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GESCHICHTE/157: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 47 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 37 / 8. September 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1963/II: Bundespräsident Lübke rief zur Olympiafahrt der Jugend nach Tokio auf
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 47)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Nach den überaus erfolgreichen Olympia-Jugendfahrten nach Helsinki 1952 und Rom 1960 wurde die Deutsche Sportjugend 1963 vom NOK und dem Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen (BMFJ) beauftragt, auch die Fahrt in die japanische Hauptstadt 1964 vorzubereiten und durchzuführen. Das deutsche Staatsoberhaupt persönlich erklärte sich bereit, im Juni 1963 die deutsche Jugend der Jahrgänge 1946 und 1947 über das Fernsehen und die Medien zur Teilnahme an dem entsprechenden Wettbewerb aufzurufen:

Dieser hatte folgenden Wortlaut:

"Aufruf des Herrn Bundespräsidenten an die deutsche Jugend zur Teilnahme am Wettbewerb für die Olympiafahrt der deutschen Jugend 1964 nach Tokio

Zu den XVIII. Olympischen Spielen, die im Oktober 1964 in Tokio stattfinden, wird der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen die Olympiafahrt der deutschen Jugend 1964 durchführen. Ebenso wie 1952 in Helsinki und 1960 in Rom sollen junge Menschen aus der Bundesrepublik die Olympischen Wettkämpfe miterleben und im Fernen Osten der Jugend der Welt begegnen. Der Aufenthalt in Tokio wird für sie zu einem besonderen Erlebnis werden und als bleibende Erinnerung in ihr Gedächtnis eingehen.

Nicht weniger wichtig als der Aufenthalt in Tokio ist das weitere Ziel der Olympiafahrt 1964: die Jungen und Mädchen aus dem freien Teil Deutschlands sollen bei dieser Gelegenheit Japan, das japanische Volk und die japanische Jugend kennenlernen. Die deutsche und die japanische Jugend haben seit vielen Jahren ein sehr herzliches Verhältnis zueinander. Die Olympiafahrt 1964 soll dazu beitragen, dieses Verhältnis durch den Austausch von Delegationen und durch gemeinsame Veranstaltungen noch enger zu gestalten. In unserer täglich kleiner werdenden Welt halte ich es für unerläßlich, der Jugend die Kenntnis anderer Länder und Völker immer umfassender zu vermitteln, um sie im guten Sinne des Wortes "weiterfahrener" zu machen.

Die Teilnehmer an der Olympiafahrt 1964 werden durch einen ersten Wettbewerb ausgewählt, der in den Ländern der Bundesrepublik im Frühjahr 1964 durchgeführt wird. Alle Jungen und Mädchen der Jahrgänge 1946 und 1947 können sich an diesem Wettbewerb beteiligen. Dabei kommt es jedoch nicht nur auf die sportlichen Leistungen an, sondern auch auf die geistige und musische Begabung, die zu einem wichtigen Teil unseres Menschenbildes gehören. Durch einen so gestalteten Wettbewerb soll das unvergängliche Ideal des alten Griechenland, aus dem die Olympischen Spiele entstanden sind, in unserer Zeit neu verwirklicht werden.

Die letzte Entscheidung über diejenigen Jungen und Mädchen, die Deutschland in Tokio vertreten sollen, wird in einem Bundesauswahllager in Berlin getroffen. Bei dieser Gelegenheit werden alle 600 Teilnehmer an der Bundesausscheidung die deutsche Hauptstadt, ihre besondere Lage und ihre beispielhaften kulturellen Einrichtungen kennenlernen.

Eine so weite Reise nach Japan zu machen und der Jugend aus aller Welt in Freundschaft zu begegnen, wird sicher für viele ein großer Ansporn sein.

Ich rufe daher alle Jungen und Mädchen der Jahrgänge 1946 und 1947 auf, an dem Wettbewerb Olympiafahrt der deutschen Jugend 1964 teilzunehmen.

Schon heute wünsche ich allen, die sich zur Teilnahme entschließen, für die Wettkämpfe viel Glück und Erfolg!

