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GESCHICHTE/401: Vor 150 Jahren - Preußisches Statistikamt lobt deutsche Turnvereine (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 20-21 / 14. Mai 2013
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 150 Jahren: Preußisches Statistikamt lobt deutsche Turnvereine

von Friedrich Mevert



"Noch nie und nirgends hat die Privatstatistik lediglich aus sich heraus Größeres und gleich im ersten Anfange Gediegeneres geleistet, als in dem soeben erschienenen statistischen Jahrbuch der Turnvereine Deutschlands". So schrieb vor 150 Jahren im Mai 1863 der Direktor des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus, Dr. Ernst Engel, in seinen Berichten an die Vorbereitungskommission der V. Sitzungsperiode des Internationalen Statistischen Kongresses zu Berlin. "Durch die Turnerei - selbst das köstlichste Mittel zur Erhaltung und Festigung der Gesundheit - wird uns also in gänzlich unerwarteter Weise die thätigste Hülfe an dem Werke einer allgemeinen Gesundheitsstatistik zu Theil. Aber diese Aufgabe wird, wie die Volkszählung und Volksbeschreibung, wie die Statistik der Preise und Löhne, wie die Statistik der socialen Selbsthülfe, kurz wie Alles, was das Volk selbst zur Mitwirkung herangezogen und ihm ehrlich zugestanden wird, daß ohne seine einsichtige und treue Mithülfe auch in der Statistik Alles doch nur Stück- und Flickwerk bleibt."

In der Tat wird heute durch die Landessportbünde im Rahmen der jährlichen Bestandserhebungen von den Mitgliedsvereinen nur ein Bruchteil dessen an Angaben angefordert, was die Deutsche Turnerschaft schon in der Mitte des vorletzten Jahrhunderts von ihren Vereinen verlangte. Wenn heute - im Zeitalter von Computern und EDV-Programmen für Mitglieder-Statistik - die Landessportbünde einmal im Jahr zum Stichtag für die jährliche "Inventur des deutschen Sports" von den Vereinen deren Mitgliederzahlen anfordern, dann beschränkt sich diese Erhebung darauf, welchen Altersgruppen und Geschlechtern diese Mitglieder angehören und welche Sportarten sie betreiben.

Vor 150 Jahren musste dagegen jeder Verein offenlegen, wieviel Guthaben - oder Schulden - er hatte, wieviel Turner jeweils an den Übungsabenden teilgenommen hatten und auch, wieviel Quadratmeter die Turnhalle, in den meisten Fällen ein Gasthaussaal oder eine einfache Scheune, aufwies. Auch an den Berufen der Vereinsmitglieder war man interessiert. So gab es im ersten Erhebungsjahr beispielsweise 59 Prozent Handwerker, 28 Prozent Kaufleute und 12 Prozent Gelehrte in den Vereinen. Doch damit nicht genug: diese Berufsgruppen mussten auch noch in Fabrikarbeiter, Landwirte, Krieger, Lehrer, Studenten usw. untergliedert werden. Heute würden Datenschützern die Haare zu Berge stehen...

Interessant ist übrigens auch ein weiterer Vergleich zu heute: hatte man damals im Vergleich zur Gesamtbevölkerung die mehrfache Zahl von Mitgliedern in den Gemeinden und Städten, so ist es heute genau umgekehrt. In unserer Zeit findet man auf dem Lande prozentual wesentlich mehr sporttreibende Vereinsangehörige als in der Stadt.

Auf jeden Fall macht der Vergleich zu 1863 deutlich, dass die Vereinsvorsitzenden bzw. deren zuständige Mitarbeiter damals wesentlich mehr Mühe mit der "von oben" angeforderten Statistik hatten als ihre Nachfolger 150 Jahre später.

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 20-21 / 14. Mai 2013, S. 29
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2013