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BERICHT/680: Kamerun - Regierung lässt Spitzenathleten im Regen stehen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. August 2012

Kamerun: Einkommen und Trainingsbedingungen für Sportler miserabel - Regierung lässt Spitzenathleten im Regen stehen

von Ngala Killian Chimtom

Victorine Fomum, Afrika-Tischtennismeisterin 2005, erhielt von der Regierung ganze 25 Dollar als Prämie - Bild: © Ngala Killian Chimtom

Victorine Fomum, Afrika-Tischtennismeisterin 2005, erhielt von der Regierung ganze 25 Dollar als Prämie
Bild: © Ngala Killian Chimtom

Yaoundé, 24. August (IPS) - Die Kamerunerin Victorine Fomum wurde 2005 afrikanische Meisterin im Tischtennis - trotz der schlechten Übungsbedingungen in ihrem Heimatland. So kam es vor, dass sie ohne Schläger und Bälle trainieren musste. Auch gute Tischtennisplatten waren Mangelware. Ebenso dürftig wurde sie für ihre Leistung belohnt: Sie erhielt einen Scheck über umgerechnet 25 US-Dollar.

Noch geringer fallen die Preisgelder auf lokaler Ebene aus. "Ich habe häufig sogar nur zehn Dollar bekommen. Und dass, obwohl ich Gold gewonnen habe! Wenn ich keine Staatsbedienstete wäre, hatte ich sicherlich schon die Flucht ergriffen", sagt Fomum.

Die Athletin bezieht sich damit auf sieben Sportlerkollegen, die nach den Olympischen Spielen in London geblieben sind. Die Gründe liegen für sie auf der Hand: "Die Trainingsbedingungen hier sind schauderhaft", erklärt sie.

Die fünf Boxer, ein Schwimmer und ein Fußballer hatten heimlich das Olympische Dorf verlassen und in Großbritannien Asyl beantragt. Sie hätten in ihrer Heimat keine Möglichkeit, sich angemessen auf Wettkämpfe vorzubereiten, gaben sie an.

Einer der Boxer, Thomas Essomba, sagte der BBC, Kamerun könne ihm nicht dieselben Bedingungen bieten wie Großbritannien. "Wir wollen doch nur Champions werden", meint er. "Das Wichtigste ist nun, Sponsoren zu finden und Boxclubs beizutreten."

Fußball ist in dem zentralafrikanischen Staat der beliebteste Sport. 1990 erreichte die Nationalelf als erste afrikanische Mannschaft das Viertelfinale der Weltmeisterschaft. Dennoch fehlt es dort nach wie vor an der notwendigen Infrastruktur und Geldern, um Talente zu fördern.

Der Weltfußballverband FIFA stuft Kamerun derzeit auf Rang 59 ein - acht Plätze vor Südafrika, das über wesentlich mehr Ressourcen verfügt. Der Kapstaat wird 2013 den 'African Nations Cup' für rund 400 Millionen Dollar ausrichten. Drei Viertel der Summe kommen vom Nationalen Fußballverband.


Symbolische Preisgelder

In Kamerun fließt deutlich weniger Geld. Der Sportreporter Simon Lyonga, der für den kamerunischen Rundfunk arbeitet, erzählt, dass Fußballspieler etwa 25 Dollar im Monat verdienen. Und bei Wettbewerben würden eher symbolische Preisgelder gezahlt. So sei es nicht selten, dass Goldmedaillengewinner nur sechs Dollar erhielten.

Selbst in einem Staat, in dem nach Erkenntnissen der Weltbank 40 Prozent der Einwohner unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 Dollar täglich leben, sind sechs Dollar sehr wenig. "Zu den Bedingungen wollen junge Talente sicherlich nicht hierbleiben", meint Fondo Sikod, der Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Yaoundé lehrt.

Fomum hat mehr als 50 Trophäen gesammelt. "Wenn man dies sieht, könnte man denken, ich sei reich. Außer dem Ruhm ist aber nicht viel dabei herausgekommen. An den finanziellen Teil zu denken, ist ziemlich frustrierend."

Selbst der Präsident des kamerunischen Olympischen Komitees, Kalkaba Malboum, räumt ein, dass die Trainingsmöglichkeiten im Land schlecht sind. "Unsere Athleten überlegen deshalb nicht lange, wenn sie die Chance haben, in andere Länder zu gehen, in denen die Bedingungen besser sind", sagte er Anfang August im Fernsehen. "Dort können sie sich den Traum erfüllen, Profis zu werden und mehr Geld für sich und ihre Familien zu verdienen."

Ein Beispiel für die unzureichende Infrastruktur ist das Ahmadou-Ahidjo-Stadion, das für den 'African Nations Cup' 1972 gebaut wurde und immer noch das wichtigste Stadion in Kamerun ist. Wegen des schlechten Zustands hat es die FIFA allerdings schon mehrmals für internationale Wettbewerbe gesperrt.


Internationale Wettkampfprämien offensichtlich zweckentfremdet

Lyonga führt diese Missstände auf den mangelnden politischen Willen der Regierung zurück, etwas daran zu ändern. Mit fehlenden Mitteln habe das nichts zu tun. Der Reporter wirft den Verantwortlichen vor, internationale Wettkampfprämien nicht wie vorgesehen in den Ausbau und Unterhalt der Infrastruktur gesteckt zu haben. "2010 bekam Kamerun 800.000 Dollar für die Teilnahme am Weltcup in Südafrika. Über die Verwendung der Gelder kann man nur mutmaßen."

In diesem Jahr wird Kamerun voraussichtlich ein Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent verzeichnen. Das wäre ein Anstieg um 0,4 Prozent im Vergleich zu 2011. Malboum gibt sich zuversichtlich, dass die Regierung nun endlich mehr in den Sport investieren wird.

Zurzeit ruhen die Hoffnungen jedoch noch auf der chinesischen Regierung, die sich derzeit an den Kosten für den Bau von vier insgesamt 661 Millionen Dollar teuren Stadien beteiligt. Außerdem ist geplant, in Obala vor den Toren der Hauptstadt Yaoundé ein olympisches Vorbereitungszentrum zu errichten. Die Sportler wünschen sich indes, dass sie künftig auch von privaten Sponsoren unterstützt werden. "Bis jetzt kämpft jeder Athlet für sich allein", stellt Fomum fest. Auch sie musste ihre persönlichen Ersparnisse einsetzen, um ihre Karriere voranzubringen. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://de.fifa.com/associations/association=cmr/index.html
http://www.olympic.org/cameroon
http://www.ipsnews.net/2012/08/cameroonian-athletes-braving-the-odds/

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vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. August 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. August 2012