Dr. Heinrich Lübke Bundespräsident"


In vielen Schulen, Jugendheimen, Sportämtern und Vereinshäusern prangte vom Sommer 1963 an ein farbiges Plakat. Mit der aufgehenden Sonne Japans, einem Tempel davor und den fünf olympischen Ringen wurde zur Teilnahme an dem Wettbewerb für die Olympia-Jugendfahrt 1964 geworben. Von den über zehntausend Jugendlichen, die sich gemeldet hatten, qualifizierten sich in den Kreisausscheidungen im Frühjahr rund 6.000 für die Landesausscheidungen im April 1964 und von diesen wiederum 600 für das Bundesauswahllager in der Pfingstwoche 1964 im Volkspark Rehberge in Berlin.

Nach dem einwöchigen sportlich-geistig-musischen Dreikampf wurden vom damaligen Bundesjugendminister Dr. Bruno Heck und DSB - und NOK-Präsident Willi Daume am Schlusstag die fünf Bestplatzierten stellvertretend für alle 125 Jugendlichen geehrt, die sich für den Tokioflug qualifiziert hatten, darunter zahlreiche Mädchen und Jungen, die später als Aktive sogar Olympische Medaillen gewannen und/oder beruflich als Sportwissenschaftler, Pädagogen, Künstler oder Sportfunktionäre in den Folgejahren zum Führungsnachwuchs im deutschen Sport zählten.

Zentralkomitee für die sportwissenschaftliche Forschung gebildet Bereits 1954 war vom Deutschen Sportbund - insbesondere auf die Initiative von Präsident Willi Daume - als eingetragener Verein das "Kuratorium für die sportmedizinische Forschung" gegründet worden. Die für dessen Tätigkeit benötigten Mittel wurden vom Bundesministerium des Innern bereitgestellt, Neun Jahre später wurde im Oktober 1963 vom DSB eine umfassendere Förderung der Sportwissenschaften in die Wege geleitet.

In den Pressemitteilungen des DSB hieß es über die Bildung dieses "Zentralkomitees zur es zur Förderung der Forschung auf dem Gebiete des Sports" folgendermaßen:

"Zur Belebung und Förderung der Forschung auf dem Gebiete des Sports, vor allem aber auch zur Koordinierung der Forschungsaufgaben wurde im Senatssitzungssaal der Sporthochschule Köln unter Beteiligung namhafter Wissenschaftler und hervorragender Fachgelehrter auf Anregung des Deutschen Sportbundes (DSB) das "Zentralkomitee zur Förderung der Forschung auf dem Gebiete des Sports" gegründet. Diese Neugründung ist eine Fortentwicklung des seit neun Jahren bestehenden Kuratoriums für die sportmedizinische Forschung, sie beruht auf der Erkenntnis, daß es unumgänglich ist, die Förderung der Sportforschung auf eine Reihe weiterer Wissenschaftsgebiete auszudehnen.

Dem Komitee, an dessen Spitze der Präsident des Deutschen Sportbundes, Willi Daume, steht, gehören vom Amte her an: Prof. Dr. Knipping (Köln), Prof. Dr. Reindell (Freiburg) für das "Kuratorium für sportmedizinische Forschung", Prof. Dr. Burck (Kiel), Prof. Dr. Lersch (München) für das "Kuratorium für sportpädagogische Forschung", Ministerialdirektor Dr. Strahlau (Bonn für das Bundesgesundheitsministerium, Ministerialrat Dr. von Hovora (Bonn) als Bundessportreferent für das Bundesinnenministerium, Regierungsdirektor Rüngener (Düsseldorf) für die Ständige Konferenz der Kultusminister der deutschen Länder, Dr. Danz (Kassel) und Dr. Lotz (Würzburg) als Vertreter des Deutschen Sportbundes, Dr. Hohneck (Saarbrücken) für den Deutschen Sportärztebund und Oberstudienrat Starke (Hannover) als Vorsitzender des Ausschusses Deutscher Leibeserzieher.

Die Organe des Zentralkomitees sind das sportmedizinische und das sportpädagogische Kuratorium."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 37 / 8. September 2009, S. 38
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2009