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GESCHICHTE/216: Bedeutende Sportpersönlichkeiten der Nachkriegsgeschichte (8) (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 15 / 13. April 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Walter Wülfing - Justitiar und Diplomat des deutschen Sports
Bedeutende Sportpersönlichkeiten der Nachkriegsgeschichte (8)


Die Liebe zum Rudersport wurde Walter Wülfing gleichsam in die Wiege gelegt, war doch sein Großvater bereits Ruderer und sein Vater als Mitbegründer der Rudergesellschaft Hannover-Linden von 1899 ebenfalls. Walter Wulfing wurde am 22. Juli 1901 als Sohn einer alteingesessenen hannoverschen Handwerker- und Kaufmannsfamilie geboren, verbrachte seine Schulzeit in Hannover und war schon in seiner Jugend ein erfolgreicher Rennruderer.

Nach dem Abitur begann Wülfing 1921 ein Jurastudium in Göttingen, wechselte aus sportlichen Gründen 1923 für ein Semester in die Ruderhochburg Hamburg und legte im Dezember 1924 in Gelle sein 1. juristisches Staatsexamen und 1928 in Berlin das Assessor-Examen ab. Auch im Fechten und in der Leichtathletik war er aktiv. Er holte zahlreiche Erfolge im Vierer und Achter und nahm 1928 an den Olympiaausscheidungen für Amsterdam im Achter teil.

Wülfing, der über "Die Haftung der Kleinbahn" promoviert hatte, ließ sich als Rechtsanwalt und Notar in seiner Heimatstadt Hannover nieder, war von 1932 bis 1945 Vorsitzender der Rudergesellschaft Hannover-Linden, wurde 1937 Mitglied der NSDAP und war Offizier im Zweiten Weltkrieg. Nach der Entlassung aus der französischen Kriegsgefangenschaft 1945 galt er als "politisch unbelastet" und wurde als Anwalt wieder zugelassen. Er war beruflich sehr erfolgreich und wurde ein bekannter Strafverteidiger und angesehener Notar über Hannover hinaus. Wülfing machte sich schon 1945 an den Wiederaufbau des Rudersports auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. In Hannover vereinte er 1947 mehrere Vereine zum Deutschen Ruder-Club von 1884, war im gleichen Jahr Mitbegründer und 2. Vorsitzender des Arbeitsausschusses Rudern, war Ruderobmann im Zonensportrat der britischen Zone und wurde am 11. Dezember 1949 bei der Gründung des Deutschen Ruderverbandes in Wetzlar zu dessen 1. Vorsitzenden gewählt. Wülfing war seit 1946 Gründungs- und Vorstandsmitglied des Landessportbundes Niedersachsen und bereitete auch die Gründung des Deutschen Sportbundes 1950 mit vor. Zwar unterstützte er mit den Ruderern zunächst das Fachverbandsprinzip, verschloss sich aber auch nicht der Kompromissregelung mit den Landessportbünden, die Ende 1950 die Konstituierung des DSB überhaupt erst ermöglichte.

Die ausgleichende und diplomatische Art Wülfings, sein juristischer Sachverstand bei Satzungs- und anderen Rechtsfragen, sein Verhandlungsgeschick und seine Tatkraft waren überall geschätzt. Er leitete von 1949 bis 1966 den Deutschen Ruderverband, wo er später als "Vater" des Deutschland-Achters galt, und führte den deutschen Rudersport an die Weltspitze. Seit 1966 war er dessen Ehrenvorsitzender. Im Internationalen Ruderverband (FISA) wurde er 1956 Vizepräsident und später Ehrenmitglied. Im DSB war der Hannoveraner Präsidiumsmitglied seit 1950, von 1960 bis 1970 DSB-Vizepräsident und wurde 1970 zum Ehrenmitglied ernannt.

Dem NOK für Deutschland gehörte Dr. Wülfing seit 1952 an, war von 1961 bis 1973 NOK-Vizepräsident und wurde dann auch dort zum Ehrenmitglied gewählt. 1951 war Dr. Wülfing Gründungs- und Vorstandsmitglied der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) und zeichnete ab 1952 für zwei Jahrzehnte für die deutschen Olympiamannschaften mitverantwortlich und war 1966 Gründungsmitglied des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 1972 in München.

Von Wülfings Ämtern außerhalb des Sports seien erwähnt der Vorsitz im Fernsehbeirat des ZDF seit dessen Konstituierung 1962 über viele Jahre und der langjährige Vorsitz des niedersächsischen Landesverbandes des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Dr. Walter Wülfing, der sich vor allem im Kreis "seiner" aktiven Ruderer wohl fühlte, erhielt für sein lebenslanges Engagement für den Sport zahlreiche sportliche und öffentliche Auszeichnungen, so u. a. das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens 1966 und das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1976 wurde ihm vom IOC der Olympische Orden in Silber verliehen.

Dr. Walter Wülfing starb am 22. November 1986 im Alter von 85 Jahren in Hannover. Anlässlich seines 100. Geburtstages im Juli 2001 wurde sein Wirken vom Deutschen Ruder-Verband in besonderer Weise gewürdigt.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 15 / 13. April 2010, S. 27
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2010