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GESCHICHTE/440: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 241 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 6 / 4. Februar 2014
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1997/IX: Sportpolitisches Konzept des DSB zum Seniorensport
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 241)

Eine Serie von Friedrich Mevert



"Seit 1983 führt der Deutsche Sportbund in seinen Jahres-Statistiken die Altersgruppe der über 50jährigen. Und in dieser Zeitspanne bis heute registrieren wir einen geradezu gigantischen Mitgliederzuwachs von damals rund 630.000 auf jetzt fast 5 Millionen", betonte DSB-Präsident Manfred von Richthofen anlässlich der Preisverleihung des Bundeswettbewerbs "Bewegung, Spiel und Sport im Alter" am 23. Januar 1997 in einem Grußwort zur wachsenden Bedeutung des Seniorensports und fuhr fort: "Dass da die Erwartungen entsprechend hoch sind und über den zweifellos wichtigen Gesundheitsfaktor des Sporttreibens hinausgehen, versteht sich von selbst. Der Deutsche Sportbund und seine Mitgliedsorganisationen tragen diesen Erwartungen durch wissenschaftliche und politische Grundlagenarbeit ebenso Rechnung wie durch Angebote und Programme.

Vielleicht hat auch der hier und heute zu würdigende Wettbewerb einige dieser Botschaften übermitteln können. Der Deutsche Sportbund und seine Mitgliedsorganisationen bieten jedenfalls allen anderen Institutionen und Gruppierungen der Gesellschaft, die den Sport bereits entdeckt haben oder ihn noch entdecken wollen, Hilfe und Unterstützung an. Ich glaube, wir können gemeinsam noch vieles bewirken, was gesamtgesellschaftliche Früchte trägt."

Dies war auch das Ziel der Sportpolitischen Konzeption des Deutschen Sportbundes zum Seniorensport, die der DSB-Hauptausschuss in seiner Sitzung am 13. Dezember 1997 in Frankfurt am Main verabschiedete.

Aus der in fünf Abschnitten gegliederten Konzeption zitieren wir in Auszügen die Abschnitte 1 und 2, die sich mit der gesellschaftlichen Begründung für diese Konzeption und der Stellung des Seniorensports im DSB und seinen

Mitgliedsorganisationen befassen:

"1. Gesellschaftliche Begründung für eine "Sportpolitische Konzeption des DSB zum Seniorensport"

Die Situation älterer Menschen rückt immer stärker in den Blickpunkt gesellschaftlicher Diskussion. Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung wächst ständig.

Die zahlenmäßigen Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, aber auch der hohe Bildungsstand und die fortschreitende Polarisierung der finanziellen Verhältnisse im Alter bewirken einen Wandel des Altersbildes in der Gesellschaft. Bisher von Defizitvorstellungen geprägt, verändert es sich zu einem realistischen Altersbild, das die vorhandenen Kompetenzen und die individuellen Lebenskonzepte älterer Menschen in den Vordergrund stellt. Wir müssen uns der starken Differenziertheit dieser großen Gruppe der Älteren unter uns bewusst sein.

Vor dem Hintergrund dieses sozialen Wandels werden auch immer mehr ältere Menschen für Bewegung, Spiel und Sport ansprechbar sein. Diese Entwicklung stellt für den Deutschen Sportbund eine besondere Herausforderung dar, die ein verstärktes Engagement im Seniorensport notwendig macht.

Der DSB erkennt in den sich wandelnden Bevölkerungsstrukturen und den damit verbundenen veränderten Interessenfeldern eine gesellschaftliche Aufgabe und will mit seinen Mitgliedsorganisationen verantwortungsbewusst für Ältere das Sporttreiben gestalten.

Es gilt sowohl dem mit zunehmendem Lebensalter steigenden Interesse an Fragen der Gesundheit als auch dem Wunsch nach körperlicher Leistungsfähigkeit und Leistungserhalt sowie Leistungssteigerung gerecht zu werden. Die Belastungsfähigkeit und die Trainierbarkeit sind bis ins hohe Alter gegeben, so dass Übungsleiterinnen und Übungsleiter in Seniorensportgruppen ein breites Feld, beginnend bei einfachen Bewegungsübungen bis hin zu differenzierten Trainingsprogrammen, anbieten müssen. Neben anspruchsvollen, kostenintensiven und organisatorisch aufwendigen Sport- und Freizeitangeboten werden nach wie vor einfache und traditionelle Übungsangebote gefordert sein.

Richtig gestaltete, regelmäßige und an die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasste sportliche Bewegung kann - wie zahlreiche medizinische und sportwissenschaftliche Interventionsstudien zeigen - einen Beitrag zur Gesunderhaltung und zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Fitness sowie der sozialen Selbständigkeit leisten und damit die Lebensqualität bereichern. Trotz einer positiven Erwartung an die gesundheitsfördernde bzw. -erhaltende Wirkung sportlicher Aktivitäten sind weniger als 20 % der 50jährigen regelmäßig sportlich tätig; bei den 70jährigen sind dies nach repräsentativen Befragungen sogar nur noch 6 %. Es ist ein zentrales Anliegen des Deutschen Sportbundes, den Anteil der älteren Sporttreibenden zu erhöhen.

