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FINANZEN/081: Mehr Sportfördermittel für die "Nichtolympischen" (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Fahrion im Sportausschuss: Mehr Sportfördermittel für die "Nichtolympischen"
Mittelsteigerung, aber kleinerer Anteil an der Gesamtförderung des BMI-Etats

Von Holger Schück


Die Interessengemeinschaft der Nichtolympischen Verbände im DOSB fordert für Aktivitäten im Spitzensport einen höheren Anteil von Fördermitteln aus dem Titel "Zentrale Maßnahmen" des Bundesinnenministeriums. Das machte der neugewählte Sprecher Gunter H. Fahrion im Sportausschuss des Deutschen Bundestages deutlich. "Leistungssport darf kein olympisches Monopol haben", erklärte er. "Erfolge sind nicht nur olympisch. Vielmehr tragen wir einen bedeutenden Anteil zum internationalen Ansehen des deutschen Sports bei." Die "Nichtolympischen" mit ihren 27 Verbänden vertreten knapp 15 Prozent aller Sportvereinsmitglieder (3,6 Millionen). Es war das erste Mal, dass ein Sprecher der Nichtolympischen Spitzenverbände im Parlamentsausschuss vortragen konnte.

Die Faktenlage: 19 der 27 nichtolympischen Verbände erhalten in diesem Jahr aus der Spitzensportförderung des Bundes 2,15 Millionen Euro insgesamt (1,14 Mio. Jahresplanmittel und 1,01 Millionen Euro für Leistungssportpersonal). Das sind 450.000 Euro mehr als im Vorjahr. Allerdings wurden die gesamten Fördermittel für Aufgaben des Hochleistungssports im Bundeshaushalt um 13 Millionen Euro auf nunmehr insgesamt 84 Millionen Euro aufgestockt. Der realen Steigerung von 26,5 Prozent steht allerdings ein völlig anderer relativer Ansatz gegenüber: 2007 bekamen die "Nichtolympischen" drei Prozent der Mittel - jetzt, nach der Erhöhung, beträgt der Anteil 2,5 Prozent.

Fahrion, der Präsident des Deutschen Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verbandes ist, trug weiter vor: Die meisten A-Kader-Mitglieder seien berufstätig, müssten Training mit Arbeit und Familie koordinieren und bei über 50 Prozent aller Verbände "einen erklecklichen Teil der Reisekosten zu internationalen Meisterschaften aus der eigenen Tasche beisteuern". Eine Verbandsförderung mit etwa 25.000 Euro Jahresplanmittel, was für die Hälfte der geförderten Verbände zutreffe, reiche nicht zur Finanzierung von Lehrgängen und Reisekosten zu Welt- und Europameisterschaften aus. Sporthilfe sei für die meisten Aktiven ein Fremdwort; die wenigen Begünstigten hätten jetzt sogar noch eine Halbierung der ohnehin geringen Zuschüsse hinnehmen müssen.

Die weitgehende finanzielle Ausgrenzung der "Nichtolympischen" sei, so Fahrion, aus vielen Gründen unlogisch - vor allem wegen der Zukunftsplanung des olympischen Programms: Baseball und Softball scheiden nach Olympia in Peking aus dem Kreis der olympischen Verbände aus. 2009 will das IOC zu den 25 Kernsportarten zwei zusätzliche Sportarten mit Wild Cards für 2016 aufnehmen: entweder wieder Softball und Baseball, oder es werden aus den drei nichtolympischen Sportarten Golf, Rugby und Squash zwei neue ausgewählt. Und ab 2013 werden alle vier Jahre drei Sportarten (keine Disziplinen!) neu auf den Olymp gehoben; sie sollen ab 2010 wechselnd dem olympischen Programm angehören. Alle Anwärter dafür sind nichtolympische Verbände. Fahrion: "Wenn wir heute nicht den Grundstein legen, dann haben wir in ein paar Jahren international wieder keine Chance, wenn diese Sportarten olympisch werden. Deshalb sollten schon jetzt unsere Sportarten angemessen gefördert werden, damit wir internationale Vergleichskämpfe bestreiten können. Nur so können wir, wenn dann diese ins olympische Programm kommen, auch adäquat im Medaillenspiegel vertreten sein." Angemessene Zuschüsse sollten auch Mittel zur Spitzentrainer-Finanzierung enthalten. Eile sei auch geboten, so der Stuttgarter Funktionär, weil die World Games 2009 im taiwanesischen Kaohsiung vor der Tür stehen. Duisburg 2005 hatte diese Nationenbilanz: Hinter Russland, das seine "Nichtolympischen" optimal fördere, belegte Deutschland im Konzert der 88 Nationen sensationell Rang zwei. Fahrion: "Wir wollen nicht, dass den olympischen Verbänden etwas weggenommen wird, sondern wir bitten darum, dass wir angemessener gefördert und unterstützt werden. Wer von der Politik ignoriert wird, tut sich schwer bei der Drittmittel-Akquisition und mit Sponsoren."

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Dr. Christoph Bergner (CDU), wies auf die Systematik hin, die sein Haus bei der Zuteilung der Haushaltsmittel in fachlicher Abstimmung mit dem DOSB berücksichtige. Allerdings signalisierte er Bereitschaft zum Überdenken. Dr. Bergner: "Das Wachstum der Olympischen Spiele hat zur Folge, dass weniger beliebte Sportarten, wie der Moderne Fünfkampf, aber auch teure Disziplinen wie Kanuslalom um den Verbleib im olympischen Programm zittern müssen." Es sei denkbar, dass weitere "Nichtolympische" Einzug halten könnten, nachdem in den letzten 25 Jahren Tischtennis, Tennis und Badminton als Sportarten und etwa Snowboard und Beachvolleyball als Disziplinen hinzukamen. DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper erläuterte, der Präsidialausschuss Leistungssport des DOSB beschäftige sich mit einem neuen Förderkonzept, das von der Mitgliederversammlung beschlossen werden müsse. "Wegen der schwierigen Finanzlage des DOSB können wir leider nicht alle Bereiche so fördern, wie wir es wollen", sagte er.

Für den Deutschen Alpenverein (DAV) erklärte Hauptgeschäftsführer Thomas Urban, neben den Sporttauchern blicke auch die Boom-Sportart Sportklettern ins Leere. "Wir zahlen nicht unerhebliche Beiträge an den DOSB: 40.000 Euro im Jahr", sagte Urban. "Finanzielle Hilfe erhalten wir keine, auch keine politische Unterstützung im Spitzensport." Frustriert seien die 2.500 Sportkletterer mit Kaderstatus: Wollen sie Leistungen von den Olympiastützpunkten in Anspruch nehmen, müssten sie Gebühren zahlen; oder die Türen der Zentren seien sogar komplett verriegelt. Sportfördermittel aus dem BMI-Haushalt gebe es genauso wenig wie Organisationszuschüsse für Weltmeisterschaften, beklagte Urban. Verlangt werde vom BMI, dass der DAV seine Rücklagen für den Erhalt des alpinen Wegenetzes oder für den Gletscherschutz auflöse und letztendlich für die Sportförderung nutze. "Es ist eine absurde Argumentation, dass wir zwingende kaufmännische Grundsätze außer Acht lassen sollen", meinte Urban. "Wir erwägen den Austritt aus dem DOSB. Die Entscheidung wird in den nächsten zwei bis drei Jahren definitiv fallen."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 18/29. April 2008, DOKUMENTATION II-III
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2008