Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

FINANZEN/084: Sportausschuß beschloß Sportfördermittel im BMI-Haushalt (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 43 / 21. Oktober 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Sportausschuss beschloss Sportfördermittel im BMI-Haushalt
Antrag auf Haushaltssperre für den BDR auf den 12. November vertagt

Von Holger Schück


Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hat auf seiner 59. Sitzung abschließend über die Sportfördermittel für 2009 in den Etatentwürfen des Bundesinnenministeriums beraten und seine "gutachterliche Empfehlung" für den Haushaltsausschuss abgegeben. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde das Gesamtvolumen (ohne Bundespolizei und BISp.) auf 129,85 Millionen Euro festgelegt. Der Titel "Zentrale Maßnahmen", der Kernansatz der Leistungssporförderung, wurde mit dem Votum des Ausschusses endgültig nicht über die vom Innenministerium veranschlagte Summe von 88,021 Millionen Euro aufgestockt.

Der DOSB hatte für seine Fachverbände für 2009 eine Mittelsteigerung von 12,7 Millionen Euro gefordert, um in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2012 in London gezielter arbeiten zu können. Das Ministerium hatte den Ansatz dieser Haushaltsposition jedoch lediglich um drei Millionen Euro gegenüber dem Olympiajahr 2008 gesteigert. Zuvor hatten sich die Sportpolitiker der Koalition darauf geeinigt, dass eine Erhöhung um drei Millionen Euro gegenüber dem Olympiajahr 2008 diesmal genügen müsse. "Es ist momentan in der Realpolitik psychologisch schwierig, über Erhöhungsanträge zu diskutieren", erklärte der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Klaus Riegert. "Bei der allgemeinen Haushaltslage des Bundes, der größere Geldpakete zur Vermeidung einer großen Finanz- und Wirtschaftskrise schnüren musste, ist es für den Sport ein Erfolg, wenn wir die Sportförderungsansätze in dieser Höhe halten können." Riegert verteidigte auch die Position, dass die Stiftung Deutsche Sporthilfe 2009 definitiv keine Sonderförderung aus Bundesmitteln erhalten wird. Wegen zurückgehender Erträge war der Sporthilfe für das laufende Jahr eine Sonderzuweisung von einer Million Euro bewilligt worden.

Anträge der Oppositionsfraktionen FDP und Bündnis 90/Die Grünen, einzelne Titel zu erhöhen oder neue Maßnahmen in die Projektförderung einzubringen, scheiterten an der Koalitionsmehrheit. So hatte Grünen-Sportsprecher Winfried Hermann zehn Millionen Euro für ein gesamtdeutsches Sportstättenprogramm für Anlagen des Breitensports gefordert. Damit nahm er Bezug auf sportpolitische Initiativen der letzten Monate, einen sogenannten Goldenen Plan 3, der bundesweit aufgelegt werden sollte, mit einer Bundesfinanzierung zu begründen. "Wir benötigen eine modellhafte, ökologisch getragene Sanierung von Sportstätten zwischen Flensburg und Mittenwald", erklärte Hermann. "Der Klimaschutz, Energieeffizienz und andere Komponenten des Umweltschutzes müssen wesentliche Bestandteile sein."

Nach dem Haushaltsentwurf des Bundes für 2009 sollen insgesamt 218,547 Millionen Euro für die Sportförderung (laufendes Haushaltsjahr: 217,752 Millionen Euro) bereitgestellt werden. Diese hat damit einen Anteil von 0,7 Promille aller im Etatentwurf veranschlagten Ausgaben des Bundes. Der Haushaltsplan soll in der letzten Novemberwoche vom Deutschen Bundestag als Anlage zum Haushaltsgesetz beschlossen werden. Das vorletzte Wort hat der Haushaltsausschuss, in dessen sogenannter Bereinigungssitzung am 13. November noch Nachbesserungen an den Etat-Positionen des Sports möglich sind.

Kurz vor Beginn der Ausschusssitzung hatte Winfried Hermann den Antrag eingebracht, 2009 alle Leistungssportmittel für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) komplett zu streichen. Ein dopingfreier Radsport sei zurzeit nicht möglich, heißt es in der Beschlussvorlage. Hermann sagte: "Wir waren schon letztes Jahr der Meinung, dass eine qualifizierte Haushaltssperre für die Verbände erforderlich ist, die nach dem Zwischenbericht der Task Force des BMI keinen klaren Antidoping-Kurs verfolgen. Jetzt ist es endlich Zeit zu handeln, denn der BDR hatte angekündigt, einiges zu tun. Nichts ist passiert. Es gab Verstöße gegen klare Regelungen des Bundes, und das ist völlig inakzeptabel. Die Sprache des Geldes ist die beste."

