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GESCHICHTE/122: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 26 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 13 / 24. März 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1957/III Gesundheitsfürsorge und Bürokratie im Sport
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 26)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Nur ältere Sportler erinnern sich heute noch daran, dass sie als sportbegeisterte Jugendliche vor fünf und mehr Jahrzehnten zunächst eine pflichtgemäße sportärztliche Reihenuntersuchung - wie man das nannte - über sich ergehen lassen mußten, egal für welche Sportart, bevor sie den ersten Wettkampf bestreiten konnten. Und diese Untersuchung mußte jedes Jahr wieder-holt werden. Wie notwendig damals solche Tauglichkeitsuntersuchungen waren, geht aus dem beispielhaft für alle Landessportbünde nachfolgend nachgedruckten Aufruf des Sozialausschusses des LSB Niedersachsen vom 15. Mai 1957 hervor:

"Die Einführung des Sportgesundheitspasses für die jugendlichen Turner und Sportler hat sich bewährt. In allen Kreisen des Landessportbundes Niedersachsen wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr die sportärztlichen Untersuchungen verstärkt durchgeführt. Die einsichtigen Jugendlichen haben die für sie kostenlose Untersuchung genutzt, um sich ihre Sporttauglichkeit bescheinigen zu lassen. Die verantwortungsbewußen Vereinsleiter, Mannschafts- und Riegenführer haben ihre zu betreuenden jungen Mitglieder zur Teilnahme an den Untersuchungsstunden angehalten. Und die Eltern unserer jungen Freunde begrüßen es, daß die Sportorganisation sich um die Gesundheit ihrer Kinder Sorge macht und eine Einrichtung geschaffen hat, die der vorbeugenden Gesundheitspflege dient. Der Staat und die meisten Kommunalverwaltungen unseres Landes unterstützen diese Maßnahme.

Aus der Statistik der sportärztlichen Untersuchungen des Jahres 1956/57 ergeben sich u. a. folgende Feststellungen: Bei 0,09 Prozent der Untersuchten (24) mußte ein dauerndes, bei 0,58 Prozent (163) ein zeitweises Sportverbot ausgesprochen werden. 3,45 Prozent (979) dürfen keinen Leistungssport treiben. 236 Untersuchten wurde eine sportliche Betätigung empfohlen, und 668 sollen zielgerichtete Leibesübungen betreiben. Auch der aus den Versicherungsakten erkennbare Schadensverlauf bei den über 18 Jahre alten Sportlern deutet auf die Notwendigkeit der sportärztlichen Untersuchungen hin. Unter den im letzten Geschäftsjahr gemeldeten Todesfällen sind mehrere, die aus einer Krankheitsursache resultieren. Beim Wettkampf oder am Turngerät hat niemand eine tödliche Verletzung erlitten.

Dieses Ergebnis sollte für alle Jugendlichen, deren Eltern und Betreuer eine ernste Mahnung sein, sich für die sportärztlichen Untersuchungen einzusetzen. Jeder Junge und jedes Mädel sollte die dem Sport innewohnende Möglichkeit zur Kräftigung des Körpers und der Stärkung der Gesundheit nutzen. Kranken kann ein unter sachgemäßer Leitung ausgeübter Sport zur Genesung dienen. An den Start zum Wettkampf gehört aber nur die gesunde Jugend, die den oft hohen Leistungsanforderungen körperlich gewachsen ist. Zur Überwachung und Beratung der jugendlichen Turner und Sportler haben sich die Sportärzte Niedersachsens zur Verfügung gestellt. Hören wir auf ihren Rat und lassen wir uns zur Bestätigung unserer Sporttauglichkeit den Sportgesundheitspaß ausstellen, der vom Landessportbund Niedersachsen eingeführt worden ist. Der Sozialausschuß des LSB"


