Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

BERICHT/521: Die Kirche steht mitten im olympischen Leben (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 36 / 2. September 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Die Kirche steht mitten im olympischen Leben

Olympiapfarrer nehmen eine Fülle von Aufgaben wahr


Friedhelm Kreiß, Ehrenmitglied des Deutschen Sportbundes und des Deutschen Ruderverbandes, hat in seiner ehrenamtlichen Funktion als Vorsitzender des Landesarbeitskreises "Kirche und Sport" NRW in einem Interview mit der Internetredaktion der Deutschen Bischofskonferenz (katholisch.de.) zur Zusammenarbeit von Kirche und Sport bei den Olympischen Spielen Stellung genommen und im Rahmen von zwölf Fragen des Redakteurs Markus Schuppe dargestellt, wie das konkrete Zusammenspiel zwischen Kirche und Sport bei einem Großereignis wie den Olympischen Spielen funktioniert.

Kreiß wies einleitend auf die seit Jahrzehnten gewachsenen Strukturen einer Zusammenarbeit von Kirchen und Sport auf Bundes- wie auf Landesebene hin, durch die eine formelle wie auch inhaltliche Kooperation möglich sei. Die konkrete Zusammenarbeit beginne weit vor den Olympischen Spielen durch Abstimmungen mit der Mannschaftsleitung, durch Besuche bei Wettkämpfen und Trainingslagern und den Aufbau von Kontakten zu den Athleten und Funktionsträgern. Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports für die Kirche zeige sich auch darin, dass der Papst kürzlich sogar ein Sportreferat im Vatikan eingerichtet und den deutschen Sportwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Müller in ein Laiengremium beim Heiligen Stuhl berufen habe. Der Sport habe z.B. auch dafür gesorgt, dass die Kirchen und Landesarbeitskreise "Kirche und Sport" NRW in die Ausbildung der Diplomtrainer an der Trainerakademie des DOSB in Köln eingebunden worden seien.

Kreiß betonte, dass die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) benannten beiden Olympiapfarrer keineswegs "Exoten" in der Olympiamannschaft seien, sondern vielfältige Aufgaben bei der Betreuung der Athleten wahrnehmen und die Kirchen "mittendrin" im Olympischen Dorf stünden. Angebot kirchlicher Feiern, gemeinsame Gebete oder die Abnahme der Beichte seien nur die eine Seite, hinzu kämen zahlreiche Gespräche mit Athleten über Sorgen und Probleme beruflicher und familiärer Art. Wenn auch im olympischen Raum Religionsgemeinschaften bestimmten Repressalien unterliegen, sei es wichtig, dass diese Unterdrückungen öffentlich gemacht werde. Wenn Menschenrechte beeinträchtigt und immer noch mit den Füßen getreten werden, so wachse die Chance für Veränderungen, je stärker der Weitblick auf dieses Land gerichtet werde.

Kreiß machte auf weitere Punkte aufmerksam, z. B. Distanzwahrung gegenüber dem Leistungssport und der enormen Kommerzialisierung. Die Kirche dürfe gegenüber wesentlichen gesellschaftlichen Bereichen nicht auf Distanz gehen, sondern müsse sich aufdrängen und einmischen. Aber nur den Zeigefinger erheben nütze nichts, wenn es nicht gelinge, das System zu verändern. Kreiß lehnte ab, Doping freizugeben und die Forderung nach einem sauberen Sport fallen zulassen. Das Ziel der Olympischen Spiele sei ein Sport, der in Fairness, Ehrlichkeit, Achtung des Gegners und unter ethischen Aspekten betrieben werde. Wer für einen fairen Sport sei, akzeptiere die in den Statuten der Nationalen Anti-Doping-Agentur festgeschriebenen Regeln. Die Freigabe aller Mittel stürze den Sport in eine Spirale der Manipulation durch die Chemie, nehme dem Sport die Ehrlichkeit und gefährde darüber hinaus die Gesundheit der Athleten.

Auf die abschließende Frage, warum sich die Deutsche Jugendkraft (DJK) gegen eigene Olympische Jugendspiele ausgesprochen habe, die das IOC erstmals 2010 in Singapur durchführen will, machte Kreiß auf die drohende Kommerzialisierung auch in diesem Bereich aufmerksam. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Olympische Spiele für 14.- bis 18-jährige inszeniert werden sollten, "um die Kasse des IOC zu füllen." Das eigentliche Gegenargument sei jedoch pädagogischer Natur. Kreiß warnte davor, Jugendliche in diesem Alter in zu vielen nationalen und internationalen Wettkämpfen einzusetzen. "Sie werden zu früh an ihre Grenzen herangetrieben, verlieren unter Umständen die Motivation, im Seniorenbereich höhere Ziele anzustreben. Diese Olympischen Jugendspiele sind aus meiner Sicht abzulehnen." Warum richte das IOC stattdessen nicht seinen Blick auf die Olympischen Jugendlager während der Olympischen Spiele. Diese sein über viele Olympiaden hin mit Erfolg durchgeführt worden seien.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 36 / 2. September 2008, S. 21
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2008