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GESCHICHTE/143: Vor 100 Jahren wurde der Moderne Fünfkampf olympische Disziplin (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 27 / 30. Juni 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 100 Jahren wurde der Moderne Fünfkampf olympische Disziplin
Die 10. IOC-Session 1909 in Berlin erfüllte damit de Coubertins Lieblingswunsch

Von Friedrich Mevert


Gegenüber anderen Sportarten hatte der Moderne Fünfkampf über Jahrzehnte eine einzigartige Stellung im olympischen Rahmen, war doch das IOC zunächst selbst der internationale "Fachverband" für diesen sportlichen Mehrkampf, bis es im Rahmen der Olympischen Spiele in London 1948 zur Gründung einer eigenen Dachorganisation, der Union Internationale de Pentathlon Moderne (UTPM), kam.

Baron Pierre de Coubertin, der Begründer der olympischen Bewegung der Neuzeit, war zugleich der Schöpfer dieses Mehrkampfes, mit dem er nach dem Vorbild des griechischen Pentathlon der Antike der einseitigen Spezialisierung der Athleten entgegenwirken wollte. Zugleich wollte er wohl aber auch eine Verbindung zwischen den bürgerlich-zivilen und den militärisch-privilegierten Sportarten schaffen. Als sportlicher Wettbewerb wurde der Moderne Fünfkampf um 1900 zuerst in Schweden betrieben.

Vor hundert Jahren, Ende Mai 1909, setzte sich de Coubertin dann beim 10. IOC-Kongreß in Berlin mit seinem Wunsch durch, diesen Mehrkampf ins olympische Programm aufzunehmen. 1912 stand der Moderne Fünfkampf in Stockholm erstmals auf dem Programm der Olympischen Spiele und ist seitdem traditionell ein Wettbewerb des Olympiaprogrammes. Ab 1928 wurde der Moderne Fünfkampf sogar durch eine eigene Kommission des IOC betreut. Sportlich dominierten zunächst lange Jahre die Schweden in der Weltspitze, doch 1936 gelang dem Deutschen Gotthard Handrick mit dem Olympiasieg in Berlin der Einbruch in diese Phalanx. Der 2. Weltkrieg unterbrach die sportliche Entwicklung dieses Fünfkampfes jäh. Erst 1950 griff in der Bundesrepublik ein "Deutscher Ausschuss für Modernen Fünfkampf" des NOK diese Sportart wieder auf und schaffte die Grundlage für die Entwicklung eines eigenständigen Verbandes. In einzelnen Trainingszentren bei der Polizei, an einigen Universitäten und später auch bei der Bundeswehr wurde der Moderne Fünfkampf planmäßig gefördert. Doch dauerte es noch geraume Zeit, bis am 27. Mai 1961 in Warendorf der Deutsche Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) gegründet werden konnte. Durch in den Folgejahren nach und nach entstehende Landesverbände wurde die Entwicklung des Fünfkampfs maßgeblich beeinflusst und auch ein demokratischer Aufbau des Verbandes möglich.

1962 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften veranstaltet. 1964 folgten die ersten Deutschen Mannschaftsmeisterschaften, 1969 die ersten Junioren- und im Olympiajahr 1972 die ersten Jugend- und Schülermeisterschaften. Im gleichen Jahr wurde in Warendorf das Bundes- und Landesleistungszentrum mit Internatsbetrieb eingeweiht und schließlich 1973 der erste hauptamtliche Bundestrainer eingestellt. Diesen Stationen in der Entwicklung waren Bemühungen vorangegangen, die notwendigen administrativen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für eine systematische Schulungsarbeit und einen kontinuierlichen Wettkampfbetrieb zu schaffen. 1971 wurde eine überarbeitete Satzung angenommen. Erste Höhepunkte in der noch jungen Geschichte des Verbandes waren die Weltmeisterschaften 1970 und 1983 in Warendorf, der nicht nur als Reitsportzentrum bekannten Stadt im westfälischen Münsterland, die sich auch international im Modernen Fünfkampf einen großen Namen erworben hat. 1986 hat der DMVF an seiner "Wiege" in Warendorf sein 25jähriges Bestehen gefeiert.

Seit etwa vier Jahrzehnten haben auch Frauen und Mädchen den Modernen Fünfkampf entdeckt, gefördert vor allem durch den früheren DMVF-Präsidenten Prof. Dr. P. W. Henze (Göttingen), der bereits beim UIPMB-Kongress in Mexico die Einführung des Frauenfünfkampfes forderte und dann federführend bei der Erarbeitung der entsprechenden Wettkampfbestimmungen war. 1977 fand erstmals eine Deutsche Meisterschaft für Frauen statt, 1981 gab es die ersten Weltmeisterschaften und 2000 in Sydney die olympische Premiere für die Frauen mit der Britin Stephanie Cook als Siegerin.

Nach den Präsidenten Heinz Hax (1961 - 1964), Dr. Dr. Gerhard Stabenow (1964 - 1966), Prof. Dr. P. W. Henze (1966 - 1972) und Walter Grein (1972 - 1984) führt seit dem Herbst 1984 der Darmstädter Dr. Klaus Schormann den Verband. Seit November 1988 gehört Schormann zunächst als Vizepräsident auch zur Führungsspitze des Weltverbandes UIPM, dessen Präsidentschaft er seit 1993 innehat.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends erfasste die Modernen Fünfkämpfer zunächst große Unruhe, sollte doch im übervollen Wettkampfprogramm der Olympischen Spiele mit dem Modernen Fünfkampf ausgerechnet auch das sportliche Vermächtnis des IOC-Begründers gestrichen werden. Bei den Bemühungen, diese Absicht zu verhindern, hatte Klaus Schormann mit seinen Mitstreitern Erfolg, denn die IOC-Vollversammlung 2002 stimmte der Streichung nicht zu. Allerdings wurde in den letzten Jahren der von de Coubertin geförderte Fünfkampf total reformiert, und zwar zunächst durch die Umstellung vom früheren Fünf-Tage-Rhythmus auf ein Ein-Tages-Programm und dann auch in der Wettkampffolge der fünf Disziplinen. Beim UIPM-Kongress im November 2008 in Guatemala wurde Dr. Klaus Schormann mit großer Mehrheit für weitere vier Jahre als UIPM-Präsident wiedergewählt.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 27 / 30. Juni 2009, S. 42
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2009