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PROFI/694: Supermittelgewicht - einem geschenkten Gaul ... (SB)



Saul "Canelo" Alvarez entthront Rocky Fielding in drei Runden

Saul "Canelo" Alvarez ist Weltmeister in der dritten Gewichtsklasse. Vor über 20.000 Zuschauern im New Yorker Madison Square Garden setzte sich der 28jährige Mexikaner bereits in der dritten Runde gegen den drei Jahre älteren Briten Rocky Fielding durch, der als krasser Außenseiter in den Ring gestiegen und erschreckend chancenlos war. Dank dieses Erfolgs sicherte sich "Canelo" den Titel des regulären WBA-Weltmeisters im Supermittelgewicht, der von nachrangiger Bedeutung ist, da bei diesem Verband der Superchampion an der Spitze steht. Während Alvarez seine Bilanz auf 51 Siege, eine Niederlage sowie zwei Unentschieden ausbaute, stehen für Fielding nun 27 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche. [1]

Alvarez ging von Beginn an unverzüglich zur Sache und traktierte den wesentlich größeren Titelverteidiger mit heftigen Körperschlägen und Haken zum Kopf. Fielding versuchte vergeblich, seine überlegene Reichweite zu nutzen und mit dem Jab zu arbeiten. Statt sich zu emsig zu bewegen und dem Herausforderer kein statisches Ziel zu bieten, blieb er vor ihm stehen und suchte den Schlagabtausch, was ihm schlecht bekam. Nach einem schmerzhaften Leberhaken sank er auf ein Knie und mußte damit den ersten Niederschlag hinnehmen. Damit war es im Grunde bereits um ihn geschehen, da er zwar wieder auf die Beine kam, aber sichtlich auf verlorenem Posten stand. "Canelo" ging weiter mit Schlägen zum Körper und einem linken Uppercut auf ihn los, so daß der Brite bis zur Pause unablässig Prügel bezog.

Dieses Bild setzte sich in der zweiten Runde fort, da der Mexikaner seinen Gegner mit wuchtigen Schlägen weiterhin in die Defensive trieb. Wenngleich auch Fielding einige Treffer landen konnte, schienen diese den Favoriten nicht im geringsten zu beeindrucken. Kurz vor Ende des Durchgangs erzielte "Canelo" abermals mit einem Leberhaken den zweiten Niederschlag in diesem ungleichen Kampf. Auch in der dritten Runde versuchte der Brite vergeblich, sich zu wehren, indem er zumindest fleißig mitboxte. In der letzten Minute schickte der Mexikaner den Kontrahenten mit einer Rechten zum Kopf ein drittes Mal auf die Bretter. Fielding kam noch einmal hoch, mußte aber nach einem weiteren schweren Körpertreffer einen Schritt zurückweichen und auf ein Knie gehen. Nach diesem vierten Niederschlag hatte Ringrichter Ricky Gonzalez genug gesehen und erklärte den Kampf nach 2:38 Minuten der dritten Runde für beendet, ohne Fielding noch einmal anzuzählen. [2]

"Canelos" Aufstieg zum Superstar der Branche in der Ära nach Floyd Mayweather verdankte sich seinem unbestrittenen Können, nicht minder aber einer erfolgreichen Steuerung und Vermarktung durch seinen Promoter Golden Boy. Saul Alvarez hat nach Auffassung vieler Experten vier wichtige Kämpfe nur dank der Gunst der Punktrichter nicht verloren, zuletzt zwei in Folge gegen Gennadi Golowkin. Um alle Kritik vergessen zu machen und die Version durchzusetzen, er habe dem Kasachen eine Lektion erteilt und für klare Verhältnisse gesorgt, bedurfte es eines demonstrativen Glanzlichts. Rocky Fielding bot sich als ideale Wahl an: Der Brite hatte den sekundären Titel im Juli gewonnen, als er Tyron Zeuge in Berlin in der fünften Runde besiegte. Er galt definitiv als schwächster Weltmeister seiner Gewichtsklasse, die derzeit sein britischer Landsmann Callum Smith dominiert. [3]

