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MELDUNG/366: Neue Studie - In Bayern stirbt der Mädchenfußball besonders schnell (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 01.10.2019

Neue Studie: In Bayern stirbt der Mädchenfußball besonders schnell


Deutschlandweit sind die Zahlen im Mädchenfußball seit 2010 rückläufig. In Bayern ist fast jedes zweite Juniorinnen-Team weggebrochen. Besonders dramatisch ist die Lage in Nordbayern: Dort wächst der Unmut der Vereine über die fehlende Förderung stark. Dies zeigt eine Vergleichsstudie der Universität Würzburg aus den Jahren 2011 bis 2018.

Beim DFB-Bundestag in der vergangenen Woche wurde mit Fritz Keller ein ausgewiesener Freund des weiblichen Fußballs an die Spitze des weltgrößten Fachsportverbandes gewählt. Bereits im Vorfeld hatte Keller mit seiner Forderung nach Profiteams der Frauen bei jedem Bundesligisten für Furore gesorgt. Hintergrund sind die Erfahrungen von Keller als Präsident des SC Freiburg, der seit Jahren mit einer viel gerühmten Nachwuchsförderung von Mädchen und Frauen hervorsticht.

Starke Verluste im bayerischen Mädchenfußball seit 2010

Auch an der Spitze des zuständigen Frauenausschusses des DFB hat es einen Wechsel gegeben. Die beim Bayerischen Fußball-Verband für den Frauenfußball zuständige Silke Raml wurde zur Vorsitzenden beim DFB gewählt. Von diesen personellen Veränderungen erhofft sich der Fußball in Süddeutschland neue Impulse, denn die Lage im Mädchen- und Frauenfußball des Bayerischen Fußball-Verbandes ist desolat. Unter den im Mädchenfußball großen Verbänden hat die Anzahl gemeldeter Mädchenteams vor allem in Bayern starke Verluste erlitten. Lediglich in Württemberg ist die Lage ähnlich problematisch.

Waren im Jahr 2010 in Bayern noch 1.305 Mädchenteams bis zu den U17-Juniorinnen gemeldet, so sank deren Zahl laut offizieller Statistik des DFB auf nunmehr 712 Teams. Das entspricht einer Verlustquote von 45,2 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Damit liegt Bayern neben Württemberg an der Spitze der Verlierer aller Landesverbände, die 2010 noch mehr als 400 Mädchenteams gemeldet hatten. "Ähnlich große Verbände wie Westfalen haben mit 42 Prozent ebenfalls herbe Verluste zu verzeichnen", so Professor Heinz Reinders, der an der Universität Würzburg das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen (NFZ) leitet. "Allerdings liegen wir in Bayern nochmal höher. Eine Sportart, die fast jedes zweite Team verliert, ist in sehr großer Not", ist sich Reinders sicher und führt die Schwäche des bayerischen Mädchenfußballs auf die strukturschwache Förderung zurück.

Nordbayern besonders unzufrieden mit der Mädchenförderung

Belegen kann der Bildungsforscher diese These durch den regionalen Vergleich und die Situation der Vereine. Seit 2011 befragt das Nachwuchsförderzentrum alle zwei Jahre mindestens 700 bayerische Vereine nach ihrer Zufriedenheit mit der Förderung im Mädchenfußball. Und diese Zufriedenheit hat sich in dieser Zeit regional sehr unterschiedlich entwickelt. Während die Zufriedenheit beispielsweise in Oberbayern zwischen 2011 und 2018 konstant hoch geblieben ist, sind vor allem die Vereine aus dem strukturschwächeren Nordbayern zusehends unzufriedener.

Allein in Unterfranken ist die durchschnittliche Zufriedenheit mit der Mädchenförderung um 16,9 Prozent gesunken, ein bayernweiter Spitzenwert, dem die Mittelfranken mit 14,4 und die Oberpfalz mit 12,8 Prozent rückläufiger Zufriedenheit folgen. Zum Vergleich: Insgesamt ist die Zufriedenheit in Bayern um neun Prozent gesunken. "Wir können sagen, je näher es nach München geht und je strukturstärker eine Region ist, desto besser schätzen Vereine die Lage im Mädchenfußball ein", weiß Reinders aus den Daten der Studie abzulesen. "Ein Talent aus Unterfranken in den bayerischen oder gar deutschen Spitzenfußball zu hieven, war in den letzten zehn Jahren faktisch unmöglich".

Entsprechend ist Reinders auch nicht verwundert, dass die bayerischen Vereine sich insgesamt seit 2011 immer unzufriedener mit der Förderung des Mädchenfußball durch ihren Verband zeigen. Waren 2011 noch 31,8 Prozent der befragten Vereine sehr oder eher unzufrieden mit dem Bayerischen Fußball-Verband, so stieg dieser Anteil bis 2018 auf 38,2 Prozent an.

"Wir brauchen mehr Anreize durch den Verband zur Gewinnung neuer Spielerinnen", folgert der Studienleiter aus den Ergebnissen. Die finanzielle Förderung von Fußball-AGs für Mädchen an Kitas und Grundschulen wären hier ebenso notwendig wie eine bessere Abstimmung in der Talentförderung zwischen Verband und Verein. "An der Basis rumort es, weil die Vereine das Gefühl haben, sie machen die ganze Arbeit und der Verband schöpft die Leistungsträgerinnen ab. Das demotiviert die Vereine nachhaltig und wird das Wegsterben des Mädchenfußballs in Bayern weiter forcieren".

Nun bleibe es abzuwarten, welche Veränderungen folgen werden, so Reinders. Der DFB hat auf seiner Mitgliederversammlung einen Maßnahmenkatalog zur Stärkung des weiblichen Fußballs beschlossen. Dessen Wirkung werde mit Geduld zu betrachten sein.


Über die Studie
Das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen ist die bundesweit einzige Forschungsstelle für den Mädchenfußball. Mit der Vereinsbefragung bayerischer Fußballvereine seit 2011 legt das NFZ eine Vergleichsstudie zur Beschreibung des bayerischen Fußballs vor, die alle zwei Jahre bei mindestens 700 Vereinen durchgeführt wird.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution99

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 01.10.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2019

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