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POLITIK/254: Politik und Sport sind sich einig - Fortschritte in China (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Politik und Sport sind sich einig: Fortschritte in China

Dr. Vesper: Menschenrechte kann man nicht mit Lichtschalter anknipsen


(DOSB PRESSE) "Die Frage der Menschenrechte war eng mit der Vergabe der Olympischen Spiele 2008 an Peking verbunden." Das stellte DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper bei einer Diskussionsveranstaltung der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung in Berlin heraus. "Es ist doch schon ein Fortschritt, dass 25.000 Journalisten über die Spiele und auch über Land und Leute berichten dürfen." Der DOSB habe in seiner Erklärung von Mai 2007 klar positioniert, dass er sich den Menschenrechten und der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet fühle. Überhaupt: "Olympische Spiele sind das größte Ereignis in der Welt, sie sind ein grandioses Sportfest, das der Völkerverständigung und dem interkulturellen Austausch dient."

"Ich halte es auch für wichtig, dass chinesische Journalisten die Freiheit der Berichterstattung genießen werden", unterstrich Dr. Vesper beim 15. Donnerstagsgespräch unter dem Motto "Olympische Spiele - eine Chance für die Menschenrechte in China?", das im Haus der Evangelischen Kirche Deutschlands am Gendarmenmarkt veranstaltet wurde. "Auch Sponsoren haben eine Verantwortung und sind den Menschenrechten verpflichtet." Andererseits könne man nicht die Olympischen Spiele mit Erwartungshorizonten "überfrachten": "Was Legionen von Staatsmännern, was UN-Generalsekretäre und internationale Gewerkschaftsführer nicht erreicht haben, kann auch nicht vom Sport auf einen Schlag durchgesetzt werden. Menschenrechte kann man nicht mit einem Lichtschalter anknipsen. Das sind schwierige, langfristige Prozesse."

Dr. Vesper machte weiter deutlich: "Olympia soll einen kleinen Beitrag zur Vermenschlichung der Welt leisten. Die Spiele werden in der Volksrepublik Öffnungsprozesse fördern, die sich nicht mehr zurückdrehen lassen werden - das haben eigentlich alle großen Sportveranstaltungen in den letzten Jahrzehnten, die in Ländern mit politischen Diktaturen ausgetragen wurden, bewiesen. China hat jetzt das Mega-Thema der Menschheit, den Klimaschutz, realisiert. Das ist ein gewaltiger Fortschritt. Aber wir dürfen nicht vergessen: Das geschriebene Recht im Kulturraum Europa hat sich in einem Zeitraum von 300 Jahren entwickelt. China ist nach dem Tod von Mao Tse Tung und der jetzt boomenden Wirtschaft in der globalen Wettbewerbsgesellschaft sehr schnell von einer Entwicklungsstufe in die nächste gekommen. Der Weg zu neuen gesellschaftlichen Ufern wird schneller als in Europa laufen."

Der DOSB-Generaldirektor, Chef de Mission in Peking, wies auf die Anhörung im Menschenrechts- und Sportausschuss des Deutschen Bundestages hin und erläuterte die Experten-Einschätzungen zur Verbesserung der Menschenrechts-Situation in Zentralasien. "Jeder Journalist, der während der Spiele in China behindert wird, kann sich an das IOC wenden. Eine IOC-Kommission wird sich sodann prompt mit diesem Fall beschäftigen und für das Abstellen der Probleme sorgen." Die Volksrepublik habe sich mit dem vom IOC gebilligten "bid book", der offiziellen Bewerbungsschrift, Standards verpflichtet, die zum Zwecke der Transparenz veröffentlicht wurden. Das IOC werde genauestens auf die Einhaltung der Zusagen drängen.

"China hat sich in den letzten 15 Jahren sehr stark geöffnet", stellte die SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesjustizministerin Prof. Herta Däubler-Gmelin fest. "Es gibt eine Unmenge an Entwicklungen - nicht alle sind gut -, jedoch bieten sie für viele Menschen Verbesserungen. So schreiben jetzt chinesische Zeitungen offener über Missstände. Allerdings gibt es immer noch die Barriere: Die Macht der KP dürfe nicht in Frage gestellt werden. Also, die Machterhaltung geht vor." Die Politik müsse in China auf die Dimension der Menschenrechte und der Zivilgesellschaft hinweisen, zumal dort seit 2004 Menschenrechte Verfassungsrang hätten.

Ein Vergleich mit den Olympischen Spielen 1936, von vielen Aktivisten geäußert, sei "töricht", unterstrich die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses. "1,3 Milliarden Chinesen haben ein neues Selbstbewusstsein. Und die Verantwortungsträger in diesem Riesenreich sind stolz darauf, dass sie für immer mehr Menschen einen höheren Lebensstandard geschaffen haben."

Mit der Wiederaufnahme der deutsch-chinesischen Beziehungen nach der Eiszeit wegen des Dalai-Lama-Besuches bei Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel werde jetzt der deutsch-chinesische Rechtsstaatdialog fortgesetzt, erklärte Frau Prof. Däubler-Gmelin. Bundesregierung, Parlament, die deutsche Zivilgesellschaft und auch europäische Institutionen seien aufgerufen, neue Kooperationen mit der Volksrepublik zu begründen. Dabei sollte die diplomatische Variante Vorrang haben; öffentliches Anprangern hingegen führe zu Verhärtungen, zu keinem Bewusstseinswandel und erst recht nicht zu politischen Veränderungsstrategien.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 8, 19. Februar 2008, S. 10-11
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2008