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GESCHICHTE/367: Vor 60 Jahren - Deutsch-deutscher Sportverkehr unterbrochen (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 38 / 18. September 2012
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 60 Jahren: Deutsch-deutscher Sportverkehr unterbrochen

Von Friedrich Mevert



Einen Schwerpunkt in der Tagesordnung der 10. Sitzung des Präsidiums des Deutschen Sportbundes (DSB) am 20./21. September 1952 im rheinland-pfälzischen Oberwesel bildete der "Ostzonensport" - so der allgemein übliche Terminus vor 60. Jahren. Ausgangspunkt für dieses Beratungsthema war, dass wenige Wochen zuvor im August die Fachverbände des (West-) Berliner Landessportbundes den Sportverkehr mit der DDR abgebrochen hatten.

Der Grund für diesen Beschluss der Westberliner Sportorganisationen war, dass der damalige ostdeutsche Deutsche Sportausschuss (DSA), der Vorgänger des erst 1957 gegründeten Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR, die Integration der Westberliner Landesfachverbände in die bundesdeutschen Fachverbände und damit in den DSB bestritt und eine Sonderregelung im Sinne der von den Ostblockstaaten vertretenen Drei-Staaten-Theorie für West-Berlin forderten.

Nach eingehenden Beratungen beschloss das DSB-Präsidium in Oberwesel einstimmig, sich mit dem LSB Berlin und den Berliner Fachverbänden zu solidarisieren und die Beziehungen zu den Sportorganisationen der DDR abzubrechen. Diese "Oberweseler Beschlüsse" hatten aber nur ein knappes Vierteljahr Bestand, denn schon wenige Monate später kam es am 12. Dezember 1952 in Berlin zu einer gemeinsamen Sitzung von DSB und DSA. Die zwölfstündigen Verhandlungen endeten mit einem Kompromiss, der die Wiederaufnahme des deutsch-deutschen Sportverkehrs ermöglichte.

In dem schließlich vereinbarten "Berliner Abkommen" hieß es, dass "übereinstimmend der Auffassung Ausdruck gegeben (wurde), dass eine Zusammenarbeit wünschenswert und notwendig sei". Eine eingehende Aussprache habe ergeben, dass Missverständnisse bestanden hätten "und dass in Zukunft Meinungsverschiedenheiten durch Verhandlungen geklärt werden sollen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, die sportliche Zusammenarbeit wieder aufzunehmen."

In dem von Willi Daume für den DSB und Rudi Reichert, dem späteren ersten DTSB-Präsidenten, für den DSA unterzeichneten Abkommen wurden insgesamt elf Grundsätze für die Wiederaufnahme des gesamtdeutschen Sportverkehrs festgehalten, so z. B. der Verzicht auf parteipolitische Reden oder Ansprachen bei gesamtdeutschen Sportveranstaltungen, das Recht auf freie Meinungsäußerung als "persönliche Angelegenheit der Sportler" und dass Westberliner Sportler beim gesamtdeutschen Sportverkehr keinen Sonderbestimmungen unterliegen. Auch sollen "Presse und Rundfunk gebeten (werden), die freundschaftlichen Beziehungen im gesamtdeutschen Sportverkehr zu fördern und in Zukunft von unberechtigten herabsetzenden Äußerungen Abstand zu nehmen".

Schließlich verpflichtete sich der DSB, "seinen Fachverbänden die Anerkennung des Anspruchs der Sektionen der DDR auf Aufnahme in die internationalen Verbände" zu empfehlen.

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 38 / 18. September 2012, S. 22
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012