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POLITIK/275: Fall Florian Busch - Fördersperre verfügt (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Fall Florian Busch - Bundesinnenministerium verfügte Fördersperre für den DEB
Bergner: Eklatanter Verstoß gegen Antidoping-Klausel im Zuwendungsbescheid

Von Holger Schück


Das Bundesinnenministerium hat auf den Fall Florian Busch reagiert und einen Förderstopp für Bundesmittel an den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) durchgesetzt. Das erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner am 7. Mai im Sportausschuss des Deutschen Bundestages. "Wir haben am 18. April das Bundesverwaltungsamt beauftragt, wegen des Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln diesen Förderstopp zu verhängen sowie ein Rückforderungsverfahren einzuleiten", sagte der CDU-Politiker. "Das wird jetzt eindeutig exekutiert. Die laufenden Zahlungen sind gesperrt."

Dabei handelt es sich nach Dr. Bergners Worten um 325.000 Euro Sportfördermittel aus dem BMI-Etat, die dem DEB noch für 2008 zustehen. Insgesamt wurden 450.000 Euro bewilligt sowie zusätzlich 150.000 Euro für den Stützpunkt in Füssen, der allerdings von der Zäsur nicht betroffen ist. Seit Jahresanfang wurden an den DEB bereits 125.000 Euro ausgezahlt. Bevor nun der Verband die bereits geflossenen Bundesmittel zurückzahlen müsse, erläuterte Dr. Bergner, habe dieser "Anspruch auf rechtliches Gehör", wie es bei der Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte zwingend vorgeschrieben sei. Danach werde von der Bundesverwaltung in diesem Verfahren entschieden. "Der DEB muss jetzt die harten Konsequenzen hinnehmen", bilanzierte der Parlamentarische Staatssekretär. "Er hat sich mit der falschen Entscheidung in der Causa Florian Busch diese Situation selbst eingebrockt. Es handelt sich hier um einen eklatanten Verstoß gegen die verbindliche Klausel im Zuwendungsbescheid, dass eine aktive Dopingbekämpfung betrieben werden muss."

Der DEB hatte den Berliner Nationalspieler Florian Busch nach einer von ihm am 6. März verweigerten unangekündigten Trainingskontrolle verwarnt und mit einer Geldstrafe sowie mit der Ableistung von gemeinnütziger Arbeit belegt und dabei die Sanktionsmöglichkeiten für "missed tests" (verpasste Tests) angewandt. Nach den Regeln des Codes der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), die mit dem Welt-Anti-Doping-Code korrespondieren, hätte Busch mit einer Sperre bestraft werden müssen, wie es in Fällen einer verweigerten Dopingprobe vorgesehen ist. Der 23-Jährige kam sodann im Finale um die deutsche Meisterschaft für die Eisbären Berlin zum Einsatz und wurde für die Weltmeisterschaft Anfang Mai in Kanada nominiert. NADA-Justitiarin Anja Berninger berichtete im Ausschuss, unmittelbar nach der verweigerten Kontrolle habe sich Busch fernmündlich bei der in Bonn ansässigen Stiftung beschwert und dabei formuliert, ein so wichtiger Spieler wie er könne gar nicht gesperrt werden. Bei einem zweiten Anruf kurze Zeit später habe er "weinerlich reagiert und um das Nachholen der Kontrolle gebeten". Dies habe die NADA ablehnen müssen. Fünf Stunden nach dem Vorfall sei dann eine vom DEB veranlasste Probe genommen worden, die allerdings nicht NADA-konform sei. "Der Athlet hat ausdrücklich die Probenahme verweigert", sagte Frau Berninger. "Innerhalb von fünf Stunden ist es möglich, dass sich verbotene Substanzen abbauen können." Der DEB habe 2005 eine Trainingskontrollvereinbarung mit der NADA unterzeichnet. Offen bleibe jedoch, ob sich Florian Busch dieser unterworfen hat.

