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GESCHICHTE/455: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 254 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 21 / 20. Mai 2014
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1999/IV Sportminister der EU zu einer Internationalen Anti-Doping-Agentur
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 254)

Eine Serie von Friedrich Mevert



Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hatte Bundesinnen- und Sportminister Otto Schily die Sportminister der EU-Staaten nach der Banner Konferenz vom 18. Januar 1999 zum zweiten Male innerhalb von fünf Monaten zu einem Informellen Treffen vom 31. Mai bis 2. Juni 1999 nach Paderborn eingeladen. An der Konferenz in der Universität Paderborn nahmen außer den Sportminsterinnen und Sportministern auch EU-Kommissar Marcelino Oreja und der Generalsekretär des Europarates, Prof. Daniel Tarschys, teil.

Im Mittelpunkt des Meinungs- und Informationsaustausches stand die Dopingbekämpfung, insbesondere die Harmonisierung von Regelungen und Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, die Sanktions- und staatliche Unterstützungsmöglichkeit gegen das Doping sowie die Einrichtung einer internationalen unabhängigen und transparenten Anti-Doping-Agentur. Zudem wurden die Themen Beschäftigung und Sport, Verbesserung der Darstellung des Behindertensports in den Medien und die Umsetzung sowie die Perspektiven der im Amsterdamer Vertrag verankerten Gemeinsamen Erklärung zum Sport erörtert.

In seinen Schlussfolgerungen erklärte Bundesinnenminister Otto Schily:

"Die Tatsache, dass sich die EU-Sportminister innerhalb von fünf Monaten zum einem zweiten Informellen Treffen zusammengefunden haben, unterstreicht, dass nicht nur die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dem Thema "Sport und Europa" eine besondere Bedeutung beimisst. Auch im Sport sprechen die Mitgliedstaaten der EU mit einer gemeinsamen, starken Stimme.

Wir vertreten gemeinsam die Auffassung, dass zur wirksamen Bekämpfung des Dopings eine Koordinierung der Dopinggesetzgebung unerlässlich ist. Eine sinnvolle Doping-Prävention kann ohne abschreckende Sanktionen nicht auskommen.

Wir sind uns daher einig, dass es eines Systems international geltender gleichwertiger Sanktionen, wie einer Mindestsperre von zwei Jahren bei Erstvergehen bedarf. Die Umsetzung einer wirkungsvollen Dopingbekämpfung muss durch eine unabhängige und transparente Anti-Doping-Agentur erfolgen. Wir haben uns auch über Einzelheiten, wie z.B. Rechtsnatur, Zusammensetzung, Finanzierung, Aufgaben und Sitz der Agentur verständigt. Um wirksam zu sein, müssen diese Maßnahmen zur Dopingbekämpfung gemeinsam zwischen den Sportorganisationen und den Regierungen durchgeführt werden.

Zudem haben wir die EU-Kommission gebeten, die Koordinierung der nationalen Dopingbekämpfung in der von der EU-Kommission eingerichteten Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Europarates fortzusetzen sowie die Möglichkeiten der Beteiligung der EU an der Anti-Doping-Agentur und ihrer Mitfinanzierung durch die EU zu prüfen. (...)"

Die Schlussfolgerungen des Vorsitzes der EU-Ratspräsidentschaft bei dem Informellen Treffen der Sportminister ("Paderborner Schlussfolgerungen") zum Thema "Dopingbekämpfung" hat folgenden Wortlaut:

"Die Sportminister der EU-Mitgliedstaaten vertreten die Auffassung, dass

  • zur wirksamen Bekämpfung des Dopings eine Koordinierung der Dopinggesetzgebung sowie der sonstigen Maßnahmen zur Dopingbekämpfung unerlässlich ist;
  • die Verwendung von Dopingsubstanzen im organisierten wie im nichtorganisierten Sport die Öffentliche Gesundheit gefährden. Die Regierungen fühlen sich dafür verantwortlich, dieses negative Phänomen in all seinen Erscheinungsformen zu bekämpfen.
  • eine eindeutige und für alle Sportarten sowie für alle Länder geltende Liste der verbotenen Substanzen und Methoden geschaffen werden soll. Die Auswirkungen auf den Breitensport sind zu berücksichtigen;
  • wirksame Doping-Prävention ohne abschreckende Sanktionen nicht auskommt und es deshalb eines Systems international geltender Sanktionen, wie einer Mindestsperre von 2 Jahren bei Erstvergehen bedarf;
  • die Dopingbekämpfung nur dann wirksam sein kann, wenn sie in Zusammenarbeit zwischen den Sportorganisationen und den Regierungen durchgeführt wird;
  • die EU-Kommission gebeten werden soll, die Koordinierung der nationalen Dopingbekämpfung in der von der Kommission eingerichteten Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Europarats fortzusetzen;
  • es zur Umsetzung einer wirkungsvollen Dopingbekämpfung einer internationalen unabhängigen und transparenten Anti-Doping-Agentur bedarf. Sie haben sich auf der Grundlage des von der deutschen EU-Präsidentschaft in Annex 1 vorgelegten Entwurfs, der auf den Vorstellungen der Arbeitsgruppen der EU und des Europarate beruht, auf einen Vorschlag geeinigt;
  • die EU-Kommission gebeten werden soll, Möglichkeiten der Beteiligung der EU an der Anti-Doping-Agentur und der Mitfinanzierung durch die EU-Kommission zu prüfen;
  • es notwendig ist, dass die derzeitigen gemeinschaftlichen Instrumentarien der polizeilichen, justitiellen und der Zusammenarbeit im Bereich des Zolls die Bekämpfung des illegalen Handels mit Dopingprodukten in ihren Aktionsbereich einbeziehen;
  • eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen der bestehenden und künftigen Forschungsarbeiten, z.B. zu EPO, geschaffen werden soll, um die Präventions- und Kontrollmaßnahmen zu verbessern."

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 21 / 20. Mai 2014, S. 28
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2014