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GESCHICHTE/326: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 148) (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 50-52 / 13. Dezember 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1983/VI: Entschließung für einen humanen Spitzensport
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 148)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Anfang 1983 hatte die gemeinsame Kommission von DSB und NOK ihre Tätigkeit mit dem Ziel wiederaufgenommen, die in der "Grundsatzerklärung für den Spitzensport" von 1977 aufgestellten Forderungen und Verpflichtungen auf ihre Glaubwürdigkeit, Aktualität und ihre Verwirklichung zu überprüfen. Die Ergebnisse und Vorschläge aus einer Reihe von Beratungen mit Sportlern, Trainern, Sportmedizinern sowie den Gremien des Bundesausschusses Leistungssport (BAL) wurden in den Vollversammlungen der Spitzenverbände, ihrer Sportwarte und Aktivensprecher beraten und anschließend dem Hauptausschuss des DSB vorgelegt.

Der Hauptausschuss verabschiedete die Entschließung zur "Grundsatzerklärung für den Spitzensport" in seiner 27. Sitzung am 3. Dezember 1985 in Frankfurt/Main. Wir veröffentlichen sie hier in Auszügen:

"1. Der Deutsche Sportbund mit seinen Mitgliedsorganisationen und das Nationale Olympische Komitee für Deutschland bekennen sich unverändert und uneingeschränkt zu den Inhalten der 'Grundsatzerklärung für den Spitzensport' von 1977 und den in dieser Erklärung fest gelegten Prinzipien. Sie bekräftigen erneut, dass jede Form medikamentöser Leistungsbeeinflussung und die Benutzung von Hilfsmitteln, die den Regeln des Sports widersprechen, unstatthaft sind.

2. Sie halten an ihrer Grundüberzeugung fest, dass zur Aufrechterhaltung der sportlichen Ordnung zwar ständige Kontrollen erforderlich sind, dass eine vollständige und lückenlose Kontrolle jedoch nicht möglich ist und dieser Ordnung auch nicht entsprechen würde. Viel mehr sind tragende Elemente dieser Ordnung die ethischen Grundlagen der Sportbewegung und die Selbstverantwortung aller beteiligten Athleten, Trainer, Ärzte, Betreuer und Funktionäre.
Diese Elemente des Leistungssports müssen gestärkt und gesichert werden.

3. Um den Prinzipien der Grundsatzerklärung noch mehr Geltung zu verschaffen, verpflichten sich der Deutsche Sportbund und das Nationale Olympische Komitee für Deutschland, die in der Grundsatzerklärung bereits angeführten sozialen, pädagogisch-psychologischen, medizinischen und physiotherapeutischen Maßnahmen weiterhin nach besten Kräften verstärkt durchzuführen.

4. Im Interesse und zum Schutz der Spitzensportler und der weiteren Entwicklung des Leistungssports werden der DSB, seine Mitgliedsorganisationen sowie das NOK im einzelnen besonders dafür sorgen, dass

in Zusammenarbeit mit den Aktivensprechern das Bewusstsein der Sportler gestärkt wird, aus eigener Verantwortung die ethischen Verpflichtungen für einen fairen Sport mitzutragen und dabei Formen des Dopings und der medikamentösen Leistungsbeeinflussung ebenso als Verstöße gegen die Regeln des Sports anzusehen wie Unfairness und Gewalt;

die Unterrichtung der Sportler über die Probleme des Dopings und der Benutzung unstatthafter Mittel zur Leistungsbeeinflussung weiter verbessert und die Unterrichtung der Trainer und Betreuer durch die Spitzenverbände auf allen Ebenen und unter Einbeziehung der Landesorganisationen für Leistungssport intensiviert wird, dies auch durch die Abfassung von Schriften, welche die Möglichkeiten und Mechanismen einer Leistungsbeeinflussung darlegen, zugleich über die möglichen Folgen die Athleten, Trainer, Funktionäre und Ärzte gleichermaßen informieren; hinzu kommen die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für Athleten und Trainer, Betreuer und Ärzte sowie die verstärkte Beratung der einzelnen Spitzenverbände, um zu erreichen, dass zur Erzielung von Leistungen nicht auf unstatthafte Maßnahmen zurückgegriffen wird;

