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GESCHICHTE/287: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 116 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 14 / 5. April 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1977/IV: DSB erweitert Rahmenrichtlinien zur Dopingbekämpfung
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 116)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Mit der Verabschiedung erweiterter Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Dopings bezog der Hauptausschuss des Deutschen Sportbundes am 3. Dezember 1977 in Frankfurt eine wichtige Konsequenz aus der Grundsatzerklärung für den Spitzensport. Gegenüber der seit Ende 1970 gültigen Fassung unterscheiden sich die neuen Richtlinien, in Abstimmung mit dem Deutschen Sportärztebund und dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft erarbeitet, vor allem
- durch die Erweiterung der aufgeführten Doping-Substanzen um die anabolen Hormone,
- durch die Festlegung, dass für die Anwendung von anabolen Hormonen bei Sportlern keine Indikation besteht,
- durch die Festlegung, dass nunmehr Sportler auch im Training auf anabole Hormone kontrolliert werden sollen.

Unabhängig von den Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Dopings will der DSB die organisatorischen Fragen der Untersuchungen so bald wie möglich lösen und die mit dem Begriff der "technischen Manipulation" zusammenhängenden Festlegungen mit den Spitzenverbänden regeln. Diese Fragen sind deshalb nicht mit der Neufassung der Rahmenrichtlinien verbunden worden, um deren Verabschiedung nicht zu verzögern.


NACHSTEHEND SIND NEUEN RAHMENRICHTLINIEN DOKUMENTIERT:

"Präambel

Die im Deutschen Sportbund zusammengeschlossenen Turn- und Sportverbände verpflichten sich, gemäß § 2, 7 und 15 der Satzung des DSB die Verwendung von Doping-Substanzen im Sport zu verbieten und das Doping mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu bekämpfen. Mit diesem Ziel erlassen die Spitzenverbände des DSB diese Rahmen-Richtlinien als gemeinschaftliche Orientierung zur Bekämpfung des Dopings im Bereich des Deutschen Sportbundes; sofern entsprechende Bestimmungen der internationalen Föderationen bestehen, treten sie an die Stelle dieser Richtlinien.

Erster Abschnitt - Dopingverbot

§ 1 Begriffsbestimmungen

1. Doping ist der Versuch einer unphysiologischen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Sportlers durch Anwendung (Einnahme, Injektion oder Verabreichung) einer Doping-Substanz durch den Sportler oder eine Hilfsperson (z. B. Mannschaftsleiter, Trainer, Betreuer, Arzt, Pfleger oder Masseur) vor einem Wettkampf oder während eines Wettkampfes und für die anabolen Hormone auch im Training.

2. Doping-Substanzen im Sinne dieser Richtlinien sind insbesondere Phenyläthylaminderivate (Weckamine, Ephedrine, Adrenalinderivate), Narkotika, Analeptika (Kampfer und Strychninderivate) und anabole Hormone. Sportartspezifisch können weitere Substanzen. z.B. Alkohol, Sedativa, Psychopharmaka unter den Doping-Substanzen aufgeführt werden.

§ 2 Dopingliste

Der Deutsche Sportärztebund wird im Einvernehmen mit dem Deutschen Sportbund eine Dopingliste mit den unter § 1 Abs. 2 aufgeführten Doping-Substanzen aufstellen und fortschreiben.

§ 3 Verbot der Anwendung

1. Die Anwendung von Doping-Substanzen im Sinne des § 1 Abs. 2 ist verboten und wird bestraft.

2. Die Mitgliedsorganisationen des Deutschen Sportbundes erlassen für ihren Bereich die erforderlichen Bestimmungen über Zuständigkeiten, Verfahren und Strafmaß in Fällen des vollendeten und versuchten Dopings. Für das Strafmaß gibt der Deutsche Sportbund eine Empfehlung (Anlage 1).

3. Der Deutsche Sportbund und seine Hitgliedsorganisationen nehmen in die Arbeits- oder Dienstverträge von Personen, die Sportler betreuen, Bestimmungen für den Fall eines Verstoßes gegen das Doping-Verbot auf. Für die Maßregeln gibt der Deutsche Sportbund eine Empfehlung (Anlage 2).

§ 4 Anwendung aus medizinischen Gründen

1. Auch aus medizinischen Gründen dürfen die unter § 1 Abs. 2 genannten Doping-Substanzen von Sportlern nicht eingenommen werden, sofern sie noch im Wettkampf stehen. Ausgenommen sind Lokalanästhetika bei Verletzungen. Der Arzt hat die Anwendung der Wettkampfleitung unverzüglich mitzuteilen.

2. Für die Anwendung von anabolen Hormonen bei Sportlern besteht keine Indikation.

§ 5 Geltungsbereich des Verbots

1. Für Sportler der Mitgliedsorganisationen des Deutschen Sportbundes oder deren Hilfspersonen gelten diese Rahmen-Richtlinien hinsichtlich der Wettkämpfe innerhalb und außerhalb des Gesamtbereichs des Deutschen Sportbundes, soweit dem nicht internationale Bestimmungen entgegenstehen.

