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GESCHICHTE/336: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 155 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 10 / 6. März 2012
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1984/VII: 3. Memorandum zum Goldenen Plan für den Sportstättenbau
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 155)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Im Juni 1960 legte die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) das 1. Memorandum zum "Goldenen Plan" für Gesundheit, Spiel und Erholung vor. Sie appellierte damit an die verantwortlichen Kreise in der Bundesrepublik Deutschland, den Mangel an Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen zu beheben. Parallel zum "Zweiten Weg" des Deutschen Sportbundes (DSB) regte die DOG mit jenem Memorandum ein 15-Jahres-Programm zur Schaffung von Kinderspielplätzen, Spiel- und Sportplätzen, Turn- und Sporthallen, sowie Frei- und Hallenbädern an, das auf 6,3 Milliarden DM veranschlagt wurde.

Im November 1967 zog die DOG in ihrem 2. Memorandum zum "Goldenen Plan" eine Zwischenbilanz mit der Darstellung des noch zu erfüllenden Restbedarfs. Es schloss mit der Bitte an Bund, Länder und Gemeinden, den Goldenen Plan in vollem Umfang zu verwirklichen. Von 1961 bis 1975 investierten Gemeinden und Gemeindeverbände, Länder und Bund auf dieser Grundlage knapp 17,4 Milliarden DM in den Bau von Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen.

Im Juni 1978 stellte die Sachverständigenkommission der Ministerpräsidenten-Konferenz in ihrem Bericht über die Verwirklichung des Goldenen Plans für die Zeit von 1961 bis 1975 fest:

"Der Goldene Plan wurde - gemessen an den Zielvorstellungen des Ersten Memorandums von 1960 - erfüllt. Aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklung ist jedoch ein Neubedarf entstanden, dem ein zukünftiger Sportstättenbau Rechnung tragen muss". Dementsprechend ist in der Tat auch nach 1975 der Sportstättenbau von allen Beteiligten tatkräftig weiter gefördert worden. Die Ministerpräsidenten-Konferenz der Länder stellte dennoch 1979 erneut fest, dass immer noch ein großer Bedarf auf dem Sportstättensektor vorhanden sei.

Im Jahre 1979 übernahm der DSB nach einer Vereinbarung mit der DOG den Aufgabenbereich Sportanlagen/Goldener Plan. In Fortführung des Goldenen Plans legte der DSB zur Beschlussfassung durch den Hauptausschuss des DSB am 1. Dezember 1984 das 3. Memorandum vor, dessen fünften und sechsten Abschnitt wir im Folgenden dokumentieren:

5. Leitkriterien für die künftige Planung von Sportanlagen

"Sowohl bei der Sicherung, Ergänzung und Erweiterung des Bestandes an Sportstätten, als auch bei der Schaffung neuer Erholungs-, Spiel und Sportanlagen sollte u. a. darauf geachtet werden, dass den Bedürfnissen des Wettkampfsports ebenso entsprochen wird wie denen der an sportorientierter Freizeitgestaltung interessierten Bürger, die Anlagen kostengünstig allen Bevölkerungsgruppen angeboten werden und nicht ständig übertriebenen sportfachlichen Anforderungen angepasst werden können.

Von wesentlicher Bedeutung bei der Gestaltung von Spiel- und Sportanlagen ist es daher, dass

- sich das wachsende Bedürfnis der Menschen nach mehr natürlicher Umwelt auch im Bereich Bewegung, Spiel und Sport erfüllen kann,

- sich in diesen Anlagen auch neue Spiel- und Sportformen entwickeln können,

- sie unter Berücksichtigung der unterschiedlichsten Bewegungs-, Spiel- und Sportbedürfnisse geplant und errichtet werden,

- bei ihrer Errichtung die Umwelt nicht gestört oder gar zerstört, sondern vielmehr gefördert und weiterentwickelt wird.



