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GESCHICHTE/163: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 50 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 40 / 29. September 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1964/II: Das Deutsch-Französische Jugendwerk beginnt mit seiner Arbeit
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 50)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Zum Start des Deutsch-Französischen Jugendwerkes informierten die Zeitschriften der Landessportbünde des DSB ihre Vereine und Verbände zu Jahresbeginn mit folgendem Beitrag: Als wichtige Auswirkung des Freundschaftsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich wurde am 29. Oktober 1963 in Paris ein autonomes "Deutsch-Französisches Jugendwerk" gegründet, dessen Aufgabe es sein soll, beide Völker durch die Begegnung junger Menschen einander näherzubringen und vergangene Frontstellungen überwinden zu helfen. Im Rahmen dieses umfangreichen Jugendaustausches misst man den sportlichen Begegnungen besondere Bedeutung bei. So werden im Gegensatz zu den Richtlinien des Bundesjugendplanes aus Mitteln des Deutsch-Französischen Jugendwerkes auch reine sportliche Veranstaltungen, gemeinsame Trainingslager, Austausch und Ausbildung von jungen Sportmitarbeitern etc. gefördert.

Entsprechend den Grundsätzen des Kuratoriums des Deutsch-Französischen Jugendwerkes, in das als Vertreter der deutschen Turn- und Sportbewegung Bürgermeister August Zeuner (Oberwesel) und Dr. Wilhelm Sälter (Hagen) berufen wurden, sollen insbesondere solche Programme gefördert werden, die "jungen Menschen beider Völker in möglichst vielgestaltiger Form die Lebensverhältnisse des anderen Partners und seine politischen, sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und sportlichen Eigenheiten vertraut machen". Träger dieser Programme und Maßnahmen sollen in allererster Linie die Organisationen sein, die bereits in der Jugendarbeit stehen und höchstens im Ausnahmefall das Jugendwerk selbst.


Junge Menschen bis zu 50

Für die Teilnahme an Austausch und Begegnung sollen junge Menschen im Alter bis zu 30 Jahren zugelassen sein. Von dieser Altersgrenze kann abgewichen werden, wenn es für die Erfüllung der Aufgabe des Deutsch-Französischen Jugendwerkes sinnvoll erscheint. "Keine Altersgrenze ist für Programme vorgesehen, die sich an Mitarbeiter, Fachkräfte und mit Führungsaufgaben der Jugendarbeit betraute Personen (Erzieher, Jugendleiter, Bildungsreferenten, Trainer, Betreuer usw.) wenden sowie für Personen, die an der Leitung oder Begleitung von Jugendgruppen beteiligt sind." Grundsätzlich handelt es sich bei den zur Verfügung stehenden Mitteln um Förderungsmittel; ein angemessener Teil soll selbst aufgebracht werden.

Voraussetzung für die Förderung ist in der Regel eine mindestens sechstägige, aber vier Wochen nicht übersteigende Dauer der Begegnung. Kurzfristige Treffen können nur dann gefördert werden, wenn ihre Wiederholung im Wege der Gegenseitigkeit sichergestellt ist, und wenn sie einschließlich An- und Abreise mindestens 3 Tage wähnt. Dies gilt insbesondere für sportliche Begegnungen in Grenznähe. Bei mindestens 6 Tagen werden die Fahrtkosten (bis zur Höhe der niedrigsten Klasse) voll erstattet, bei weniger als 6 Tagen bis zu 75 Prozent. Alle Anträge müssen eine Darstellung der Maßnahme, einen Kosten- und Finanzierungsplan, die voraussichtliche Teilnehmerzahl und Angaben über den Träger der Maßnahmen enthalten.


