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GESCHICHTE/194: Februar 1990 - Noch zehn Monate bis zur sportlichen Einheit (8) (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 4 / 26. Januar 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Februar 1990: Noch zehn Monate bis zur sportlichen Einheit (8)
In Brandenburg wird bereits über die Gründung des ersten ostdeutschen Landessportbundes beraten

Von Friedrich Mevert


Um mit der Politik zu beginnen: Wohl die wichtigsten Termine dieses Monats im Jahr 1990 waren der 7. Februar, an dem die Bundesregierung in Bonn einen Kabinettsausschuss "Deutsche Einheit" unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Helmut Kohl bildete; dann der 10. Februar, an dem der Bundeskanzler und Außenminister Hans-Dietrich Genscher zu einem Gespräch mit Präsident Michael Gorbatschow in Moskau zusammentrafen, in dem Gorbatschow erklärte, "dass die Deutschen selbst die Frage der Einheit der deutschen Nation lösen und selbst ihre Wahl treffen müssen, in welchen Staatsformen, zu welchem Zeitpunkten, mit welchem Tempo und zu welchen Bedingungen sie diese Einheit realisieren werden"; und schließlich der 13. Februar, an dem beim Außenminister-Treffen im kanadischen Ottawa eine Erklärung zur Aufnahme der sogenannten "Zwei-plus-Vier-Gespräche" abgegeben wurde.

Im Sport gab es bereits am 1. Februar einen vom "Runden Tisch des Sports" der DDR initiierten gemeinsamen Aufruf des "Neuen Forums" und des neuen Amtes für Jugend und Sport in der DDR-Regierung, die Zukunft des Sports in der DDR weiterhin zu sichern.

Zwei Tage später kam es in Berlin-Ost und Potsdam, wie zuvor schon in einigen anderen ostdeutschen Städten, zu Demonstrationen von Sportlerinnen und Sportlern mit Olympiasiegern wie Udo Beyer und Ulf Timmermann an der Spitze, die sich gegen den befürchteten weiteren Abbau des Sports an der Basis richteten, indem Sportgemeinschaften ihren Betrieb einstellten und Sportstätten geschlossen wurden.

Auch diese Proteste führten bereits nach knapp zwei Wochen zur Verabschiedung einer Reihe von Unterstützungsmaßnahmen des Amtes für Jugend und Sport für den Sport an der Basis, nachdem - mit Zustimmung des "Runden Tisches" - am 14. Februar kurzfristig aus dem Sportfonds des DDR-Finanzministeriums 10 Millionen Mark für die Sportförderung auf der kommunalen Ebene bereitgestellt worden waren.

Unter den Sportfachverbänden aus beiden Staaten zeigten die Verantwortlichen der beiden Handballverbände besonderes Engagement an den Einigungsverhandlungen. Bereits am 6./7. Februar trafen sich in Berlin-West die Vorstände beider Verbände, um auf der Grundlage zahlreicher Maßnahmen über eine engere Zusammenarbeit zu beraten. Dabei wurde u. a. auch ein Länderspiel zwischen der Bundesrepublik und der DDR und ein intensiver Spielverkehr auf allen Ebenen vereinbart.

Von besonderer Bedeutung für den Neu- und Wiederaufbau des sportlichen Vereinslebens in den noch existierenden Bezirken der DDR war ein Beschluss der Volkskammer am 21. Februar, mit dem das neue Vereinigungsgesetz der DDR verabschiedet wurde, das die Bildung von Vereinigungen regelte.

Dieses Gesetz ermöglichte nach seinem Inkrafttreten die Bildung von Vereinen auf neuen gesetzlichen Grundlagen, was insbesondere auch im Sport zur Gründung vieler neuer Vereine oder zur Umgestaltung bisheriger (Betriebs-) Sportgemeinschaften führte, so dass z. B. aus der BSG Traktor wieder der MTV Jahn oder SV Germania wurde.

Weitere interessante Daten aus diesem Monat waren u. a. aber auch

der 1. Februar, an dem die ARD dem Rundfunk- und Fernsehen der DDR eine Zusammen-arbeit bei der Übertragung der Fußball-WM 1990 anbot;
der 3. Februar, an dem der Deutsche Gehörlosen-Sportverband der DDR gegründet wurde, der bisher dem Deutschen Verband für Versehrtensport angehört hatte;
der 10. Februar, an dem Günter Erbach als Präsident des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR zurücktrat, Günther Schneider zum Nachfolger bestimmt wurde und Dr. Hans-Georg Moldenhauer ab sofort die "Fußball-Basis" im DFV vertrat;
der 13. Februar, an dem der DTSB erstmals die Höhentrainingsanlagen der Sportschule Kienbaum für Journalisten zur Besichtigung freigab;
der 17. Februar, an dem in Magdeburg bei der BFA-Delegiertenkonferenz die Partnerschaft des Magdeburger Fußball-Bezirks (später Sachsen-Anhalt) zum Niedersächsischen Fußball-Verband begründet wurde, die bis in die Gegenwart besteht und kürzlich festlich am NFV-Sitz in Barsinghausen verlängert wurde;
der 27. Februar mit einem interessanten Beitrag in der " Lausitzer Rundschau", mit dem enthüllt wurde, dass von 402,6 Millionen Mark, die dem DTSB 1989 zur Verfügung gestellt wurden, 62,8% allein für den Leistungssport und 37,2% für den sogenannten Massensport ausgegeben wurden.
dass im Osterzgebirge der DDR-Wintersport-Renommierklub Dynamo Zinnwald seine Trainingsanlagen für Gruppen aus dem Hochleistungssport aus dem Westen öffnete, um mit den Devisen-Einnahmen einem drohenden finanziellen Kollaps vorzubeugen. Wie allen Dynamo-Klubs in der DDR waren auch den Zinnwalder Wintersportlern die Etatmittel für 1990 um 40% gekürzt worden.

Am 28. Februar nahmen die Vorstände der DTSB-Bezirke von Cottbus, Potsdam und Frankfurt (Oder) erste Beratungen mit dem Ziel der späteren Gründung eines Landessportbundes Brandenburg auf. Mit besonderer Unterstützung des Landessportbundes Berlin, die sich auch in hunderten von Informationsveranstaltungen, Aus- und Weiterbildungsseminaren, Lehrgängen, Verhandlungen und Einzelgesprächen mit den Berliner LSB-Mitarbeitern ausdrückte, wurde es möglich, dass bereits am 15. September 1990 in Geltow der erste ostdeutsche Landessportbund für das Land Brandenburg gegründet wurde.

Zum Präsidenten wurde seinerzeit Prof. Dr. Gerhard Junghähnel gewählt, der jedoch später wegen seiner Kontakte zur Staatssicherheit von seinen Ämtern zurücktreten musste.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 4 / 26. Januar 2010, S. 24
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2010