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GESCHICHTE/468: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 265 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 34 / 19. August 2014
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

2000/V: Resolution der Europäischen Sportminister zur Dopingbekämpfung
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 265)*

Eine Serie von Friedrich Mevert



Die 9. Europäische Sportministerkonferenz (ESMK), die vom 29. bis 31. Mai 2000 in Bratislawa (Slowakei) stattfand und vom Sportausschuss des Europarates (ODDS) vorbereitet worden war, behandelte schwerpunktmäßig die Themen "Doping und Sport", "Sport und sozialer Zusammenhalt" und "Sport und Umwelt". Die DSB-Stellungnahme zur Thematik "Sport und sozialer Zusammenhalt - unter Berücksichtigung des Problems der sexuellen Gewalt" fand dabei unter den Vertretern der Europarats-Mitgliedsländer bei der Konferenz großen Anklang.

Die Entschließung zur Dopingbekämpfung hatte folgenden Wortlaut:

"Die europäischen Sportminister, die in Bratislawa zu ihrer 9. Konferenz am 30. und 31. Mai 2000 zusammengetreten sind, sowie die Vertreter der anderen Länder, die der Antidoping-Konvention beigetreten sind,

die aktive Rolle begrüßend, die der Europarat bei der Einsetzung der Welt-Anti-Doping-Agentur gespielt hat,

die Entscheidung des Ministerkomitees mit Genugtuung zur Kenntnis nehmend, durch die die Teilnahme des Europarats und der beobachtenden Begleitgruppe der Antidoping-Konvention am Verwaltungsrat der Agentur genehmigt wird,

mit Genugtuung zur Kenntnis nehmend, dass die Antidoping-Konvention seit ihrer Offenlegung am 16. November 1989 von 42 Ländern unterzeichnet wurde (von denen 36 Länder sie ratifiziert haben) und dass mehrere andere Staaten und internationale Sportorganisationen als Beobachter im T-DO vertreten sind,

die Tatsache begrüßend, dass die Teilnehmer des Dopinggipfels von Sydney (November 1999), der dritten internationalen Konferenz der Minister und Hohen Beamten für Leibeserziehung und Sport der Unesco (MINEPS III, Dezember 1999), der Versammlung des Iberoamerikanischen Sportrats und der Sitzung der internationalen zwischenstaatlichen Beratungsgruppe zur Bekämpfung von Doping im Sport (Februar 2000) die Antidoping-Konvention als internationales Bezugsdokument zur Koordinierung der Politik zur Dopingbekämpfung in den einzelnen Ländern anerkannt haben und die Länder aller Kontinente aufgefordert haben, der Konvention beizutreten, mit Genugtuung feststellend, dass die Parlamentarische Versammlung die Empfehlung 1464 (2000) über Doping im Sport angenommen hat,

mit dem Dank an den Europarat für seinen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung der Regierungen im Kampf gegen Doping,

in dem Wunsch, dass die Bestimmungen der Konvention wirksam angewandt werden, in der Erwägung, dass es für die wirksame Dopingbekämpfung unerlässlich ist, Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die mit Dopingwirkstoffen Handel treiben, in dem Bewusstsein, dass es Aufgabe der Regierungen ist, Gesetze und Regelungen zur Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung auf dem Gebiet der Dopingbekämpfung zu erlassen, insbesondere in Bezug auf den Besitz von verbotenen Dopingwirkstoffen und den Handel mit ihnen,

besorgt über die Tatsache, dass sich die Verwendung der Dopingwirkstoffe auf Gebiete außerhalb des Sports ausdehnt, und in der Meinung, dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die weitere Ausbreitung zu verhindern,

1. bestätigen ihr Versprechen, sich aktiv an den Arbeiten der Welt-Anti-Doping-Agentur zu beteiligen;

kommen überein, dass die Agentur bei ihren Aktivitäten eine kohärente Transparenz praktizieren sollte und eine vollständige Liste der verbotenen Substanzen und Methoden ausarbeiten und überdies eindeutige Kriterien für die Zulassung der Laboratorien festlegen sollte;

betonen, dass die Agentur in der Lage sein sollte, hinsichtlich der Auswertung der Ergebnisse der Dopingproben bei den Olympischen Spielen in Sydney wie ein unabhängiger Beobachter zu agieren;

