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GESCHICHTE/373: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 185) (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 43 / 23. Oktober 2012
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1990/II: 20 Jahre Trimm-Aktion des DSB
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 185)

Eine Serie von Friedrich Mevert



In den zwei Jahrzehnten von 1970 bis 1990 konnte der DSB seine Mitgliederzahl von 10 Millionen auf über 21 Millionen mehr als verdoppeln und damit seinen Organisationsgrad von 16,7 Prozent auf 34,3 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung steigern. Diese außerordentliche Entwicklung des sportlichen Interesses bei Jung und Alt wurde vor allem durch die "Trimm-Aktion" des DSB veranlasst, die zur erfolgreichsten Kampagne für den Breiten- und Freizeitsport in der Bundesrepublik aufstieg und mittels moderner Kommunikations- und Marketingmaßnahmen die Lebensgewohnheiten der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger wesentlich beeinflusste.

Die Trimm-Aktion wurde am 16. März 1970 mit einer Großveranstaltung in Berlin eröffnet. Dort wurde genau 20 Jahre später, am 16.3.1990, mit Ehrengästen, Zeitzeugen und Journalisten Geburtstag gefeiert und erstmals der "Goldene Trimmy" für besondere Verdienste um die Förderung der Aktion an Altbundespräsident Walter Scheel, den Weltpräsidenten der Sportmediziner, Prof. Wildor Hollmann, und den ZDF-Abteilungsleiter Gesundheit, Hans Mohl, verliehen. Im aus diesem Anlass veröffentlichten Faltblatt heißt es u.a.:

"Eine der größten und erfolgreichsten Social-Marketing-Kampagnen der Bundesrepublik Deutschland ist die Trimm-Aktion des Deutschen Sportbundes und seiner Mitgliederorganisationen. Mittels moderner Kommunikations- und Marketingmethoden wird seit 1970 von der Zentrale des organisierten Sports aus motivierend und anleitend Einfluss auf die Lebensgewohnheiten der Bundesbürgerinnen und -bürger genommen.

Dazu muss man wissen, dass der Sportbetrieb bis in die 70er Jahre überwiegend darauf ausgerichtet war, Wettkämpfe zu organisieren; Leistung, Jugend und Erfolg lauteten die Prämissen. Somit war es vor allem den Jungen und Starken, den Talentierten und Wohlhabenden vorbehalten, Sport zu treiben. Die Trimm-Aktion formulierte erstmals bundesweit den Anspruch "SPORT FÜR ALLE", d.h. Sport anbieten für alle am Sport Interessierten, auch die Älteren, die Dicken, die Leistungsschwachen.

Von Beginn an hat die Trimm-Aktion das Instrumentarium des modernen Marketing erfolgreich auf den sozialen, nicht kommerziellen Bereich des Freizeit- und Breitensports übertragen. Damals wie heute ging es darum, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erforschen und Produkte, also Sportprogramme zu entwickeln, die diese Bedürfnisse erfüllen. Begleitende Motivations- und Kommunikationsprogramme wecken das Interesse am Sport und machen Sportinteressierte mit den neuen Angeboten vertraut.

Um aktuell auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen zu können, werden im Rahmen der Trimm-Aktion Einzelkampagnen mit einer Laufzeit von jeweils 4 Jahren durchgeführt. Jede dieser Kampagnen enthält eine gezielte Botschaft:

  • 1970 - 1974 Motivationskampagne "Trimm Dich durch Sport"
  • 1975 - 1978 Ausdauerkampagne "Ein Schlauer trimmt die Ausdauer"
  • 1979 - 1982 Spielkampagne "Spiel mit - da spielt sich was ab"
  • 1983 - 1986 Gesundheitskampagne "Trimming 130 - Bewegung ist die beste Medizin"
  • ab 1987 Vereinskampagne "Gemeinsam aktiv - in Verein ist Sport am schönsten". (...)

Ein großes Ziel der Trimm-Aktion ist es, das lebensbegleitende Sporttreiben populär zu machen. Strategisch einbezogen werden dabei als unverzichtbare Etappenziele:

  1. Interesse zu wecken mittels aktiver neuer Sportmotive wie z.B. Entspannung, Naturerlebnis, Fitness.
  2. Wissen zu vermitteln hinsichtlich geeigneter Sportformen, Risiken etc.
  3. Einstellungen zu prägen im Sinne eines lebensbereichernden ganzheitlichen Sportverständnis.
  4. Verhalten zu verändern auf der Plattform eines stabilen Bedürfnisses nach regelmäßigem, dosiertem Sporttreiben.

Zur Unterstützung dieser Marketingziele der Trimm-Aktion sind zwei Instrumente von besonderer Bedeutung:

  • die Verbesserung und Neuentwicklung von Sportprogrammen für die neuen Zielgruppen (Produktpolitik)
  • die Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das Produkt "lebensbegleitender Sport" (Kommunikationspolitik).

Im Rahmen der Produktpolitik werden u.a. 6 neue bundesweite Veranstaltungstypen entwickelt, die gerade auch Nichtvereinsmitgliedern Kontaktmöglichkeiten zum Sport eröffnen. So werden als neue bundesweite Veranstaltungen jährlich durch die Vereine und Verbände organisiert:

  • 3.000 Veranstaltungen "Trimm-Trab ins Grüne" (450.000 Teilnehmer)
  • 6.000 "Trimmspiel"-Veranstaltungen (1,5 Mio. Teilnehmer)
  • 1.000 "Spielfeste" (2 Mio. Teilnehmer)
  • 850 Veranstaltungen zum "Volkswandertag" (130.000 Teilnehmer)
  • 6 große "Trimm-Festivals" (380.000 Teilnehmer)
  • 2.100 "Lauf-Treffs" (wöchentlich 300.000 Teilnehmer)

Im Rahmen der Kommunikationspolitik sind sowohl die Werbung als auch die Öffentlichkeitsarbeit für die Trimm-Aktion von großer Bedeutung. Die Werbung übernimmt die Aufgabe, die Aktionsprogramme bei den Zielgruppen bekannt zu machen und somit die Nachfrage zu steuern. Als Werbeträger fungieren u.a. Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen, Zeitschriften, Plakatanschlagflächen, wobei jeweils versucht wird, eine möglichst kostenlose Streuung zu erreichen.

Als Werbemittel werden eingesetzt: Funk- und Fernsehspots, ständige Anzeigenaussendung an 600 Printmedien, Bildmotivserien, Broschüren, Plakate, Aufkleber, Postkarten, Schautafeln, Wandzeitungen etc. (...)

Um bundesweit aktiv werden zu können, bedarf es kostenintensiver Informations- und Vertriebssysteme. Da die Eigenmittel des DSB hier bei weitem nicht ausreichen, werden seit Jahren tragfähige Finanzierungsquellen über den freien Markt gesucht. So entwickelte sich im Laufe der Jahre ein stabiler Kreis von Förderern und Sponsoren der Trimm-Aktion. Die hier vertretenen Marktsegmente haben im weitesten Sinne alle etwas mit Sport, Freizeit, Gesundheit, Lebensstil zu tun.

Insgesamt werden erwirtschaftet:

Eigenmittel aus DSB-Haushalt - DM 23 Mio.
Mittel von Sponsoren und Förderern - DM 40 Mio.
Mittel Bundesregierung - DM 2_Mio.
Kostenlose Werbeleistungen - DM 250 Mio.
insgesamt - DM 315 Mio."

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 43 / 23. Oktober 2012, S. 20
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2012