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Etwas anderes ist im Laufe der letzten Jahrzehnte allerdings leider nicht aus dem Alltag vor allem der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vereinen und Verbänden verschwunden: Gemeint ist die Bürokratie, die das gemeinnützige Engagement nicht eben leichter macht. Während einerseits auch führende Politiker zu Recht immer wieder Vereinfachungen anmahnen, wucherte andererseits die oft völlig überflüssige Bürokratie auch im 21. Jahrhundert munter weiter. Hier - auch wiederum nur beispielhaft - ein Schreiben des Regierungspräsidenten von Hannover vom 9. Juli 1957 unter dem Aktenzeichen - V.(VII) - 304/57 - an den Landessportbund Niedersachsen, abgedruckt in der August-Ausgabe 1957 ä.er LSB-Zeitschrift "Sport in Niedersachsen":

"Betrifft: Zuwendungen des Bundes und des Landes. Wie aus einem Erlaß des Herrn Nieders. Kultusministers vom 5. Juli 1957 - IV B 2057/57 I - (Nds. Min. B. 57 und Schulverw. B1.57) zu entnehmen ist, werden die Eigentumsvorbehalte bei Zuwendungen des Bundes und des Landes an außerhalb der Landesverwaltung stehende Empfänger nicht genügend beachtet. Zwar wird eine Eintragung in das Bestandsbuch der Organisation vorgenommen (teils nur sehr provisorisch), der Vermerk über das Eigentumsrecht des Geldgebers fehlt aber, obgleich diese Bestimmung durch die Anerkennung der allgem. Bewilligungsbedingungen gem. § 64 a Abs. 1 der RHO (Informationsdienst 1955/56 Nr. 4, Amtl. Mitteilungen Ld.Sportbd. Nds. vom 1.3.1955 bzw. Nds. Min. Bl. 1954 S. 529) anerkannt wurde. Es genügt nicht, daß in der Geschäftsstelle der Zentrale ein Inventarverzeichnis geführt wird, sondern jedes Heim, Sportanlage und so weiter muß ein Geräteverzeichnis besitzen. Hinter den Geräten ist bei den aus öffentlichen Mitteln beschafften Gegenständen ein Vermerk aufzunehmen, daß der Gegenstand Eigentum des Landes bzw. Bundes ist. Auch die Bestimmung über die rechtsverbindliche Unterschrift ist nicht genügend beachtet worden. Der Heimleiter, Sportwart usw. ist oft nicht berechtigt, den Verein in vermögensrechtlichen Dingen zu vertreten. Anträge, Verpflichtungserklärungen und Verwendungsnachweise sind nur unter Beisetzung des Vereinsstempels durch den im Vereinsregister eingetragenen unterzeichnungsberechtigten Vorsitzenden zu vollziehen. Im übrigen ist zu beachten, daß Zusammenstellungen durch den Kassierer usw. bezüglich ihrer Richltigkeit bescheinigt werden müssen.

Bei mehreren Ausfertigungen ist jede im Original zu unterschreiben. Alle Ausfertigungen müssen auf festem Papier geschrieben werden.

Bei Zuschüssen für Baumaßnahmen oder Grundstückserwerb über 4.000 DM ist eine unverzinsliche Buchgrundschuld zugunsten der Bundesrepublik Deutschland (bzw. des Landes Niedersachsen), vertreten durch den Bundesminister des Innern (vertreten durch den Nds. Kultusminister, dieser vertreten durch den Regierungspräsidenten in ....), zu bestellen. Diese Grundschuld soll zur Sicherung eines gegebenenfalls entstehenden Rückzahlungsanspruchs des Bundes (Landes) dienen. Der Anspruch auf Eintragung der Grundschuld ist durch eine unwiderrufliche Vormerkung sichern zu lassen. Die Auszahlung der bewilligten Bundes-(Landes-)mittel erfolgt in der Regel erst nach Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Eintragung. Vorstehende Hinweise bitte ich in Ihrem Informationsblatt zu veröffentlichen. Im Auftrage: gez. Kenzler Beglaubigt Onn, Reg.-Angestellte"


