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GESCHICHTE/390: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 199 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 9 / 26. Februar 2013
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1992/IV: Erstes Handbuch "Sport und Umwelt" erschienen
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 199)

Eine Serie von Friedrich Mevert



Welche gesellschaftspolitische Bedeutung die Beziehungen von Sport und Umwelt in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts gewonnen hatten, lässt sich auch an der Darstellung dieses Themenbereiches in den seit 1970 erscheinenden Sportberichten der Bundesregierung erkennen. So erscheint im 3. Sportbericht der Bundesregierung vom 22. Januar 1976 über die Jahre 1974 und 1975 in den Kapiteln zur Förderung des Sportstättenbaus und der Sportwissenschaft das Wort Umweltschutz kein einziges Mal. Lediglich im Kapitel des Bundesministeriums für Verkehr findet man im Abschnitt Wassersport auf Seite 90 den Begriff "Umwelt- und Naturschutz" mit dem Hinweis darauf, dass "die starke Zunahme insbesondere der motorisierten Sportboote Probleme im Hinblick auf den Umwelt- und Naturschutz (schuf)", bei denen die Bundesregierung "bemüht war, einen gerechten Ausgleich herbeizuführen."

Ganz anders die Bewertung der Thematik im 7. Sportbericht vom Februar 1991 mit der Bilanz über die Jahre 1986 bis 1990. Hier wird dem Thema "Sport und Umwelt" unter der Überschrift "Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven" ein eigenes mehrseitiges Kapitel mit drei Abschnitten (Baurecht, Bewältigung von sozialen Konflikten und Sport und Naturschutz) gewidmet.

Ein Jahr später wurde 1992 gemeinsam vom Bundesumweltministerium mit fachlicher Begleitung durch das Umweltbundesamt, dem Deutschen Sportbund und dem Deutschen Naturschutzring das erste "Handbuch Sport und Umwelt" herausgegeben. Bei dessen Vorstellung in Bonn wertete der damalige Bundesumweltminister Dr. Klaus Töpfer dieses Handbuch als einen "Meilenstein in der Zusammenarbeit von Natur- und Umweltschützern mit den Sportlern" und erinnerte daran, dass es die Deutsche Sportjugend war, die schon im Jahre 1971 mit der Initiative "Moderner Dreikampf für eine saubere Umwelt" frühzeitig die Notwendigkeit des Schutzes von Natur und Umwelt auch für die Ziele des Sports erkannt hatte. Nachfolgend wird das Vorwort von Prof. Klaus Töpfer im Handbuch dokumentiert sowie aus der Einleitung des Allgemeinen Teils des Buches zitiert:

"Die Herausgabe des Handbuches "Sport und Umwelt" ist ein Meilenstein in der Zusammenarbeit von Vertretern des Sports und des Natur- und Umweltschutzes. Das Erreichen eines derartigen Meilensteins bedeutet zweierlei: Rückblick auf das Erreichte und Vorausschau auf den Weg, der vor einem liegt.

Rückblickend möchte ich zunächst allen danken, die das Zustandekommen dieses Werkes ermöglicht haben: den Verfassern, aber auch den beteiligten Vertretern des Deutschen Sportbundes und des Deutschen Naturschutzringes, deren vorbildliche Zusammenarbeit Voraussetzung für das Gelingen war. Allen Beteiligten war bewusst, dass angesichts der Gefährdungen unserer Umwelt, besonders der Lebensgrundlagen in Natur und Landschaft, das Verbindende stärker ist als das Trennende und dass wir das Trennende dadurch überwinden müssen, dass wir Konflikte gemeinsam lösen oder gar nicht erst entstehen lassen.

Für mich und die Bundesregierung war es eine Selbstverständlichkeit, die Herausgabe dieses bedeutenden Werkes zu unterstützen.