NADA-Geschäftsführer Dr. Christoph Niessen erläuterte, die NADA habe am 4. Mai die Trainingskontrollvereinbarung mit dem DEB gekündigt. Außerdem komme zum Fall Busch erschwerend hinzu, dass in der am 26. April veröffentlichten DEB-Kaderliste für die WM neun Aktive enthalten seien, die als NHL-Spieler nicht der NADA gemeldet seien und damit auch nicht in den Testprogrammen gewesen seien: "Sie sind bei uns seit 2006, 2007 oder Anfang 2008 draußen." Mit anderen im Ausland tätigen Top-Spielern, wie etwa NBA-Star Dirk Nowitzki oder von italienischen Klubs verpflichteten Volleyballern, gebe es diese Probleme nicht, so dass die NADA bei ihnen fortwährend Kontrollen vornehmen kann. Ein anderer Aspekt: "Der DEB verfügt über ein Schiedsgericht, das nach den Standards der Zivilprozessordnung tätig ist. Es trat bei der Entscheidung am 4. Mai nicht zusammen; es war nicht eingeschaltet, weil der DEB es für nicht zuständig erklärt hatte."

DOSB-Justitiar Dr. Holger Niese machte im Sportausschuss deutlich, aus der Sicht der Sport-Dachorganisation handele es sich beim Fall Florian Busch um einen eindeutigen Verstoß gegen die Antidoping-Bestimmungen, der mit einer Sperre von mindestens einem Jahr hätte sanktioniert werden müssen. Ein Rücktritt von der Verweigerung orientiere sich an "strengen Anforderungen", die vorliegend nicht erfüllt seien. Dr. Niese: "Der DOSB hat keine Rechts- und Fachaufsicht und verfügt über keine Sanktionsmöglichkeiten, er kann aber vermitteln. Hauptaufgabe des DOSB ist es jetzt konfliktlösend zu wirken. Gegebenenfalls müsse ein Schiedsgericht entscheiden.

"Ich bin entsetzt", meinte der Unions-Sportsprecher Klaus Riegert. "Ließen wir das jetzt durchgehen, könnten wir die Mittel, die der Bund für die Anti-Doping-Maßnahmen weiterreicht, sparen. Dann machte die ganze Dopingbekämpfung schließlich keinen Sinn mehr." Dagmar Freitag, Sportobfrau der SPD-Fraktion, sprach davon, es sei ein "Scheideweg der Dopingbekämpfung" erreicht: "Es darf jetzt zu keiner Blaupause für Verbände und Athleten kommen. Die Bagatellisierung durch den DEB ist einmalig; der Verband hat die Brisanz des Falles nicht wahrgenommen." Winfried Hermann (Die Grünen) erklärte: "Es ist allerhöchste Zeit, jetzt ein Zeichen zu setzen. Verbände dürfen in der Dopingbekämpfung kein eigenes Regelwerk aufstellen." Im konkreten Fall seien gleich vier neue Regeln erfunden worden: eine Belästigungsregel, eine Umdeutung zu einem "missed test", eine neue Meldebestimmung sowie eine Sanktionsmaßnahme, die es gar nicht gebe. FDP-Sportexperte Detlef Parr sprach ebenfalls von einem "eklatanten Verstoß", stellte allerdings die Frage, ob bei der Streichung der Sportfördermittel die Nachwuchsförderung geschädigt werde.

Dr. Bergner kündigte an, im September werde das BMI über die Empfehlungen der Task Force, die Ende 2007 ihren Abschlussbericht über Antidoping-Maßnahmen der Verbände veröffentlicht hatte, im Ausschuss berichten. Ab 2009 sollten sich alle Spitzenverbände des deutschen Sports der unabhängigen Schiedsgerichtsbarkeit nach den ZPO-Vorgaben unterwerfen, forderte er.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 20/13. Mai 2008, DOKUMENTATION IV-V
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2008