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Weniger bürokratisch ging es dagegen bei der Abrechnung der Zuschüsse zu, die von der Bundesregierung dem DSB für die Förderung von innerdeutschen Sportbegegnungen zur Verfügung gestellt wurden. Über "Änderungen der Richtlinien über die Zuschüsse für Ost-West-Begegnungen" informierte der DSB im Oktober 1957: "Von der Möglichkeit, bezuschußte sportliche Ost-West-Begegnungen durchzuführen, haben so zahlreich Vereine Gebrauch gemacht, daß die zur Verfügung stehenden Mittel zur Neige gehen. Die nach wie vor unvermindert zahlreich eingehenden Anträge zwingen den Deutschen Sportbund deshalb, einige Einschränkungen im Bewilligungsverfahren vorzunehmen, damit noch viele Vereine in den Genuß der Zuschüsse kommen können. Wir bitten, folgendes zu beachten:

1. Der Deutsche Sportbund bezuschußt grundsätzlich nur sportliche Erwachsenenbegegnungen und darunter ausschließlich solche, die im Gebiet der Bundesrepublik stattfinden.

2. Bei Begegnungen von Jugendmannschaften besteht die Möglichkeit, einen Zuschuß über die Deutsche Sportjugend zu erhalten. Derartige Zuschüsse sind beim Sekretariat der Deutschen Sportjugend in Frankfurt (Main), Arndtstraße 39, zu beantragen.

3. In Abänderung der bisherigen Richtlinien des Merkblattes werden ab 1.9.1957 im allgemeinen bewilligt:

a) Tage- und Übernachtungsgelder in der bisherigen Höhe, jedoch nur für höchstens fünf Tage und 20 Personen je Begegnung.

b) Fahrtkosten einer Gesellschaftsfahrt vom Grenzbahnhof bis Veranstaltungsort und zurück, soweit die Bundesbahn in Anspruch genommen wird. Hierfür muß eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Bundesbahnstelle vorgelegt werden, wonach die Fahrkasten bezahlt worden sind.

Sollten die Gäste mit eigenen Autobussen kommen, so können für die Rückfahrt nur nachgewiesene Kosten für Treibstoffe und Öle, soweit sie in der Bundesrepublik gekauft worden sind, erstattet werden. Tankstellen-Quittungen der SBZ werden nicht anerkannt.

Auszahlungen von DM-Westbeträgen für Pauschalabgeltung der Fahrtkosten oder sonstige pauschale Vereinbarungen verstoßen gegen die devisenrechtlichen Bestimmungen und können deshalb in keinem Falle erstattet werden.

c) Die bisherigen Zuschüsse für kulturelle Betreuung in Höhe von 1,50 DM je Tag fallen weg.


An Nachweisen sind beizubringen:

a) Für Tage- und Übernachtungsgelder eine Bescheinigung des Vereinsvorsitzenden des gastgebenden Vereins, daß die Beträge in der angegebenen Höhe ausgezahlt worden sind.

b) Nachweis der Fahrtkosten durch Bescheinigung der Bundesbahn oder durch Beifügung von Tankstellenquittungen und Bescheinigungen der Autobusunternehmen. In letzterem Falle muß jedoch eine Vergleichsbescheinigung (Kostenanschlag) der Bundesbahn beigefügt werden.

c) Eine Bescheinigung, daß für den gleichen Zweck nicht auch von anderer Stelle eine Beihilfe beantragt oder gezahlt worden ist. Grundsätzlich können die Zuschüsse nur in der Höhe der Bewilligung abgerechnet werden. Nachträgliche zahlenmäßige Erhöhung der Teilnehmer oder Verlängerung der Aufenthaltstage können nur in besonderen Fällen anerkannt werden."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 13 / 24. März 2009, S. 31
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2009