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GESCHICHTE/184: 1989 - Deutscher Sportbund verabschiedet ersten Frauenförderplan (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 49 / 1. Dezember 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 20 Jahren im Frankfurter Römer
Der Hauptausschuss beschloss den ersten Frauenförderplan auf DSB-Ebene

Von Friedrich Mevert


Der 2. Dezember 1989 werde "als historisches Datum" in die Geschichte des DSB eingehen, hieß es vor zwanzig Jahren in einer Presseerklärung über die Verabschiedung des ersten Frauenförderplans für das Präsidium des Deutschen Sportbundes (DSB) bei der 36. Hauptausschuss-Sitzung im Frankfurter Römer. Mit diesem Förderplan wolle der DSB "Leitlinien für eine gezielte Förderung von Frauen" und damit auch für eine weitere Entwicklung des DSB festlegen und gleichzeitig eine Frauenförderung auf allen Ebenen des Sports bis zu den Vereinen anregen.

Die Durchsetzung von Frauenförderplänen auch in den Organisationen des Sports hatte den Kern der Jahresarbeit 1989 des Bundesausschusses Frauensport gebildet. Schon die Vollversammlung im Mai in Kiel stand unter dem Thema "Frauenförderpläne im DSB - Bilanz und Perspektiven der Frauenarbeit". Im Oktober fand an der Führungsakademie des DSB in Berlin ein Round Table-Gespräch zum Thema "Frauenförderpläne im Sport" statt, und auch die jährliche Arbeitstagung der Frauenvertreterinnen der Mitgliedsorganisationen im November hatte dieses Thema zum Inhalt. Die SPD-Bundestagsfraktion in Bonn initiierte eine Große Anfrage zur "Situation von Mädchen und Frauen im organisierten Sport", an der auch der Bundesausschuss mitwirkte. Auch wurde ein Poster "Frauen in die Spitze des Sports" herausgegeben.

Die Verabschiedung eines Frauenförderplans auf DSB-Ebene stand dann auch offiziell im Mittelpunkt der Sitzung des Hauptausschusses am 2. Dezember in Frankfurt, da auch im Sport die Gleichstellung von Frauen und Männern bei weitem noch nicht erreicht war. Einige Landessportbünde waren dabei dem DSB voraus und insoweit Vorbild.

Als erste Mitgliedsorganisation des DSB hatte der Landessportbund Niedersachsen durch seinen Hauptausschuss am 22. April dieses Jahres einen Frauenförderplan beschlossen, der übrigens - einvernehmlich - von Frauen und Männern gemeinsam erarbeitet worden war.

Der DSB-Frauenförderplan gliederte sich in vier Abschnitte: 1. Vorbemerkungen, 2. Begründung und Zielbestimmung für einen Frauenförderplan im Sport, 3. Maßnahmen und 4. Erfolgskontrolle. In den Vorbemerkungen wurden zahlreiche Beispiele dafür genannt, dass - trotz eines kontinuierlichen Zuwachses an neuen weiblichen Mitgliedern auf mittlerweile 36,6 Prozent der Gesamtmitgliederzahl - eine Gleichstellung von Frauen und Männern im deutschen Sport bei weitem noch nicht erreicht sei.

So betrage z. B. der Anteil der Frauen in den Gremien des DSB nur 15 Prozent und der Anteil weiblicher Delegierter bei Mitgliederversammlungen (Bundestagen und Hauptausschüssen) liege gar unter 5 Prozent. Auch in der hauptamtlichen Organisation und Verwaltung auf den gehobenen Ebenen seien Frauen unterrepräsentiert. Die Berücksichtigung von Themen des Sports von Frauen bei Veranstaltungen sei unzureichend, auch seien Themen des Sports von Frauen und Mädchen selten Gegenstand von Forschungsprojekten. Schließlich seien auch die Funktionsbezeichnungen in Satzungen, Geschäftsordnungen und Regelwerken überwiegend nur männlich ausgewiesen.

In der Begründung und Zielbestimmung wird u. a. darauf hingewiesen, dass zwar "einzelne Maßnahmen zur Förderung der Mitarbeit und Mitverantwortung von Frauen in den letzten Jahren immer wieder beschlossen worden seien. Es fehlte jedoch an einer systematischen Herangehensweise, insbesondere an der klaren Definition von Zielen und dem Versuch, nicht nur einzelne Verbesserungen, sondern umfassende und langfristige Änderungen zu erreichen." Es heißt dann aber auch: "Dieser Frauenförderplan wird überflüssig, wenn sich die Chancengleichheit in der Praxis durchgesetzt hat."

Im Abschnitt 3 werden dann insgesamt 13 konkrete Maßnahmen aufgeführt, mit denen die Zielsetzungen erreicht werden sollen.

Im einzelnen sollen, so die Forderungen des Plans in Kurzfassung,

bei Grundsatzgesprächen und Verhandlungen des Präsidiums Frauen beteiligt werden,
in alle ehrenamtlichen Gremien, auch außerhalb des DSB, auch Frauen berufen werden,
bei Mitgliederversammlungen, Kongressen und Arbeitstagungen Themen des Sports der Frauen behandelt werden,
bei Aktionen und Kampagnen frauenspezifische Aspekte herausgestellt werden,
bei der Durchführung von Veranstaltungen Frauen als Referentinnen, Arbeitskreisleiterinnen und Berichterstatterinnen vertreten sein,
für die Kinderbetreuung entsprechende Mittel bereitgestellt werden,
die Situation von Frauen und Mädchen im Sport und die Zielvorstellungen des Frauenförderplans Inhalt von Bildungsmaßnahmen werden,
Frauen, die aus familiären Gründen ihre ehrenamtliche Tätigkeit vorübergehend eingestellt haben, ein Wiedereinstieg ermöglicht werden,
bei der Entscheidung über die Verteilung von Sportfördermitteln Frauen gleichberechtigt berücksichtigt werden,
wissenschaftliche Analysen zur weiblichen Lebens- und Bewegungswelt gefördert werden,
im sprachlichen Bereich Funktionsbezeichnungen weiblich und männlich bzw. neutral angewendet werden,
bei Ehrungen und Auszeichnungen Frauen gleichberechtigt berücksichtigt werden und
bei Einstellungen in der Hauptverwaltung des DSB Frauen auf denjenigen Ebenen, auf denen sie unterrepräsentiert sind, bevorzugt berücksichtigt werden. Mit der Erfolgskontrolle über die Umsetzung und Fortschreibung des Frauenförderplans (Abschnitt 4) wurde das DSB-Präsidium beauftragt, das jeweils bei Bundestagen und Hauptausschüssen schriftliche Berichte abgeben musste.

Zwei Wochen vor der DSB-Hauptausschuss-Sitzung hatte übrigens der Deutsche Frauenrat, in dem der DSB bereits damals die größte Organisation darstellte, bei seiner Mitgliederversammlung am 18. November in Bonn das 40jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland zum Anlass genommen, sich kritisch mit dem Artikel 3 des Grundgesetzes auseinanderzusetzen. Auch dabei wurde anhand von Beispielen deutlich gemacht, dass der Gleichheitsgrundsatz dieses Artikels in vielen Fällen in der Praxis noch nicht verwirklicht worden war. Diese bedauerliche Erkenntnis nahmen auch die dort anwesenden Politikerinnen für ihre weitere gesellschaftspolitische Arbeit in ihren Parteien und Parlamenten mit.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 49 / 1. Dezember 2009, S. 31
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2009