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GESCHICHTE/147: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 42 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 30 / 21. Juli 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1962/I: DOG startete neue Aktion für den "Goldenen Plan"
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 42)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Mit einer neuen Aktion startete die Deutsche Olympische Gesellschaft in das Sportjahr 1962. Dafür nannte DOG-Präsident Dr. Georg von Opel in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung insgesamt acht Punkte. Man solle die bisherige Konzeption nicht als starr und unabdingbar für die Zukunft betrachten. Schon heute seien eine ganze Reihe von Faktoren zu erkennen, die einmal zu einer Revision im Sinne einer Anpassung an die Entwicklung zwingen würden. "Wir sehen aber in unserer Aussprache auch eine notwendige Ergänzung zu den so positiven Erklärungen, welche die Bundesregierung und die Fraktionen des Bundestages im Dezember 1960 bei der Hauptversammlung des Deutschen Sport-Bundes in Düsseldorf abgegeben haben. Wesentlich stärker als Bonn sind die Länder beteiligt, am stärksten aber wohl die Gemeinden. Wir möchten nun eine Reihe von Problemen zur Diskussion stellen, die im Zwischenbereich der Zuständigkeiten liegen, Fragen also, die sich aus der notwendigen Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden ergeben."

1. Bessere Koordination der Finanzmaßnahmen des Bundes und der Länder.
Die Steigerung der Länderzuschüsse von rund 45 Prozent (1960) auf 60 Prozent (1961) und auf etwa 75 Prozent (1962) entspricht den Vorschlägen des DOG-Memorandums. Doch dieses gute Gesamtergebnis wurde mit sehr unterschiedlichen Teilergebnissen in den einzelnen Ländern erzielt. Teilweise lagen die Unterschiede zwischen 34 und 88 Prozent! Finanzstärkere und finanzschwächere Bundesländer wird es auch in Zukunft infolge der strukturellen Unterschiede und trotz Länderfinanzausgleich geben. Doch eine gewisse Angleichung ist dann möglich, wenn der Bund künftig mit erheblich höheren Beiträgen helfen wird. Georg von Opel: "Wir schlagen daher vor, die Frage einer kontinuierlichen Steigerung aller Landesmittel im Zusammenhang mit der Erhöhung und der ausgleichenden Funktion der Bundesmittel gemeinsam zwischen Bund und Ländern zu prüfen."

2. Neuordnung der Vergabe der Ländermittel.
In der Regel müssen die erforderlichen Eigenmittel der Gemeinden heute noch 60 bis 70 Prozent betragen. Mit steigenden Zuschüssen des Bundes und der Länder sollten diese Mittel in erhöhtem Umfang auch jenen Gemeinden zufließen, die sich bisher einen wohlgeordneten Ausbau der Übungsstätten gar nicht oder nur unvollkommen leisten konnten.

Georg von Opel: "Wir schlagen vor, die Frage einer elastischen Handhabung des Zuschußwesens im Sinne einer stärkeren Differenzierung zu gunsten der finanzschwächeren und kleineren Gemeinden in den Landesregierungen unter Beteiligung der regionalen Kommunalverbände und der Landessportbünde zu prüfen."

3. Notwendige Ergänzung zu den heute gültigen baurechtlichen Vorschriften.
Das neue Bundesbaugesetz ist im Sinne des Goldenen Plans ein Fortschritt. Die als Vorschlag für die Länder ausgearbeitete Musterbauordnung ist allerdings nicht ausreichend, weil sie zwar die Zuordnung nach der Zahl, nicht aber nach dem Umfang der erforderlichen Kinderspielplätze vorsieht.

4. Entwicklung der Grundstückspreise.
Dieses Problem ist in größeren Städten zu einem außerordentlich hemmenden Faktor geworden. Will man aber eine gleichmäßige Verdichtung unseres Übungsstättengesetzes erreichen, darf man Gebiete mit dichter Bebauung trotz hoher Bodenpreise nicht ausklammern. Damit muß aber den Städten eine besondere finanzielle Hilfe für die früh anfallenden Grunderwerbskosten zuteil werden. Georg von Opel: "Wir schlagen vor, daß die Frage der Entlastung bei außergewöhnlich hohen Grunderwerbskosten, die uns ganz sicher vor ein hartes Entweder-Oder stellt, schon recht bald zwischen den Ländern und den regionalen Kommunalverbänden geprüft wird. Zur Lösung dieser Frage sehen wir auch Möglichkeiten außerhalb der direkten Übungsstättenbauförderung."

5. Die Folgekosten.
Diese Frage ist für die kleineren Gemeinden von Bedeutung. Georg von Opel: "Wir schlagen vor, diese so außerordentlich wichtige Frage zwischen den Ländern und den Kommunalverbänden zu prüfen. Da es sich in der Regel um schulisch genutzte Anlagen handelt, mußten auch hier zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden können."

