Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

POLITIK/253: Jährliche Anti-Doping-Berichte ab 2008 im Sportausschuß (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Minister Dr. Schäuble: Umsetzung des NADA-Codes ist noch mängelbehaftet
Dr. Vesper kündigt im Sportausschuss jährliche Anti-Doping-Berichte ab 2008 an

Von Holger Schück


"Die Prüfergebnisse belegen: Mit Bundesmitteln wurde kein des Dopings überführter Sportler direkt unterstützt." Dieses Fazit zog Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) nach den Recherchen der Sonderprüfgruppe Doping seines Hauses, die unter Leitung des ehemaligen Ministerialbeamten Peter Wischnewski 55 öffentlich geförderte Verbände und Einrichtungen schwerpunktmäßig überprüft hatte. Der Minister war zu einer Besprechung in den Bundestags-Sportausschuss gekommen, nachdem die Abgeordneten ihren Wunsch geäußert hatten, das Mitglied der Bundesregierung sollte den Ende Dezember 2007 veröffentlichten Abschlußbericht vorstellen und erläutern.

Der für den Spitzensport zuständige Ressortchef machte dabei auch auf Mängellagen aufmerksam, die von der Arbeitsgruppe ausführlich thematisiert wurden: Die Umsetzung des NADA-Codes sei von den Institutionen des Sports "unterschätzt" worden, was bedeute: Die in konkrete Handlungsschritte zu vollziehenden Schlussfolgerungen seien bei einem Teil der Verbände nicht erkannt worden. Das beziehe sich vor allem auf die Verankerung der Grundstandards in den von den Selbstverwaltungsorganen zu beschließenden Satzungen und Regelwerke. "Mit einem Erlass meines Hauses für das Bundesverwaltungsamt ist bereits reagiert worden", unterstrich Dr. Schäuble. Zukünftig werde eine Mustersatzung "zur ordnungsgemäßen Umsetzung des NADA-Codes zur Verfügung stehen".

Das Gesamtfazit aus der Sicht der Exekutive: "Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die eine Rückforderung von Bundesmitteln möglich machen könnten. Das ergibt sich auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse." Zur Forderung des SPD-Politikers und Vorsitzenden des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert, der Bund Deutscher Radfahrer müsste wegen (so ihm dargestellter) "gravierender Verstöße" gegen das Zuwendungsrecht "eine sechsstellige Summe" ausgereichter Betriebsmittel zurückzahlen, wurde Dr. Schäuble nachdenklich: "Der Bund würde vor dem Verwaltungsgericht wahrscheinlich verlieren." Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner (CDU) bekannte: "Ich hatte die Hoffnung, vielleicht könne man wenigstens ein Exempel statuieren - dies ist jedoch nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, den Vorschriften über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes, nicht möglich."

DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper unterstrich, Sportdachorganisation, BMI und NADA würden schon ab 2008 jährlich Materialien für Anti-Doping-Berichte jeweils zum 31. März erheben. Die Befragungsmaske lasse differenzierte Rückschlüsse erwarten. "Die erhobenen Informationen werden von der NADA ausgewertet", erläuterte Dr. Vesper. "BMI und DOSB werden dann nötigenfalls Konsequenzen ziehen." Überhaupt, die Anti-Doping-Berichte sollten die "solide Prüfung", die von der sogenannten Task Force in ihrem 117-seitigen Abschlussbericht vorgenommen worden sei, in pragmatischer Art und Weise fortsetzen. Zu einem zentralen Vorschlag der von Minister Dr. Schäuble eingesetzten Gruppe von Innenrevisoren versicherte der DOSB-Generaldirektor: "Die Empfehlung, ein unabhängiges Gremium zur Aufklärung der Dopingvergangenheit einzusetzen, wird von uns umgesetzt. Die nötigen Maßnahmen dazu werden wir ergreifen."

Dr. Vesper machte deutlich, der DOSB sei neben seiner Steuerungsfunktion auch eine "Serviceeinrichtung für die Mitgliedsverbände". Bei Anfragen kleinerer Verbände in Sachen Dopingbekämpfung werde dieser mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zuvor hatte Peter Wischnewski deutlich gemacht, dass die Verpflichtungen des NADA-Codes komplett erst von zwei Verbänden umgesetzt worden seien: vom Deutschen Leichtathletik-Verband und vom Deutschen Kanu-Verband. Der Abschlussbericht gebe keine Entwarnung, akzentuierte der Ministerialrat a.D.: "Im Gegenteil: Es ist noch sehr viel bei der Umsetzung des Regelwerks und für die Stärkung der Unabhängigkeit der NADA zu tun. Die Bestellung von Anti-Doping-Beauftragten und klare Richtlinien für die Anstellung von Trainern und von anderem leitenden Personal sind in vielen Punkten noch mängelbehaftet."

Ministerialdirektor Klaus Pöhle, Leiter der BMI-Sportabteilung, stellte juristisch klar: "Der Bund kann nur Haushaltsmittel zurückfordern oder zukünftig Auszahlungen verweigern, wenn ein Verband bei der Behandlung von Dopingfällen nicht korrekt vorgegangen ist." Mit dem DOSB sei sein Haus in Gesprächen, zukünftig aus dem Titel "Zentrale Maßnahmen" möglicherweise keine Arzneimittelanschaffungen mehr zu finanzieren - obwohl: "Die Apotheken des Sports haben durchaus einen hohen Nutzen." In dem Abschlußbericht der Projektgruppe war darauf hingewiesen worden, dass der BDR "das verbotene Medikament Furosemid" und auch ein Potenzmittel angeschafft habe.

"Das sind keine Bagatellen", erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Peter Danckert (SPD) und empfahl einen Prozess gegen den BDR: "Der Bund hat wegen des Bombodroms 22 Prozesse verloren. Kosten spielten da keine Rolle." Dagmar Freitag, Sportobfrau der SPD-Fraktion, meinte: Die Spitzenverbände wären gut beraten, mindestens einen Juristen in das erweitere Präsidium mit einzubeziehen, um die hohen sportrechtlichen Anforderungen im Anti-Doping-Kampf erfüllen zu können. Für Bündnis 90/Die Grünen machte Winfried Hermann deutlich: Es sei per se problematisch, wenn Verwaltungsleute sich gegenseitig überprüften. Worauf Minister Dr. Schäuble betonte, die Exekutive könnte keine unabhängige Kommission, sondern lediglich eine "ressortinterne Überprüfungsgruppe in Gang setzen". Klaus Riegert, Sportexperte der Union, brachte zum Ausdruck: Im Endeffekt dürften trotz aller Stringenz bei der Dopingbekämpfung durch Staat und Sport keine "zu feinziselierten Vorschriften" erlassen werden ("Sonst bekommen wir noch mehr Bürokratie im Sport"). Kritische Fragen stellte Detlef Parr (FDP) und machte deutlich: Neben der Kontrolle sei Prävention das oberste Gebot in der Eindämmung der pharmazeutischen Manipulation im Sport.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 6, 5. Februar 2008, DOKUMENTATION II-III, Seite 18-19
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2008