Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

GESCHICHTE/478: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 274 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 45 / 4. November 2014
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

2001/VI: Grundsätze zur Jugendarbeit in den Sportorganisationen
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 274) *

Eine Serie von Friedrich Mevert



Auch im Zusammenhang mit den in den vorangegangenen Jahren in einigen Landessportbünden teilweise heftig geführten Diskussionen um die Eigenständigkeit der Sportjugend und ihre rechtliche und praktische Einbindung in die Sportbünde beschloss die Ständige Konferenz der Landessportbünde am 27. Oktober 2001 das folgende Grundsatzpapier.

"1. Jugendarbeit im Sport

Jugendarbeit im Sport ist von der Basis bis zur Spitze, vom Verein über die Landessportbünde bis zum Deutschen Sportbund integraler Bestandteil und eine der "Kernaufgaben" der Sportorganisation. Sportfachliche Jugendarbeit, die auf der Ebene der Vereine überwiegend in den Sparten und Abteilungen, auf der Ebene der Landessportbünde und des Deutschen Sportbundes überwiegend von den Verbänden bzw. Spitzenverbänden geleistet wird, wird ergänzt und unterstützt von überfachlicher Jugendarbeit. Sowohl sportfachliche als auch überfachliche Jugendarbeit knüpft dabei an den Interessen junger Menschen an und wird von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet. Sie soll zu Selbstbestimmung, zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen (s. hierzu auch § 11 Abs. 1 KJHG). Dies gilt unabhängig von der Frage der konkreten Förderungsstrukturen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. Bewegung, Spiel und Sport leisten einen unaustauschbaren Beitrag zu einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung. Kinder und Jugendliche erwerben vielfältige Kompetenzen für den verantwortlichen Umgang mit sich und anderen. Diese Grunderkenntnis trifft sowohl für die überfachliche als auch sportfachliche Jugendarbeit in all ihren Ausprägungen zu.

2. Sportjugend ist integraler Bestandteil

Ebenso wie die Jugendarbeit an sich ist die Sportjugend als Organisationsform integraler Bestandteil der Sportorganisation. Jugendverbandsarbeit im Sport agiert im Rahmen der in den Satzungen der Sportorganisationen entwickelten eigenen Ziele und Grundsätze. Daraus begründet sich die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe. Sie versteht sich als freiwillige, selbstverantwortete und selbstverwaltete (Näheres zur "hauptamtlichen" Verwaltung regelt Ziffer 6) Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen.

3. Bekenntnis zum KJHG

Die Landessportbünde bekennen sich zur Jugendarbeit, die gemäß § 11 des KJHG "jungen Menschen die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote zur Verfügung stellt. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement anregen und hinführen". Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Sportjugend wird unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenlebens gefördert (§ 12 KJHG).

4. Eigenverantwortlichkeit und Status der Sportjugend

Die Landessportbünde bekennen sich zur demokratischen Willensbildung, zu selbstgewählten Organen, eigener Ordnung der Sportjugend und einer demokratisch legitimierten ehrenamtlichen Vertretung der Interessen der jungen Menschen in Sportvereinen und -verbänden. Die Vertretung ist durch Satzung und Ordnung geregelt. Die Sportjugend regelt die ihr durch Satzung und Ordnung zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich.

Außenvertretungsrecht und Rechtsfähigkeit leiten sich daraus nicht ab, rechtliche Selbstständigkeit ergibt sich nur und ausschließlich aus den §§ 21 - 79 BGB. Bestimmungen öffentlichen Rechts können hierzu keinerlei Änderungen herbeiführen.

Der Vorstand der Sportjugend bzw. die dazu berufenen Organe der Sportjugend entscheiden eigenverantwortlich über die Verwendung der ihr zufließenden Mittel. Der Vorstand des Landessportbundes trägt nach außen allein die Verantwortung für alle Bereiche seiner Organisation. Die Zusammenarbeit im Gesamtverband des Landessportbundes ist von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Dieses schließt eine regelmäßige umfassende gegenseitige Information ein. Die Sportjugend versteht es als Selbstverpflichtung, in grundsätzlichen Fragen das Einvernehmen mit den entsprechenden Gremien der Gesamtorganisation zu suchen.

5. Rechtsfähigkeit und Außenvertretung

Rechtsfähig sind die LSB durch Eintragung in das Vereinsregister. Nur der Verein als Ganzes ist rechtsfähig (...). Alle rechtserheblichen Handlungen - auch der Sportjugend - werden ausschließlich der Gesamtorganisation zugerechnet. Die Außenvertretung obliegt alleine dem Präsidium der jeweiligen Landessportbünde respektive den Vertretern nach § 26 BGB bzw. seinen Bevollmächtigten. Der Vorstand der Sportjugend ist bei den die Sportjugend betreffenden Positionen im Vorfeld und insbesondere auch bei der Erteilung von Vollmachten im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben einzubeziehen. Über Positionen der Jugendförderung aus öffentlichen Haushalten verhandelt der Vorstand der Sportjugend eigenverantwortlich; das jeweilige Präsidium ist im Vorfeld zu unterrichten.

6. Verwaltung

Der Vorstand der Sportjugend bedient sich zur Wahrnehmung seiner Aufgaben und Umsetzung seiner Beschlüsse der Geschäftsstelle der Gesamtorganisation. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jugendbereich sind dabei integrierter Bestandteil der Verwaltung des jeweiligen Landessportbundes. (...) Die Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendbereichs in die Verwaltung des Landessportbundes ist so zu gestalten, dass neben der Beachtung der satzungs- und arbeitsrechtlichen Erfordernisse die in dieser Erklärung genannten Grundsätze eingehalten und gefördert werden, insbesondere die fachliche Zuordnung an die Entscheidungsgremien der Sportjugend besteht und die Voraussetzungen für eine Förderung aus Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes bzw. den vergleichbaren Förderungsinstrumenten in den Ländern gewährleistet bleiben."


* Anmerkung der DOSB-Redaktion: Seit den 1990er Jahren sind verschiedene sportpolitische Dokumente wie Sportberichte der Bundesregierung, Veröffentlichungen der Sportministerkonferenz der Länder, des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp), des Deutschen Sportbundes oder von anderen Institutionen und auch Personen zunehmend im Internet dokumentiert und einsehbar. Sie wurden im Rahmen der Serie nicht mehr ausführlich zitiert.

*

Quelle:
DOSB-Presse Nr. 45 / 4. November 2014, S. 29
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Telefon: 069/67 00-236
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2014