6. Bildung kleiner Planungsgemeinschaften.
Freibäder, größere Turn- und Spielhallen, Lehr- und Kleinschwimmhallen sind nur größeren Einzugsbereichen zuzuordnen. Für viele kleine Gemeinden können sie daher nur in gemeinsamer Planung errichtet und unterhalten werden. Der Goldene Plan sollte von Anfang an auch im Bereich der Gemeinden bis zu 5.000 Einwohnern verwirklicht werden. Georg von Opel: "Wir wären sowohl dem Deutschen Gemeindetag als auch dem Deutschen Landkreistag dankbar, wenn sie sich bereitfinden würden, mit uns gemeinsam eine entsprechende Rahmenempfehlung auszuarbeiten."

7. Die Vergessenen.
Im Goldenen Plan-Memorandum war von den Landkreisen nicht die Rede gewesen. Im Benehmen mit dem Deutschen Landkreistag wurde eine Erhebung vorgenommen, wie stark die Landkreise am Goldenen Plan mitwirkten. Die Mittel stiegen von 9 Millionen (1959) auf 11,5 (1960) und 18,5 Millionen (1961). Im nächsten Haushaltsjahr werden es voraussichtlich 22,5 Millionen sein.

Die Behandlung ist unterschiedlich. 20 Prozent der Landkreise geben überhaupt keine Mittel, bei 22 Prozent liegen die Zuschüsse zwischen 20.000 und 100.000 Mark. Kann, ähnlich wie dies für Bund und Länder vorgeschlagen wurde, auch von den Landkreisen eine Anhebung der Mittel erwartet werden, und ist vor allen Dingen allen Landkreisen eine vergleichbare Leistung zuzumuten?

8. Entwicklung der Baukosten.
Die Baukosten sind seit 1959/60 um ca. 15 bis 20 Prozent gestiegen. Die Überlegungen im DOG-Memorandum dienten in erster Linie dazu, die zumutbare Mitwirkung des Bundes und der Länder festzustellen und die Diskrepanz ihrer bisherigen Leistungen im Verhältnis zu dem, was eigentlich geschehen müßte, deutlich zu machen. Solange die Förderungsbeiträge, die noch auf den alten Baupreisen fußen, in den jeweiligen Haushalten noch nicht erreicht sind, erscheint eine Korrektur der DOG-Vorschläge nicht angebracht.


Die Sportjugend in der Mitgliederstatistik 1961

Dass der Mitgliederschwund bei den älteren Jahrgängen der Sportjugend sich in den Jahren zwischen 1955 und 1961 wesentlich verringert hatte, stellte Piet von Hagen in der folgenden Analyse im Januar 1962 in der "Olympischen Jugend" fest:

"Die Deutsche Sportjugend befindet sich in einem permanenten Eingen um die Stellung und Bedeutung des Vereinsjugendleiters und damit um die richtige Verteilung des Gewichts der Jugend und Jugendarbeit in der deutschen Turn- und Sportbewegung. Welches Gewicht die Jugend in ihr wirklich hat, läßt sich am eindringlichsten mit der Sportstatistik belegen. Die Mitgliedsverbände des DSB haben nach der letzten Bestandserhebung 5.693.368 Mitglieder; das sind bei einer Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik von 56.173.200 gut 10,1%, davon 2.326.700 Jugendliche bis zu 21 Jahren.

Inwieweit die deutsche Turn- und Sportbewegung, und vor allem die Jugendleiter in Verein und Verband, eben diese Aufgabe im ganzen Volk erfüllen, kann nur daran abgelesen werden, wieviel Prozent der jeweiligen Altersgruppen in unserem Land einem Turn- und Sportverein angehören. Nach einer umfangreichen Statistik ergibt sich folgendes Bild (wobei die Prozentzahlen den jeweiligen Anteil an der Gesamtbevölkerung der entsprechenden Gruppen angeben):

Jungen:

14-18 J.: 1955 = 27,67%, 1957 = 31,86%, 1960 = 37,87%, 1961 = 39,21%

19-21 J.: 1955 = 14,22%, 1957 = 29,88%, 1960 = 29,45%, 1961 = 32,01%

Mädchen:

14-18 J.: 1955 = 10,12%, 1957 = 11,41%, 1960 = 13,22%, 1961 = 13,16%

19-21 J.: 1955 = 3,78%, 1957 = 7,15%, 1960 = 7,65%, 1961 = 8,39%

Ist dieses Zahlenbild recht erfreulich, selbst wenn die Entwicklung bei den Mädchen mit jener auf der männlichen Seite nicht Schritt halten kann, so ist doch mindestens ebenso wichtig, daß der Abgang nach dem 18. Lebensjahr merklich zurückgegangen ist. Betrug der Verlust bei den Jungen in der Gruppe der 19- bis 21jährigen gegenüber den 14- bis 18jährigen im Jahre 1955 noch 48,61% des Bestandes, so war im Jahre 1961 nur noch Mitgliederschwund an der genannten Altersschwelle von 18,36% festzustellen. Bei den Mädchen betrug der Verlust 1955 in der Gruppe der 19- bis 21jährigen gegenüber den 14- bis 18jährigen volle 62,5% des Bestandes. Im Jahre 1961 sind es nur noch 38,36%, eine Zahl, die sicherlich immer noch viel zu hoch ist und zu denken gibt, aber schon auf weitere Fortschritte hoffen läßt."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 30 / 21. Juli 2009, S. 27-28
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2009