spiele" - Olympia ist für China "eine große Chance" (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 24 / 10. Juni 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

"Schöne Spiele": Olympia ist für China "eine große Chance"

Bundesinnenminister berichtet im Sportausschuss über seine China-Reise


Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble geht davon aus, dass die Olympischen Spiele in Peking "schöne Spiele" werden. Im Sportausschuss des Deutschen Bundestages erklärte der CDU-Politiker, der chinesische Sport habe gerade auf dem Sektor der Dopingbekämpfung große Fortschritte gemacht. "Die Horrorszenarien der letzten Jahre, dass Doping im Hochleistungssport der Volksrepublik eine große Rolle spielt, sind völlig unbegründet", sagte Dr. Schäuble. "Mein Eindruck ist, dass die Chinesen sich sehr anstrengen. Sie werden jedoch nicht abschließend sicherstellen können, dass es in diesem großen Land kein Doping gibt."

Dr. Schäuble berichtete im Ausschuss über seine Besuchsreise vom 27. bis 29. April in Peking und stellte eine verabschiedete "Gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Bereich des Sports" zwischen beiden Ländern vor. Eigentlicher Anlass der Reise sei die Fortführung der seit Jahren bestehenden Beziehungen mit dem chinesischen Ministerium für Verwaltung und die Unterzeichnung eines neuen Abkommens über die Verwaltungszusammenarbeit gewesen. Während seines Aufenthalts im Gastgeberland der Spiele traf der für Sport zuständige Ressortchef auch mit dem chinesischen Sportminister Liu Peng zusammen, der zugleich Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees der Volksrepublik ist.

Liu Peng habe ihm gegenüber versichert, dass Dopingvergehen in China jeweils lebenslange Sperren für involvierte Sportler und Trainer nach sich zögen, berichtete der Bundesinnenminister. 2007 seien in der Volksrepublik 10.283 Dopingtests vorgenommen worden, 75 Prozent davon seien Trainingskontrollen gewesen. Weniger als 0,2 Prozent seien positiv gewesen. Der chinesische Minister habe ihm versichert, für Staat, Partei und Sport sei der Platz der chinesischen Olympiamannschaft in der Medaillenrangliste "überhaupt nicht wichtig". Daraus ergebe sich wohl, dass China nicht mehr vorrangig Position eins der inoffiziellen Nationenwertung anstrebe.

"Die Olympischen Spiele sind für China eine große Chance", erläuterte Dr. Schäuble. "Es wird sich ein großes Maß an weiterer Öffnung des Landes vollziehen. Allerdings wird Olympia nicht das hervorbringen können, was die Politik bisher nicht leisten konnte. Ich hoffe, dass die chinesische Führung versteht, dass die Olympischen Spiele vor allem Spiele der Freude sowie ein Fest und eine Begegnung der Völker sein sollen. Das gibt einem Land die Chance, sich stärker zu öffnen. Das muss man nicht fürchten; dem muss man sich vielmehr anvertrauen." Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass ein Vergleich der Spiele 2008 mit Olympia 1936 in Berlin "nicht angebracht" sei: "Da sind die Chinesen sehr empfindlich, wenn sie mit den Nazis in Zusammenhang gebracht werden. Zwischen beiden totalitären Systemen bestehen schließlich graduelle Unterschiede."

Dr. Schäuble rief die Sportpolitiker aller Fraktionen auf, "verstärkt den Dialog mit China zu suchen". Für Kritik habe man im Reich der Mitte durchaus ein offenes Ohr, "wenn sie mit Respekt vorgetragen wird". Dies gelte auch für Menschenrechtsfragen oder für Standpunkte zur Tibet-Problematik. "Der Dialog lohnt sich", bewertete er. "Man kann kritisch mit ihnen reden."

Dr. Schäuble unterstrich, dass Athletinnen und Athleten, die während der Spiele mit dem Regelwerk des IOC in Konflikt geraten, etwa weil sie sich mit Armbändern propagandistisch für die Einhaltung von Menschenrechten engagieren, die Konsequenzen zu tragen hätten. Wörtlich sagte er: "Dazu kann der Bundesminister des Innern keine Aussage machen."

In der Gemeinsamen Absichtserklärung, die Dr. Schäuble und sein Amtskollege unterschrieben haben, heißt es, beide Vertragsparteien "bekunden ihre Bereitschaft, im Bereich des Sports im Rahmen ihrer rechtlichen, finanziellen und tatsächlichen Möglichkeiten zusammenzuarbeiten und den bilateralen Sportaustausch zu fördern". Austausch und Zusammenarbeit sollten "auf der Grundlage der gegenseitigen Achtung, Gleichberechtigung und zum gegenseitigen Nutzen sowie unter Achtung der Menschenrechte und des olympischen Geistes" entwickelt werden. Danach soll es Austausch und Zusammenarbeit zwischen deutschen und chinesischen Experten aus Spitzensport, Breitensport, Sportwissenschaft und Sportmedizin geben; dabei werden folgende Themenschwerpunkte formuliert: "wirtschaftliche Perspektiven des Sports (zum Beispiel Sportsatellitenkonto, wirtschaftliche Auswirkung von Großveranstaltungen); technische Analyse (zum Beispiel Modelling, Absprung beim Skispringen); Wissenschaftsmanagement im Sport (zum Beispiel Forschungsprogramme, wissenschaftliches Netzwerksystem); Berufsprofil Trainer (zum Beispiel Bereitstellung von Trainerinformationen, Stellung der Trainer in der Gesellschaft)". Auch für den Anti-Doping-Kampf wurde ein bilateraler Austausch vereinbart. Der Vertrag hat vorerst eine vierjährige Laufzeit mit Verlängerungsoption.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 24 / 10. Juni 2008, DOKUMENTATION II
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2008