Als Leitkriterien können dabei gelten:

- Attraktivität, Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Kostengünstigkeit für alle Nutzer,

- vielseitige Nutzbarkeit der Sportanlagen für Menschen aller Alters-, Interessen- und Leistungsgruppen,

- Aufforderungscharakter für neue Bewegungs- und Spielformen, Forderung der sinnlichen und körperlichen Erfahrung,

- Integration von freizeitorientierten sozialen Einrichtungen,

- Gesundheitsförderung insbesondere auch durch Naturnähe,

- verantwortungsvolle Mitnutzung von Wegen, Wasserwegen und Flächen in Natur und Landschaft sowie Siedlungsbereichen,

- Umweltverträglichkeit wie auch Nachbarschaftsverträglichkeit aller Sportanlagen.

In diesem Zusammenhang sind auch die "Umweltpolitischen Grundsätze" des DSB von Bedeutung.


6. Realisierung des Programms: Aufgabe für Gemeinden, Länder, Bund und Sportorganisationen Abbau der Defizite

Bevor die Schaffung der Sportanlagen für die Zukunft in Angriff genommen werden kann, muss zunächst einmal dem Mangel an gegenwärtig benötigten Sportanlagen abgeholfen werden. Der Abbau dieser Defizite liegt im Interesse aller und sollte daher mit besonderem Engagement sofort angegangen werden. Die Sicherung ausreichender Möglichkeiten für die sporttreibende Bevölkerung hilft, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen zu erhalten und trägt dazu bei, dem Ziel "Sport für alle" näherzukommen.


Subsidiäre Partnerschaft

Zur Realisierung des beschriebenen Programms bedarf es des gemeinsamen Handelns von Gemeinden, Ländern, Bund und Sportorganisationen. Der Bau sport- und freizeitgerechter, benutzerfreundlicher und umweltverträglicher Sportanlagen muss auf der Grundlage des Prinzips der subsidiären Partnerschaft von Sportselbstverwaltung und öffentlicher Sportverwaltung erfolgen. Dabei kommt bei gestiegener Bereitschaft der Sportvereine zu eigenem Engagement beim Sportstättenbau den Kommunen, den Ländern und dem Bund eine besondere Verantwortung zu.


Schrittweise Realisierung mit Prioritäten

Gerade in einer Zeit finanzieller Engpässe ist es angezeigt, das Engagement des Sports zur Schaffung der benötigten Anlagen von öffentlicher Seite tatkräftig zu unterstützen. Dies kann auch bei einem Vorrangprogramm schrittweise erfolgen, wobei klare Prioritäten gesetzt werden müssen:

- vergleichsweise unterversorgte Bereiche müssen Vorrang bei der Förderung neuer Sportanlagen haben;

- bereits begonnene oder teilweise geförderte Neubauobjekte sollten vollendet bzw. zu Ende gefördert werden;

- vor dem Bau neuer Anlagen soll geprüft werden, ob bestehende Sportanlagen durch sinnvolle Ergänzung verbessert werden können. Dabei haben Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und zur Attraktivitätssteigerung bestehender Anlagen angesichts eingeschränkter Finanzmittel besondere Bedeutung;

- neue Sportanlagen sollen mit Priorität dort geschaffen werden, wo der Nachholbedarf am größten und langfristiger Bedarf gesichert ist.



Kostensenkung bei Sportstätten

Kosten können auf dem Sportstättensektor künftig wirksam eingespart werden, wenn

- bei vorhandenen Anlagen

- alle Nutzungsreserven erschlossen und die Anlagen optimal genutzt werden,

- die technischen Einrichtungen dem heutigen Stand der Technik angepasst werden,

- bei vorhandenen und neuen Anlagen

- die zeitweilige Schlüsselverantwortung an die Sportvereine übertragen wird,

- in geeigneten Fällen auch Pflege und Unterhaltung kommunaler Sportanlagen, unter Zahlung einer angemessenen Entschädigung, an Vereine langfristig übergeben wird.

- bei neuen Anlagen

- eine Entlastung des öffentlichen Sportstättenbaus u. U. durch die verstärkte Förderung des Baus vereinseigener Anlagen erfolgen kann.



Aufruf an Gemeinden, Länder und Bund

Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen tragen nachhaltig zu einer Verbesserung der Lebensqualität bei. In diesem Sinne ruft der Deutsche Sportbund Gemeinden, Länder und Bund auf, die notwendigen Schritte zu tun, um das Angebot auf dem Sportstättensektor entsprechend der wachsenden Nachfrage der Bürger im Sport weiter zu verbessern."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 10 / 6. März 2012, S. 24
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2012