"Der Radsport zeigt einen Sumpf, dem wir als Parlamentarier etwas entgegensetzen müssen", erklärte der CDU-Abgeordnete Peter Rauen, auch stellvertretender Ausschussvorsitzender, im unmittelbaren Anschluss. "Offenbar ist in dieser Sportart Doping so eingerissen, dass es ohne pharmazeutischen Betrug nicht mehr geht. Wir müssen jetzt ein Stopp-Schild setzen, ein ganz klares Zeichen ohne Wenn und Aber." Rauen unterstützte dabei den Sinngehalt der Grünen-Initiative. In seinem Wahlkreis seien das Team Gerolsteiner, das jetzt aus dem Profiradsport ausgestiegen ist, und das Sponsor-Unternehmen, das sauberes Quellwasser verkaufe, beheimatet. Der Bevölkerung in der Eifel sei eine Haltung der Toleranz und des Wegsehens nicht mehr zu vermitteln, ergänzte Rauen.

Dagmar Freitag, sportpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte, bei den Deutschen Meisterschaften der Mountainbiker Ende September in Singen habe es einen "ganz klaren Verstoß gegen Zuwendungsrecht" gegeben. Bei dieser DM soll es nach Medienberichten keine Dopingkontrollen gegeben haben. "Es gibt allerdings nicht nur Profis wie Stefan Schumacher, die nach Belieben gedopt haben", ergänzte Frau Freitag. "Es gibt auch andere Sportler", die etwa auf regionaler Ebene Amateurrennen führen. "Deshalb sollten wir mit Augenmaß vorgehen", legte sie dar. Es gelte, eine "ganz harte Gangart" anzulegen; es dürften andererseits die Strukturen, die Arbeitnehmer des Verbands betreffen, nicht bestraft werden. So sei es zu vermeiden, dass wegen fehlender Bundesmittel Mitarbeiter beim BDR entlassen werden.

Eberhard Gienger, stellvertretender Sportsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, brachte zum Ausdruck: "Bevor wir zum härtesten Schwert greifen, müssen wir den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben." Detlef Parr (FDP) meinte, es dürfte nicht der Radsport in seiner Gesamtheit verurteilt werden - überhaupt sei eine Haushaltssperre eine "symbolpolitische Reaktion". Winfried Hermann stellte daraufhin mündlich einen Erweiterungsantrag: "Der Sportausschuss empfiehlt dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, die Mittel für den Bund Deutscher Radfahrer zu sperren (und nicht zu streichen)."

Steuermittel würden mit der Erwartung ausgereicht, dass nur sauberer Sport gefördert wird. Das erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Dr. Christoph Bergner (CDU). Die NADA habe zwischenzeitlich eine Erklärung vom BDR abverlangt, wie die Vorkommnisse der Mountainbike-DM zu qualifizieren seien. Das sei ein Verstoß gegen den NADA-Code gewesen, der wesentlicher Bestandteil der Bewilligungsbescheide seines Hauses und des Bundesverwaltungsamts sei. Dr. Bergner: Wir können für 2009 nicht anordnen, dass jetzt präventiv gestoppt wird, weil uns die Bilanz 2008 nicht gefallen hat." Es gelte bei der Beurteilung des Ausschusses, dass die verwaltungsrechtlichen Konsequenzen zu beachten sind, sagte er.

Der Sportausschuss-Vorsitzende und SPD-Parlamentarier Dr. Peter Danckert entgegnete: "Herr Dr. Bergner, niemand in Ihrem Haus hat es gewagt, ein Zeichen zu setzen. Jetzt müssen wir dem Haushaltsausschuss die Empfehlung geben, ein Teil der Mittel zu sperren und nicht zu streichen." Nicht in Ordnung seien die Gesamteinstellung des Verbandes, das Verhalten der handelnden Funktionäre und überhaupt die gesamte Struktur, begründete er. Da der Bund gar nicht den Nachwuchs fördere und die Mittel aus dem Titel "Zentrale Maßnahmen" mit der klaren Zweckbestimmung für den Hochleistungssport ausgereicht würden, sei eine qualifizierte Sperre das probate Mittel, den Verband zu einer Kurskorrektur zu zwingen.

Auf Antrag von Union und SPD wurde nach 90-minütigere Debatte ein Aufschub der Entscheidung über eine Sperre beschlossen. Zur nächsten Ausschusssitzung am 12. November (13.00 Uhr) soll BDR-Präsident Rudolf Scharping eingeladen werden, um seine Sicht der Dinge darzustellen. Über den Sperrvermerk im Haushaltsplan kann dann einen Tag später auf der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses abschließend beraten werden. Zuvor werden die Sportpolitiker ihre gutachterliche Empfehlung an den federführenden Ausschuss geben. Dr. Bergner unterbreitete sodann das Angebot, dass das Ministerium bei der Formulierung eines Sperrvermerks helfend zur Seite stehen werde.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 43 / 21. Oktober 2008, S. 15
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2008