Der in 25 Kämpfen ungeschlagene Liverpooler hatte Fielding im November 2015 bereits in der ersten Runde besiegt und am 28. September 2018 die World Boxing Super Series gewonnen, in deren Finale er George Groves in Jeddah, Saudi-Arabien, das Nachsehen gab. Wenngleich "Canelo" abermals verkündete, ihn interessierten keine Titel, da er sich stets mit den allerbesten Rivalen messen wolle, wird er den Teufel tun und Smith vor die Fäuste laufen. Dieser ist nicht nur wesentlich gefährlicher als Fielding, sondern würde sicher nur allzu gern für die Niederlage seines Bruders Liam Revanche nehmen, dem "Canelo" im September 2016 den Gürtel im Halbmittelgewicht abgejagt hat. Damals wechselte der Mexikaner auf der Flucht vor Golowkin vorübergehend ins niedrigere Limit und nahm sich dort mit Liam Smith den schwächsten Champion vor. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn ihn der aktuelle Coup "Canelos" fatal an dessen damaliges Ausweichmanöver erinnert. Callum Smith gilt hingegen als der talentierteste der vier boxenden Brüder aus Liverpool und wäre nicht nur körperlich eine Nummer zu groß für den Mexikaner. [4]

Saul Alvarez ließ nach seinem denkbar leichten Einstand in der höheren Gewichtsklasse offen, ob er künftig dort seine Kreise ziehen oder ins Mittelgewicht zurückkehren wird. Daß IBF-Champion Daniel Jacobs nach "Canelos" Sieg den Ring betreten durfte, wurde jedoch als ein klares Signal interpretiert, daß er die besten Aussichten hat, Anfang Mai 2019 in der T-Mobile Arena in Las Vegas mit dem Mexikaner in den Ring zu steigen und eine satte Börse einzufahren. Jacobs hat gegen Gennadi Golowkin verloren und danach bei seinen Erfolgen gegen Maciej Sulecki wie auch Sergej Dereviantschenko nicht gerade Bäume ausgerissen. Auf Alvarez und seinen Promoter Oscar de la Hoya muß er den Eindruck einer weiteren perfekten Beute machen, da er nachzulassen scheint, aber immer noch einen guten Namen hat. Wer wollte dem Mexikaner vorwerfen, sich einen weiteren Titel im Mittelgewicht zu sichern? Böse Zungen, er picke sich wie immer die Rosinen aus dem Kuchen, werden mit solchen Manövern zwar nicht zum Schweigen gebracht, aber routiniert von der Propagandamaschine der Golden Boy Promotions übertönt. Mit der riesigen und begeisterungsfähigen mexikanischen Fangemeinde beiderseits der Grenze im Rücken hat "Canelo" das beste Argument auf seiner Seite, da er damit nicht nur die eigenen Taschen, sondern auch die diverser weiterer Nutznießer füllt.

Saul Alvarez hat im Oktober einen Vertrag in Rekordhöhe mit dem Streamingdienst DAZN unterzeichnet, der ihm bei einer Laufzeit von fünf Jahren für elf Kämpfe insgesamt 365 Millionen Dollar einbringen soll. Der erste Streich gegen Rocky Fielding im Madison Square Garden war für die Zuschauer kostenlos, die künftig 9,99 Dollar pro Monat zahlen sollen, um das volle Boxprogramm konsumieren zu können. Dieses Geschäftsmodell hört sich attraktiv an und könnte durchaus geeignet sein, das traditionelle Konzept des Bezahlfernsehens im Boxsports mit seinen hohen Buchungsgebühren für einzelne attraktive Kämpfe zu Grabe zu tragen. Nachdem HBO nach langen Jahren der Übertragung von Boxkämpfen ausgestiegen ist, halten noch Showtime und ESPN dagegen, so daß ein weiteres Schisma der Branche droht. Wenngleich dieser Krieg, den DAZN bekanntlich auf diversen Schlachtfeldern weltweit austrägt, noch längst nicht entschieden ist, dürfte der Sog zumindest im Boxgeschäft weiter wachsen. Wer sich Hoffnungen macht, gegen "Canelo" anzutreten und viel Geld zu verdienen, muß zu DAZN gehen. Und je voller dieser Topf namhafter Akteure wird, um so stärker zieht er wie ein Strudel auch den Rest hinterher.


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/12/canelo-alvarez-obliterates-rocky-fielding-results/

[2] www.espn.com/boxing/story/_/id/25542126/tevin-farmer-dominates-francisco-fonseca-retains-junior-lightweight-title

[3] www.boxingnews24.com/2018/12/canelo-says-hell-fight-ggg-again-if-fans-want-it/

[4] www.boxingnews24.com/2018/12/canelo-not-sure-if-hell-go-back-down-to-160/

16. Dezember 2018


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