Anträge für 1964 Eilsache

Zwischen DSB und DSJ wurde für die Antragsstellung der deutschen Turn- und Sportverbände und -Vereine vereinbart, dass die Begegnung unterhalb der Landesebene bei den zuständigen Landessportbünden (Erwachsenensektor) oder bei der Landessportjugend eingereicht werden, die sie DSB/DSJ gesammelt weitergeben. Alle darüber liegenden Maßnahmen werden direkt beim DSB (Erwachsenensektor) und DSJ eingereicht. In jedem Fall muß dem Antrag bereits die Genehmigung des zuständigen Fachverbandes beigefügt sein. Da das Kuratorium des Deutsch-Französischen Jugendwerkes über die Jahresplanung 1964 demnächst beraten wird, eilt die Abgabe der Anträge.

Hatte der deutsch-französische Jugendaustausch bereits 1963 einen erheblichen Aufschwung zu verzeichnen, wird für 1964 eine weitere Steigerung erwartet. "Die Aussöhnung mit dem französischen Nachbarvolk", sagte Dr. Bruno Heck, Bundesminister für Familie und Jugend, "ist eines der tragenden Elemente deutscher Politik. Es wird deswegen eine der wichtigsten jugendpolitischen Aufgaben für 1964 sein, die deutsch-französische Freundschaft auch in der Jugend so zu untermauern, dass sie zu einem tragfähigen Eckstein eines geeinten Europas wird."


Großes Sporttreffen vom DFJW-Kuratorium genehmigt

Über die zwischenzeitlich angelaufene Arbeit des DFJW berichtete das "Junge Wort", ein jugendpolitischer Nachrichtendienst im Februar 1964 wie folgt:

"Programm für den Deutsch-Französischen Austausch vorgelegt

(jw) Seine dritte Sitzung hielt das Kuratorium für das Deutsch-Französische Jugendwerk in Paris ab, um ein Programm zur Ausweitung des Jugendaustausches zu verabschieden. Genehmigt wurden insgesamt zwölf Projekte für das Jahr 1964. Dazu gehört ein Sporttreffen, das im Juli mit 250 jungen Sportlern in Berlin stattfinden soll. Im August wird eine Begegnung von Jugendchören durchgeführt unter Teilnahme von Chören auch aus Italien, England, Holland, Jugoslawien, Belgien, Spanien, Dänemark und der Schweiz.

Ein weiteres Projekt ist eine französische Wanderausstellung für deutsche Städte zur Unterrichtung über die Möglichkeiten des Jugendaustausches. Ferner soll der Sprachunterricht außerhalb der Schulen durch Beihilfen verschiedenster Art gefördert werden. Als Modellfall für den Sprachunterricht soll Bayern dienen, wo drei Sprachzentren mit hauptamtlichen Französischlehrern vorgesehen sind. Außerdem sollen 100 Jugendsprachkurse mit Lehrmaterial beliefert werden. Das Kuratorium beschloß weiter, in Paris ein Jugendheim mit 100 Betten zu errichten, das ausschließlich jungen Deutschen zur Verfügung gestellt wird. In Deutschland soll auf der Burg Liebenzell ein Austauschzentrum geschaffen werden. Von deutscher Seite wird betont, dass keine bestehenden Austauscheinrichtungen vom Jugendwerk in Regie genommen werden sollen. In den Richtlinien wurde festgelegt, den Austausch nicht nur auf der Ebene der Schüler und Studenten stattfinden zu lassen, sondern auch unter der arbeitenden Jugend. Ein erster Versuch soll mit dem Austausch von jeweils zehn Lehrlingen zwischen deutschen und französischen Automobilwerken unternommen werden. Die Gesamtzahl aller am Austausch beteiligten Jugendlichen wird für 1964 mit 100.000 in beiden Richtungen benannt. Französische Mitglieder des Kuratoriums brachten zum Ausdruck, man sei besorgt darüber, dass die deutsche Seite die Aufgaben des Jugendwerkes zu stark unter dem europäischen Aspekt sehe. Beobachter teilten mit, die französische Seite wolle den Jugendaustausch grundsätzlich weitgehend auf die beiden Nationen beschränkt wissen."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 40 / 29. September 2009, S. 37-38
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2009