2. verpflichten sich, die Befugnis der Welt-Anti-Doping-Agentur anzuerkennen, unangemeldete Trainingskontrollen in ihrem Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit der Satzung der Agentur durchzuführen;

3. empfehlen, dass nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die finnische Ministerin Suvi Linden als Vertreterin des europäischen Kontinents in den Exekutivausschuss der WADA benannt wird;

4. billigen die Vorschläge der beobachtenden Begleitgruppe, die zum Ziel haben, die Anwendung und Wirksamkeit der Konvention zu verbessern, insbesondere die Einrichtung eines bindenden Kontrollmechanismus, der auf dem Projekt über die Einhaltung der Verpflichtungen basiert;

unterstützen die Entwicklung einer gemeinsamen Datenbank über die Antidoping-Initiativen in Zusammenarbeit mit anderen Partnern;

5. erwägen, dass es wünschenswert ist, unter dem Aspekt der seit der Annahme der Antidoping-Konvention im Jahr 1989 vorgenommenen Änderungen und der derzeitigen Erfordernisse der Dopingbekämpfung die Notwendigkeit von Änderungen und/oder eventuellen Protokollentwürfen zur Antidoping-Konvention zu prüfen;

6. verpflichten sich, gegenseitig die Kompetenz der Sportorganisationen und der nationalen Anti-Doping-Agenturen des Gastlandes anzuerkennen, unangemeldete Dopingkontrollen der Sportler durchzuführen, die aus den Vertragsstaaten der Konvention kommen, und auf dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei der Konvention, ohne dass eine bilaterale Vereinbarung erforderlich wäre, und die gesetzlichen, verordnungsrechtlichen und administrativen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um diese gegenseitige Anerkennung in Übereinstimmung mit den höchsten internationalen Normen zu gewährleisten, wie sie von der beobachtenden Begleitgruppe anerkannt sind;

7. verpflichten sich, in ihre nationalen Gesetzgebungen die Rechtsbestimmungen aufzunehmen, die den in dem Empfehlungsentwurf aufgestellten Prinzipien entsprechen (siehe Anhang zu dieser Resolution), und sie wirksam anzuwenden, um die Verantwortlichen zu suchen und zu finden, insbesondere diejenigen, die am Anfang der Produktions- und Verteilerketten der Dopingstoffe stehen;

8. fordern das Ministerkomitee des Europarats auf,
weiterhin die Beteiligung des Europarats und der beobachtenden Begleitgruppe an der Welt-Anti-Doping-Agentur zu gewährleisten und die beobachtende Begleitgruppe bei der wirksamen Zusammenarbeit mit der Agentur zu unterstützen;

nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Benennung der finnischen Ministerin Suvi Linden als Vertreterin des europäischen Kontinents in den Exekutivausschuss der WADA zu billigen;

die Maßnahmen anzunehmen, die darauf ausgerichtet sind, die Anwendung und Wirksamkeit der Konvention zu verbessern und die beobachtende Begleitgruppe mit den Mitteln zu versehen, die notwendig sind, um diese Maßnahmen umzusetzen;

die beobachtende Begleitgruppe aufzufordern, den Entwurf eines Änderungspratokolls zur Konvention auszuarbeiten, um einen bindenden Kontrollmechanismus einzusetzen und um die Kontrollen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien gegenseitig anzuerkennen;

den Text des Empfehlungsentwurfs (so wie er im Anhang zu dieser Resolution aufgeführt ist) über die gemeinsamen grundlegenden Prinzipien anzunehmen, die in die nationalen Gesetzgebungen integriert werden müssen, um den Handel mit Dopingstoffen zu bekämpfen."