2. Für Sportler oder Hilfspersonen, die nicht den Mitgliedsorganisationen des DSB angehören, gelten diese Rahmen-Richtlinien nur hinsichtlich der Wettkämpfe innerhalb des Gesamtbereichs des Deutschen Sportbundes, soweit dem nicht internationale Bestimmungen entgegenstehen. Die zuständige Mitgliedsorganisation oder die von ihr bestimmten Stellen müssen diese Sportler oder Hilfspersonen vor Wettkämpfen über die Doping-Richtlinien unterrichten.


Zweiter Abschnitt - Dopingkontrollen

§ 6 Kreis der Veranstaltungen

Der Kreis der Veranstaltungen, bei denen Doping-Kontrollen entsprechend diesen Rahmen-Richtlinien durchgeführt werden, wird von den zuständigen Mitgliedsorganisationen bestimmt; insbesondere Deutsche Meisterschaften, Länderkämpfe sowie nationale und internationale Veranstaltungen sollen eingeschlossen sein.

§ 7 Art der Dopingkontrollen

Dopingkontrollen bestehen in der Entnahme von Ausscheidungsprodukten der Sportler.

§ 8 Duldungspflicht

1. Sportler und Hilfspersonen haben die Vornahme der Dopingkontrollen zu dulden.

2. Die Verweigerung der Dopingkontrollen wird bestraft, wie wenn der Tatbestand des Dopings erfüllt wäre.

§ 9 Zuständigkeit für die Dopingkontrolle

Die Dopingkontrolle obliegt der Mitgliedsorganisation oder einer von ihr bestimmten zuständigen Stelle.

§ 10 Untersuchungsstellen

Untersuchungsstellen sind die vom Deutschen Sportbund im Einvernehmen mit dem Deutschen Sportärztebund bezeichneten Einrichtungen.

§ 11 Vorbereitung der Dopingkontrolle

Die zuständige Stelle hat durch rechtzeitige Kontaktaufnahme mit der Untersuchungsstelle für die technischen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Durchführung der vorgesehenen Dopingkontrollen Sorge z.u tragen.

§ 12 Kreis der zu kontrollierenden Sportler Nach § 7 werden kontrolliert

a) bei Einzelwettbewerben und bei Wettbewerben zwischen Mannschaften aus zwei Sportlern die Sportler, welche die ersten drei Plätze erreicht haben, sowie weitere drei durch Los ermittelte Sportler;

b) bei Wettbewerben zwischen Mannschaften aus mehr als zwei Sportlern je zwei Sportler der drei erstplazierten Mannschaften sowie drei weitere Sportler, die durch das Los ermittelt wurden;

c) bei Wettbewerben zwischen zwei Mannschaften je drei durch das Los ermittelte Sportler der beiden Mannschaften;

d) die Sportler, bei denen Dopingverdacht besteht;

e) Sportler im Training auf anabole Hormone.

§ 13 Durchführung der Dopingkontrollen

Die Sportler, bei denen Kontrollen nach § V durchgeführt werden, haben unter Aufsicht einer von der zuständigen Mitgliedsorganisation beauftragten Person unmittelbar nach dem Wettkampf und gegebenenfalls im Training Urin abzugeben. Sportler, die angeben, keinen Urin lassen zu können, sind unter Aufsicht zu halten, bis Urin geliefert wird. Jede Urinprobe ist in zwei Fläschchen zu füllen. Die Fläschchen werden beschriftet und versiegelt.

§ 14 Untersuchung

1. Die zuständige Stelle übersendet die Urinproben (§ 13) unverzüglich der Untersuchungsstelle.

2. Die Untersuchungsstelle prüft, ob die Urinproben Dopingsubstanzen (§ 1 Abs. 2) enthalten.

3. Die Mitgliedsorganisation teilt dem Sportler das Untersuchungsergebnis mit. Der Sportler kann innerhalb von zehn Tagen eine weitere Untersuchung bei einer anderen Untersuchungsstelle verlangen.

§ 15 Kosten

Die Kostenregelung der Dopingkontrollen erfolgt durch die zuständige Mitgliedsorganisation."

Strafverfahren und Schlussvorschriften

Im dritten und vierten Abschnitt werden in weiteren sechs Paragraphen das Strafverfahren und die Schlussvorschriften dargestellt.
In der Anlage 1 schließlich heißt es als Empfehlung für das Strafmaß:

"1. Doping soll bei Sportlern

a) im ersten Fall mit Wettkampfsperre von einem bis zu sechs Monaten,

b) im ersten Rückfall mit Wettkampfsperre von einem Jahr bis zu zwei Jahren und sechs Monaten,

c) im zweiten Rückfall mit Wettkampfsperre auf Lebenszeit bestraft werden.

2. Hilfspersonen sollen bei nachgewiesenem Doping sofort mit Ausschluss von der Teilnahme an allen Wettkämpfen und Verbot jeder Betätigung im Zusammenhang mit Wettkämpfen bestraft werden; hierbei gelten die Mindest- und Höchstfristen des Absatzes 1), Daneben kann auf Geldbußen erkannt werden.

3. Neben den Strafen nach a) bis c) ist der Sportler bzw. seine Mannschaft für den Wettkampf zu disqualifizieren; für den Fall, dass die Anwendung von Doping-Substanzen noch während des Wettkampfes nachgewiesen wird, erfolgt der Ausschluss sofort,"


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 14 / 05. April 2011, S. 33
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2011