Das Handbuch soll aber auch die Grundlage für eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit in der Zukunft sein. Es wird gegenseitiges Verständnis weiter fördern und zugleich wichtige Hilfestellung geben bei der Lösung von Konflikten im konkreten Einzelfall. Als Zielgruppe des Handbuches sehe ich zunächst die Sportler, wobei ich mir besonders von den Sportverbänden eine wichtige Multiplikatorwirkung gegenüber ihren Mitgliedern erhoffe, daneben aber auch die Vertreter des Umweltschutzes, die ihrer Aufgabe oft nur gerecht werden können, wenn sie sich mit den Bedürfnissen des Partners konstruktiv auseinandersetzen.

Ich sage bewusst "Partner", denn das müssen wir sein, und ich sage bewusst "auseinandersetzen", denn Auseinandersetzung gehört zur Partnerschaft - freilich in dem steten Bewusstsein, dass wir in entscheidenden Fragen aufeinander angewiesen sind."


"1. Einleitung

Das Thema "Sport und Umwelt" hat in den vergangenen Jahren einen festen Platz in der Umweltdiskussion erlangt. Mit dem vorliegenden Handbuch sollen Informationen vermittelt werden, um auftretende Konfliktsituationen in einem konstruktiven Dialog bewältigen zu können. Zu Recht wird vielfach beklagt, dass es bisher noch zu wenige oder zu schwer verfügbare (weil nur verstreut veröffentlichte) Informationen über die Auswirkungen des Sports auf Umwelt und Natur gibt. Das vorliegende Handbuch will eine Informationsquelle eröffnen, die das gesamte Spektrum umwelterheblicher Sportausübung umfasst.

Neben einer Darstellung gemeinsamer Ziele und der Analyse der Konfliktfelder geht es darum, dauerhafte Koexistenzmodelle zwischen Sport und Umwelt zu beschreiben und Möglichkeiten für gemeinsame Aktionen aufzuzeigen.

Angesprochen sind interessierte Laien und Fachleute aus Sportorganisationen, Natur- und Umweltschutzverbänden, Kommunen, aus Behörden des Naturschutzes sowie des Sports, aus Wissenschaft, Publizistik und sportbezogenen Tourismusbereichen.

Die Beziehungen zwischen Sport und Umwelt sind sehr vielfältig und vielschichtig. Wenn sie einer näheren Betrachtung unterzogen werden, dann muss differenziert gefragt werden:

  • Um welche Sportart handelt es sich?
  • Wie wird diese Sportart ausgeübt? (Verhaltensaspekt)
  • Um welche Zahl an Sportlern und Besuchern geht es? (Massenphänomen)
  • Welche Baulichkeiten und Nebenanlagen spielen eine Rolle? (Infrastrukturaspekt)
  • Welche Ausprägung haben Instandhaltung und Betrieb der Anlage? (Aspekt des Anlagenbetriebs)
  • In welchen Zeitphasen (bezogen auf Tages- und Jahreszeit) spielen sich die Aktivitäten ab? (Zeitaspekt)
  • Wo werden die Anlagen errichtet bzw. die Aktivitäten ausgeübt? (Standortaspekt)
  • Welche Raumansprüche werden von Seiten des Sports als existenziell betrachtet und wo sind diese Ansprüche flexibel, ohne die spezielle Sportausübung als solche in Frage stellen zu müssen? (Aspekt der Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen)
  • Welche infrastrukturellen, verkehrlichen und baulichen Folgen sind außerhalb der Anlage zu erwarten? (Aspekt der Sekundäreffekte)

Im Handbuch sind die Kapitel über die umwelterheblichen Sportarten nach folgenden Aspekten gegliedert:

  • umweltrelevante Charakteristik der Sportart (Beschreibung von Anlagen und Aktivitäten sowie Raumansprüchen als Einführung),
  • Teilziele, die die Vertreter dieser Sportart gemeinsam mit Umweltorganisationen anstreben,
  • auftretende Konflikte im Rahmen dieses Sports mit Belangen der Umwelt,
  • Lösungsansätze zur Vermeidung oder Minderung solcher Konflikte,
  • rechtliche Rahmenbedingungen, die hinsichtlich der Anlagen und Aktivitäten des Sports zu beachten sind. (...)"

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 9 / 26. Februar 2013, S. 29
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2013