Anhang zur Resolution

Empfehlungsentwurf über die gemeinsamen grundlegenden Prinzipien, die in die nationalen Gesetzgebungen integriert werden müssen, um den Handel mit Dopingstoffen zu bekämpfen

"Das Ministerkomitee,

aufgrund von Artikel 15. b der Satzung des Europarats, eingedenk der Resolution über die "Dopingbekämpfung", die auf der 9. Europäischen Sportministerkonferenz im Mai 2000 in Pressburg angenommen wurde,

mit dem Hinweis darauf, dass die Antidoping-Konvention (ETS 135) in ihrem Artikel 4 vorsieht, dass "die Vertragsparteien (...) in geeigneten Fällen Gesetze, Vorschriften oder Verwaltungsmaßnahmen (erlassen), um die Verfügbarkeit (einschließlich der Bestimmungen über die Kontrolle der Verbreitung, des Besitzes, der Einfuhr, der Verteilung und des Verkaufs) sowie die Anwendung verbotener Dopingwirkstoffe und -methoden im Sport und insbesondere anaboler Steroide einzuschränken";

mit dem Hinweis drauf, dass die beobachtende Begleitgruppe auf der Grundlage dieses Artikels eine Empfehlung (Nr. 2/94) über die Maßnahmen zur Regelung der anabolen/androgenen Steroide usw. angenommen hat;

die die Gesetzgebung mehrerer Länder auf diesem Gebiet beeinflusst hat;

in der Erwägung, dass die Ereignisse, die in den letzten zehn Jahren eingetreten sind, gezeigt haben, dass sich der Handel mit und die Verwendung von Dopingwirkstoffen nicht nur auf die anabolen Steroide beschränken, sondern auch andere Produkte betreffen, wie z.B. Erytropietin, Wachstumshormone, usw.;

in der Erwägung, dass einer der Hauptfaktoren bei der Dopingbekämpfung der politische Wille der staatlichen Organe ist, wirksam eine geeignete Gesetzgebung anzunehmen und anzuwenden, um die Verantwortlichen zu suchen und zu finden, insbesondere diejenigen, die am Anfang der Produktions- und Verteilerketten der Dopingstoffe stehen, und dass dies über die alleinige Kompetenz der Sportminister hinausgeht und Polizei, Zoll, usw. einbezieht;

eingedenk der Tatsache, dass es Sache der Regierungen ist, Gesetze und Vorschriften zu erlassen, um die nationale Gesetzgebung auf dem Gebiet der Dopingbekämpfung, des Besitzes von Dopingstoffen und den Handel mit Dopingstoffen zu harmonisieren;

in der Erkenntnis, dass die gesetzlichen Maßnahmen durch eine entsprechende Koordinierung unterstützt werden müssen;

in Erwägung der Studie des Clearing House über die Gesetze und Vorschriften in Bezug auf Doping in 42 Ländern;

in Erwägung, dass die fehlende internationale Harmonisierung in diesem Bereich zum Teil der ursprüngliche Grund für die Mängel bei der Verfolgung der Lieferanten der verbotenen Stoffe ist;

in der Erwägung, dass die Antidoping-Konvention und ihre Empfehlungen (insbesondere die Empfehlung Nr. 2/94 über die Maßnahmen zur Regelung der anabolen/androgenen Steroide usw.) den gemeinsamen Rahmen für die Annahme und die Harmonisierung der nationalen Gesetzgebungen auf dem Gebiet der Herstellung, Verbreitung und des Besitzes von Dopingwirkstoffen bilden;

empfiehlt den Regierungen der Vertragsstaaten und Beobachtern der Konvention, eine geeignete Gesetzgebung einzuführen und/oder die bestehenden Gesetze wirksam anzuwenden, die darauf ausgerichtet sind, die natürlichen und juristischen Personen, die mit Produktion, Herstellung, Transport, Einfuhr, Ausfuhr, Besitz, Angebot, Verkauf und mit jeder anderen Form des illegalen Handels mit Dopingwirkstoffen befasst sind, davon abzuhalten und zu bestrafen (auch mit Freiheitsstrafen)."


* Anmerkung der DOSB-Redaktion:
Seit den 1990-er Jahren sind verschiedene sportpolitische Dokumente wie Sportberichte der Bundesregierung, Veröffentlichungen der Sportministerkonferenz der Länder, des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp), des Deutschen Sportbundes oder von anderen Institutionen und auch Personen zunehmend im Internet dokumentiert und einsehbar. Sie wurden im Rahmen der Serie nicht mehr ausführlich zitiert.

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 34 / 19. August 2014, S. 17
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2014