Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

FRAGEN/073: Frank Dürr zum Stichwort Sport- und Olympiamuseum (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 40 / 29. September 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Sport- und Olympiamuseum
Sieben Fragen an den neuen Direktor des Deutschen Sport- und Olympianmuseums, Frank Dürr

"Verborgene Schätze heben und präsentieren"


DOSB PRESSE: Seit dem 1. September sind Sie als Nachfolger von Dr. Christian Wackert der neue Direktor des Deutschen Sport-Olympiamuseums im Kölner Rheinauhafen. Was bewog Sie, sich auf den Direktorenposten des Deutschen Sport & Olympia Museums zu bewerben?

DÜRR: Zunächst ist es die Faszination des Sports. Sie erfasste mich in jungen Jahren als aktiver Sportler. Und sie blieb, als ich nach meinem Studium zum Diplom-Dokumentar die Chance bekam, bei RTL ein Sportarchiv aufzubauen. Das Deutsche Sport & Olympia Museum ist mit seiner herausragenden Funktion als musealer Wahrer der deutschen Sport- und Olympiageschichte quasi die Kür in meiner beruflichen Biografie. Nachdem ich 2007 von RTL nach Berlin als Leiter der Archive des Rundfunks Berlin-Brandenburg gewechselt war, reizte mich zudem der Museumsstandort.

DOSB PRESSE: Bei einem 41jährigen kann man nur schwerlich schon von einer musealen Vergangenheit reden. Dennoch: Welche sportliche Vergangenheit haben Sie?

DÜRR: In der Leichtathletikabteilung der Spielvereinigung Lülsdorf-Ranzel am südöstlichen Rand von Köln habe ich ein Faible für den Langstreckenlauf entwickelt. Noch immer ist mein Vereinsrekord als Schüler über 5000 Meter in 17:45 Minuten gültig. Meine Marathonbestzeit wird allerdings bei knapp über drei Stunden stehen bleiben, weil ich mir 2005 einen Achillessehnenabriss zuzog und seitdem nicht mehr so laufen kann, wie ich es gerne würde. Zuvor habe ich jeden Köln-Marathon seit der Premiere im Jahre 1997 mitgemacht.

DOSB PRESSE: Muss man Ihren Verein Spielvereinigung Lülsdorf-Ranzel kennen?

DÜRR: Unbedingt! Und man muss meinen Trainer Wolfgang Rehmer kennen. Bei mir als dem neuen Direktor des Deutschen Sport & Olympia Museums hat er es ja nur zum Erfolg in Sachen Sporttheorie gebracht. In der Praxis aber entdeckte er die Talente von Lena Schöneborn, der fantastischen Olympiasiegerin in Peking im Modernen Fünfkampf.

DOSB PRESSE: Der Vorstand des Deutschen Sport & Olympia Museums hat keinen Sporthistoriker, sondern einen Diplom-Dokumentar zum neuen Museumsdirektor berufen. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

DÜRR: Das ist zweifelsfrei eine überraschende Entscheidung gewesen. Aber ich glaube, sie macht auch Sinn in Anbetracht des Reichtums an Museums-Exponaten, die bislang noch gar nicht so richtig präsentiert worden sind bzw. präsentiert werden konnten. Ich sehe es als eine große Herausforderung an, die Museumsarchive zu durchforsten, Raritäten zu präsentieren, neue Sammlungen aufzubauen. Dabei kommt mir meine Archiv-Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien entgegen. Das Deutsche Sport & Olympia Museum verfügt unter anderem über Bild- und Filmdokumente von großem historischem Wert, die es wert sind, der Öffentlichkeit präsentiert zu werden.

DOSB PRESSE: Aber das ist ja wohl nicht ganz unproblematisch?

DÜRR: Ja, leider. Wir stoßen an hier an archivarische Grenzen. Viele museale Bestände sind gefährdet. Übrigens nicht nur alte Bild- und Filmdokumente. Auch die Weltrekord-Badekappe von Paul Biedermann, die er dem Museum nach der Weltmeisterschaft überlassen hat, bereitet uns Kopfzerbrechen. Die Museen wissen noch gar nicht wie lange Nylon-Lycra oder Polyurethan-Material wie am Beispiel unserer Badekappe äußeren Einflüssen stand hält. Verträgt es das Licht der Vitrinen-Spots? Das hat auch etwas mit den Weichmachern zu tun, die heute in viele Synthetikstoffe eingemischt werden. Die aus Leder gefertigten Schuhe, mit denen Armin Harry 1960 in Rom zum 100-m-Gold sprintete, werden wahrscheinlich noch Jahrzehnte überleben. Die goldenen Weltrekordschuhe von Usain Bolt, so befürchte ich nicht alleine, dürften eines Tages jedoch zerbröseln. Der von den Museen gewünschte und erstrebte Werterhalt wird zukünftig noch viele Chemiker und Produktentwickler beschäftigen.

DOSB PRESSE: Der Direktor des Deutschen Sport & Olympia Museums muss nicht nur die Bestände der musealen Arsenale kennen. Er muss nicht nur neue Ausstellungen entwickeln. Er muss auch den musealen Geschäftsbetrieb in Schwung halten.

DÜRR: Da wir ein Olympiamuseum sind, haben wir vorrangig auch die Aufgabe, die olympischen Werte zu vermitteln. In dem Zusammenhang ist die Altersstruktur unserer Besucher eine Herausforderung. Mehr als 80.000 der insgesamt jährlich rund 150.000 Besucher sind noch keine 18 Jahre alt. Die junge Zielgruppe sprechen wir aber nicht an mit langatmigen Begleittexten zu Exponaten. Olympische Erziehung heißt, den Spaß an der Bewegung auch mit medialen Museumsbeständen wecken. Das bedeutet aber nicht, dass ich aus dem Museum einen Kirmesplatz mache.

DOSB PRESSE: Und wie sieht es aus mit sonstigen Veranstaltungen?

DÜRR: Unter meinem Vorgänger Dr. Wacker ist hier schon eine Entwicklung eingeleitet worden, die wir fortsetzen und unter den Vorzeichen des Sports intensivieren wollen. Das heißt: Wir wollen Sportvereinen und -Verbänden anbieten, in einem im Sinne des Sports stimmigen Umfeld Tagungen, Seminare, etc. durchzuführen und damit zugleich einen Museumsbesuch verbinden, was sich dann ja auch wieder werbend für uns bemerkbar macht. Die Durchführung von Veranstaltungen im Sinne des Sports ist wichtig für die Finanzierung des Museums. Und in diesem Sinne sollte natürlich auch der DOSB sein Museum noch intensiver nutzen.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 40 / 29. September 2009, S. 8-9
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2009