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FRAGEN/053: Burkhard Jungkamp zum Thema Schulsport (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 6 / 3. Februar 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Schulsport
Vier Fragen an Burkhard Jungkamp, Staatssekretär im brandenburgischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und Leiter der Sport-Kommission bei der Konferenz der Kultusminister (KMK)

"Aufpassen, dass die kleinen Fächer nicht an den Rand gedrängt werden"


DOSB PRESSE: Kritiker werfen der Konferenz der Kultusminister vor, mit ihrem Beschluss zu den neuen Ausbildungsrichtlinien für Grundschullehrer den Sportunterricht in den Klassen 1 bis 4 faktisch abzuschaffen. Läuft es darauf hinaus?

JUNGKAMP: Das ist falsch. Richtig ist, dass die Ausbildung für Grundschullehrer breiter angelegt sein muss als die Fachlehrerausbildung. An den Grundschulen unterrichten die Lehrer meistens nicht nur in einem Fach, sondern beispielsweise zugleich in den Fächern Deutsch und Mathematik. Wenn demnächst bei der Ausbildung von Grundschullehrern die Ausbildung in Sport zusammen mit Musik und Kunst in einem Bereich "ästhetische Bildung" zusammengefasst wird, dann trägt dies diesem breit gefächerten Ansatz Rechnung und ist keineswegs eine Abkehr vom Sportunterricht. Der KMK-Beschluss darf nicht so aufgefasst werden, dass damit der Schulsport zwangsläufig eingeschränkt oder sogar ins Abseits gestellt werden soll.

DOSB PRESSE: Kann Ihre Kommission bei der KMK darauf hinwirken, diesen Tenor deutlich herauszustellen, und klarstellen, dass der Sportunterricht auf keinen Fall geschwächt werden soll?

JUNGKAMP: Ich halte es nicht für sinnvoll, einen gefassten Beschluss noch einmal zurückzuholen. Im Grundsatz ist dieser Beschluss richtig. Die Sport-Kommission ist jedoch offen für Kritik. Wir haben bereits konstruktive Gespräche zum Beispiel mit hochrangigen Vertretern des DOSB geführt. Vorstellbar ist, dass in Ergänzung unserer bisherigen Bemühungen Positionen in einer gemeinsamen Erklärung an die KMK zum Ausdruck gebracht werden. Diese Erklärung könnte zugleich ein Signal an die Universitäten, die Länder und die Schulen sein, für genügend qualifiziertes Personal zu sorgen und den Sportunterricht auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. Gemeinsam mit dem DOSB hatten wir ja bereits 2007 gemeinsame Handlungsempfehlungen zur Entwicklung des Schulsports erarbeitet. Selbstverständlich müssen wir aufpassen, dass die kleineren Fächer, die ja ebenfalls eine große Bedeutung haben, nicht an den Rand gedrängt werden.

DOSB PRESSE: Gerade das Unterrichtsfach Sport scheint davon schon stark betroffen zu sein. Wenn man Studien Glauben schenkt, wird die Hälfte des Unterrichts mittlerweile von fachfremden Lehrern abgehalten. Vermutlich weil man glaubt, am Sportunterricht am ehesten sparen zu dürfen.

JUNGKAMP: Dass diese Größenordnung stimmt, bezweifle ich. Doch ich sehe ein, dass wir offensichtlich diese Tendenz haben, und finde es gut, dass wir die Diskussion darüber führen. Schaut man sich das Studium zur Ausbildung der Grundschullehrer an, dann ist schnell zu erkennen, wie vollgepackt die Wochen- und Semesterpläne der Studenten sind. Insbesondere in den Praxisanteilen und dem sich dem Lehramtsstudium anschließenden Vorbereitungsdienst könnte den künftigen Grundschullehrern allerdings noch viel deutlicher als bisher dargestellt werden, welches Potential der Sport für die Erziehung und Entwicklung der Kinder bietet. Sport ist beispielsweise Gesundheitserziehung in Reinkultur, und Sport fördert die soziale Kompetenz. Daher müsste meines Erachtens jede Grundschule eine bewegte Grundschule sein. Überdies gilt es, im Zuge der Ganztagsschule Möglichkeiten außerhalb des Unterrichts zu nutzen. Der Sport hat also große Chancen.

DOSB PRESSE: Es sieht eher ein bisschen danach aus, als sollten auf diese Weise künftig Sportvereine an den Schulen die Versäumnisse im Sportunterricht kompensieren?

JUNGKAMP: Die Länder werden nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, auch wenn sie leider nicht alle drei Sportstunden pro Woche garantieren können. Der Sportunterricht als schulisches Pflichtangebot wird natürlich Aufgabe der Länder bleiben. Doch es wird verstärkt Zusatzangebote von Vereinen geben, sofern sie dafür über qualifizierte Übungsleiter und Trainer verfügen. Diese Möglichkeiten der Ganztagsbetreuung werden bereichernd und zugleich wohltuend wirken, doch die Vereinsarbeit soll auf keinen Fall den Sportunterricht ersetzen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 6 / 3. Februar 2009, S. 16
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2009