Dabei gilt es, sowohl die große Zahl passiver Mitglieder in den Sportvereinen zu aktivieren als auch neue Interessenten zu gewinnen. Der Deutsche Sportbund und seine Mitgliedsorganisationen verpflichten sich, den Herausforderungen des demographischen und gesellschaftlichen Wandels in bezug auf eine regelmäßige sportliche Betätigung Älterer Rechnung zu tragen und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und fortzuschreiben.

Methoden und Wege dazu sind Aufklärung, Motivation, Erweiterung und Vernetzung von Angeboten im Seniorensport. Gemeinsam mit Verantwortlichen aus Regierung, Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen sowie Wirtschaft und Medien will der DSB eine flächendeckende Infrastruktur anbieten, die den differenzierten Bedürfnissen der Älteren in bezug auf Bewegung, Spiel und Sport gerecht wird.

2. Der Seniorensport im DSB und in seinen Mitgliedsorganisationen

Die Mitgliedsorganisationen des DSB bemühen sich bereits seit vielen Jahren um ihre älteren Mitglieder. Allein in den letzten 15 Jahren sind die Mitglieder dieser Altersgruppe um das Siebenfache angewachsen. 1997 konnten 232.00 Mitglieder in dieser Altersgruppe neu gewonnen werden, gegenwärtig sind rd. 4,5 Millionen Mitglieder des DSB 50 Jahre oder älter. Das entspricht etwa einem Anteil von 17 % bei einer Gesamtmitgliederzahl von ca. 26,6 Millionen. Viele Vereine unterbreiten bereits spezielle Angebote für Seniorinnen und Senioren. Damit verfügt der organisierte Sport schon jetzt über eine gute Basis für ein verstärktes Engagement im Seniorensport.

Diese "Sportpolitische Konzeption des Deutschen Sportbundes" ist ein Orientierungsrahmen. Hieraus sind Handlungsansätze für eine erneute Initiative in diesem Bereich für die Mitgliedsorganisationen zu entwickeln, durch die mittel- und langfristig eine fortschreitende Entwicklung des Seniorensports umgesetzt werden kann und der Seniorensport zum dauerhaften Bestandteil in den Organisationseinheiten wird.

Trotz der positiven Entwicklung bestehen noch erhebliche Defizite in der Angebotsstruktur vor allem von Spitzenverbänden. Ziel ist es, mittel- und langfristig der Bedürfnisstruktur der heterogenen Zielgruppe der Älteren entsprechend die Angebote der Sportorganisationen anzupassen.

Der quantitative und qualitative Ausbau der bestehenden Angebotsstrukturen im Breitensport ist dringend erforderlich. Nur ein flächendeckendes und vielseitiges Angebot ermöglicht es, den differenzierten Bedürfnissen der Älteren gerecht zu werden.

Die Mitgliedschaft der über 50jährigen in den Vereinen ist zu sichern. In den Fachverbänden sind Entwicklungskonzeptionen zu erstellen, die den sportartbezogenen Wünschen der Älteren entsprechen, der steigenden Passivität älterer Mitglieder entgegenwirken und gleichzeitig geeignet sind, neue Sporttreibende in dieser Zielgruppe zu gewinnen.

In den Verbänden sind neue und differenziertere Wettkampfsysteme, Wettbewerbe und Wettbewerbsformen zu konzipieren, die es ermöglichen, bis ins hohe Alter körperliche Leistung zu messen und zu vergleichen.

Zur Mitgliedergewinnung sind sportartbezogene und sportartübergreifende Programme für Einsteiger/-innen und Wiedereinsteiger/-innen sowie die Einbindung in außersportliche Aktivitäten zu entwickeln.

Eine sorgfältige und umfassende Aus-, Weiter- und Fortbildung für Mitarbeiter/-innen im Seniorensport ist bei den Ausbildungsträgern in allen Sportorganisationen unerlässlich.

Zur Sicherung des gegenwärtigen Angebotspotentiale - und zur Schaffung zusätzlicher Kapazitäten ist sportartbezogen und -übergreifend die Gewinnung weiterer Ehrenamtlicher erforderlich, die im Hinblick auf Entwicklung von Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und zur Durchsetzung sportpolitischer Interessen den Seniorensport kompetent vertreten. Hier ist besonders auf die Kompetenz und Bereitschaft zur Mitarbeit der Älteren zurückzugreifen."

Die Abschnitte 3 bis 5 der Konzeption haben zum Inhalt:

3. Sportvereine als qualifizierte Anbieter im Seniorensport, 4. Entwicklung übergeordneter Maßnahmen zur Förderung des Seniorensports, und 5. Strukturelle Einbindung und Erwartungen an andere in der Seniorenarbeit tätige Organisationen und Institutionen.

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 6 / 4. Februar 2014, S. 28
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2014