das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, wie in der Stellungnahme seines Direktoriums gefordert wird, die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet tatsächlich oder vermeintlich leistungsfördernder Medikamente verstärken wird;

die besondere Gefahr und Verwerflichkeit des Dopings im Kindes- und Jugendalter deutlich gemacht wird durch die Unterrichtung von Leistungssport treibenden Kinder und Jugendlichen und deren Eltern;

die Aufnahme einer Verpflichtung auf die Grundsatzerklärung wie bei den Bundestrainern auch in die Verträge mit Landes- und Honorartrainern der Landessportbünde und Landesfachverbände erfolgt;

die Behandlung der Probleme des Dopings und der medikamentösen Leistungsbeeinflussung zum festen Bestandteil von Ausbildungsgängen für Trainer und Ärzte gemacht und in die Trainerfort- und -weiterbildung aufgenommen wird, wobei auch die Trainer im Sinne der Vertrauensbildung und der Aufklärung der Athleten in die Lage versetzt werden sollen, diese Probleme mit den Athleten zu erörtern;

die regenerativen und trainingsbegleitenden Maßnahmen verstärkt und die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden;

in dieser Frage eine enge Zusammenarbeit mit internationalen und ausländischen Sportorganisationen, insbesondere mit dem Internationalen Olympischen Komitee und seinen Kommissionen gepflegt wird, (wobei die Vertreter des NOK für Deutschland in diesen Kommissionen die Prinzipien der Grundsatzerklärung vertreten werden);

die Stiftung Deutsche Sporthilfe die Prinzipien der Grundsatzerklärung in ihre Förderungsmaßnahmen nachdrücklich einbezieht.

5. Darüber hinaus werden die Gremien des DSB und seiner Mitgliedsorganisationen sowie das NOK weiterhin dafür eintreten, dass

die Kontrollmaßnahmen unter Berücksichtigung der gegebenen Rechtsgrundlagen in angemessenem Umfang und in der Weise erfolgen, so dass sie zur Verwirklichung der Chancengleichheit und eines fairen Sports einen wirkungsvollen Beitrag leisten;

bei den Förderungsmaßnahmen für den Athleten die physiologisch und sportartspezifisch notwendigen Aufbauzeiten bis zum Erreichen von Höchstleistungen angemessen berücksichtigt werden;

in Wettkampfkalender und Jahresplanung der Gedanke ausreichender Erholungsphasen für den Athleten berücksichtigt wird; die Anerkennung von Weltrekorden in Zukunft nur noch mit Dopingkontrolle erfolgen kann;

die Verfahren zur Untersuchung von Dopingfällen und zur Beschlussfassung über Sanktionen nach vergleichbaren Rechtsgrundsätzen vorgenommen werden, die in den Rechtsordnungen der Verbände verankert sein sollen;

insbesondere im internationalen Bereich einem beschuldigten Sportler vor Erlass oder Veröffentlichung von Sanktionen Rechtsanspruch auf Gehör und Verteidigung gesichert wird;

die Zusammenarbeit der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und Institutionen zur Verbesserung der umfassenden Athletenbetreuung verstärkt, die Umsetzung von sportwissenschaftlichen Erkenntnissen beschleunigt und die Forschungstätigkeit der Sportmedizinischen Institute im Bereich des Leistungssports intensiviert wird;

die am 3. Dezember 1977 vom Hauptausschuss des DSB erlassenen Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Dopings juristisch verdeutlicht, ergänzt und zur erweiterten Anwendung gebracht werden."

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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 50-52 / 13. Dezember 2011, S. 30
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2011