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FRAGEN/035: Kathrin Linsenhoff zum Thema 'Prämien für Olympia-Medaillen' (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 30 / 22. Juli 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Prämien für Olympia-Medaillen
Fünf Fragen an Ann Kathrin Linsenhoff, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Deutsche Sporthilfe

"Unser Fördersystem ist ausgewogen und zeitgemäß"


DOSB PRESSE: Russische oder italienische Olympiagewinner kassieren zwischen 130.000 und 150.000 Euro für eine Goldmedaille. Ein deutscher Sieger in Peking bekommt 15.000 Euro. Ist so eine "Belohnung" noch zeitgemäß?

LINSENHOFF: Ich halte unser Fördersystem für sehr ausgewogen und durchaus zeitgemäß. Unsere Medaillenprämien sind ein Förderbaustein von vielen. Grundsätzlich steht eher die Förderung der Perspektive und der gesamten sportlichen Karriere im Vordergrund. Wir ermöglichen über 90 Prozent der deutschen Athletinnen und Athleten, sich in ihrer Sportart auf Spitzenleistungen zu konzentrieren. Sie alle, und das sind rund 4.000 Athleten pro Jahr, sind aufgrund der Rahmenbedingungen ihrer Sportart auf kontinuierliche Förderung angewiesen. Das hat doch gesamtgesellschaftlich einen weitaus höheren Stellenwert, als auf eine einzige Medaille eine gigantische Prämie auszuloben.

DOSB PRESSE: Griechenland versprach für einen Olympiasieg in Athen eine Million Euro. Ist so etwas in Deutschland denkbar? Ist es überhaupt wünschenswert?

LINSENHOFF: Deutsche Athletinnen und Athleten haben in Athen in 13 Disziplinen Olympische Goldmedaillen gewonnen, davon waren aber allein bei der Hockey-Goldmedaille beispielsweise 16 Athletinnen betroffen. Die Stiftung Deutsche Sporthilfe zahlte dafür jedem Teammitglied die volle Prämie. Das waren 2004 dann allein 240.000 Euro für diese eine Goldmedaille. Bei einem jährlichen Gesamt-Förderetat von 10 bis 12 Millionen Euro sind solch hohe Ausschüttungen in der Regel nicht darstellbar, wir müssten die Förderung für alles andere einstellen, zum Beispiel auch für ca. 2.000 Nachwuchstalente. Aber gerade im C-Kader-Bereich sind 100 Euro an monatlicher Förderung oft der entscheidende Baustein, um beispielsweise ein Sportinternat besuchen zu können und sich überhaupt auf eine sportliche Karriere einzulassen. Sollte sich allerdings ein Mäzen finden, der alle zwei Jahre einen guten zweistelligen Millionenbetrag in Medaillenprämien stecken möchte, würden wir das sehr begrüßen.

DOSB PRESSE: Ist es nicht möglich, Sponsoren aus der Wirtschaft zu finden, die höhere Summen ausloben?

LINSENHOFF: Ich glaube nicht, dass die Finanzierung von exorbitanten Medaillenprämien die Grundabsicht der Wirtschaft für ein Engagement bei der Sporthilfe ist. Unsere vier Nationalen Förderer (Deutsche Bank, Deutsche Lufthansa, Deutsche Telekom, Mercedes-Benz) z.B. engagieren sich aus gesellschaftlicher Verantwortung heraus für die Vielfalt des Sports. Sie tun dies mit langfristigen Verträgen, nicht um kurzfristig auf Erfolge zu hoffen. Das Thema "Duale Karriere", also Verbindung von Sport und Beruf, ist dafür ein Beispiel. Unser Förderkonzept, in dem ein unabhängiger, fachkundiger Gutachterausschuss die Fördermaßnahmen beschließt, zielt darauf ab, olympische und nicht-olympische Sportarten nach ihrer Perspektive und Leistung zu fördern - gerade unabhängig von ihrer Attraktivität für Sponsoren und Medien.

DOSB PRESSE: Der Vermarkter des Deutschen Schwimmverbandes, die Firma SMS, hat zusätzlich zur Sporthilfeprämie eine Sonderprämie ausgelobt. Ein Goldmedaillengewinner im Schwimmen kann nun insgesamt 30.000 Euro kassieren. Ist das ein Modell für die Zukunft?

LINSENHOFF: Es gibt auch heute schon eine Reihe von regionalen Förderern, die neben der Deutschen Sporthilfe speziell für Athleten aus ihrer Region zusätzliche Olympiaprämien ausloben. Auch der Deutsche Fechter-Bund tut dies für die Fechter, warum also auch nicht die Schwimmer. Alles, was den Athleten mehr Fördermittel ermöglicht, wird von uns begrüßt. Mit dem DOSB konnte erreicht werden, dass der gemeinsame Partner Mercedes-Benz jedem Goldmedaillengewinner für ein Jahr ein Fahrzeug zur Verfügung stellt. Ich freue mich sehr, dass diese attraktive Olympia-Prämie erstmals zusätzlich kommt.

DOSB PRESSE: Muss man heutigen Sportlern bessere finanzielle Anreize liefern, um sie beim Leistungsport zu halten?

LINSENHOFF: Eindeutig ja, denn im internationalen Wettbewerb zieht die Professionalisierung auch in den sogenannten Randsportarten an. Aber auch auf dem Weg vom großen Talent zum erfolgreichen Spitzenathleten müssen Sportler aufgrund der steigenden Anforderungen und Ausbildungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verstärkt sportliche gegen berufliche Karriere abwägen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 30 / 22. Juli 2008, S. 14
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2008