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PROFI/666: Weltergewicht - Referenz mit abschreckender Wirkung (SB)



Errol Spence dominiert Lamont Peterson auf ganzer Linie

Errol Spence ist gegenwärtig der herausragende Akteur im Weltergewicht und wird seine Vormachtstellung in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Diese Einschätzung und Prognose drängt sich geradezu auf, läßt man seine erfolgreiche Titelverteidigung gegen Lamont Peterson in Brooklyn Revue passieren. Kühl, ruhig und fokussiert nahm der 28jährige IBF-Weltmeister vor 12.000 Zuschauern im Barclays Center den fünf Jahre älteren Herausforderer systematisch auseinander, bis dessen Trainer Barry Hunter zu Beginn der achten Runde Ringrichter Harvey Dock die Aufgabe seines Boxers signalisierte. Während der ungeschlagene Titelverteidiger aus dem texanischen DeSoto seine Bilanz auf 23 gewonnene Auftritte ausbaute, stehen für den früheren Champion im Halbwelter- und Weltergewicht aus Washington D.C. nun 35 Siege, vier Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche.

Spence, der 2012 als Amateur im US-Team an den Olympischen Spielen in London teilgenommen hatte, war im Mai 2017 IBF-Weltmeister geworden, als er den Briten Kell Brook vor dessen Heimpublikum in Sheffield eindrucksvoll in der elften Runde besiegte. Obgleich er seither keinen Kampf mehr bestritten hatte, machte er bei seiner ersten Titelverteidigung einen glänzenden Eindruck und überzeugte mit einem technisch hochklassigen Auftritt. Peterson kam von Beginn an nicht zum Zuge, da der Champion schneller und variabler agierte wie auch wirkungsvoller schlug. Nachdem Spence die ersten vier Runden klar für sich entschieden hatte, erhöhte er in der fünften den Druck und schickte den Gegner mit einer Linken zu Boden. Peterson kam wieder auf die Beine und konnte den Kampf fortsetzen, war aber zu Ende des Durchgangs von zahlreichen schweren Treffern deutlich gezeichnet.

Dabei schien der Weltmeister noch nicht einmal mit vollem Einsatz zu Werke zu gehen, da seine Überlegenheit ausreichte, um den Herausforderer an der Entfaltung zu hindern. Peterson zögerte sichtlich, entschieden anzugreifen, da er jedesmal sofort mit Kontern bestraft wurde, wenn er in die Offensive gehen wollte. In der sechsten Runde nahm Spence das Tempo zurück, als sei er sich des nahen Endes sicher, und verlegte sich auf Einzelschläge. In der Pause nahm Barry Hunter seinen Boxer ins Gebet, ließ ihn dann aber doch noch weiterkämpfen. Auch in der folgenden Runde machte der Champion keine Anstalten, eine vorzeitige Entscheidung zu erzwingen, sondern demonstrierte lediglich seine Überlegenheit, als wolle er Peterson nicht über Gebühr in Mitleidenschaft ziehen. So erwies sich die Aufgabe des Herausforderers letztendlich als weise Entscheidung, an der beide Seiten ihren Anteil hatten. [1]

Es stand Errol Spence nicht minder gut zu Gesicht, dem unterlegenen Gegner in einer ersten Stellungnahme Respekt zu zollen. Viele Rivalen seien ihm aus dem Weg gegangen, doch Peterson habe diesen schweren Gang nicht gescheut. Wie der erfolgreiche Titelverteidiger hervorhob, kenne er den Herausforderer als unnachgiebigen Kämpfer, der niemals von sich aus aufgebe. Es habe schon seines erfahrenen Trainers bedurft, um ihm diese Entscheidung abzunehmen. Trotz seines dominanten Auftritts unterstrich der Weltmeister, daß er sich insbesondere in der Defensive noch erheblich verbessern könne.

Wie Lamont Peterson einräumte, sei es ihm nicht gelungen, dem Champion zu Leibe zu rücken, um ihn unter Druck zu setzen. Spence habe seine Schläge frühzeitig an den Mann gebracht und sei definitiv der bessere Boxer gewesen. Man könne mit Fug und Recht sagen, daß er das Weltergewicht mit deutlichem Vorsprung anführe. Die Entscheidung seines Trainers, den Kampf abzubrechen, respektiere er uneingeschränkt. Was immer Barry Hunter ihm auftrage, befolge er nach besten Kräften. Dem fügte Hunter hinzu, daß es ihm gewiß nicht leicht gefallen sei, seinem Boxer Einhalt zu gebieten. Letzten Endes sei es jedoch sein Sohn, der dort oben im Ring stehe, und nichts sei wichtiger, als dessen Wohlergehen. [2]

An seinen Zukunftsplänen ließ Errol Spence keinen Zweifel. Er will seinen Anspruch, an der Spitze der Gewichtsklasse zu stehen, unter Beweis stellen und sich zu diesem Zweck insbesondere mit Keith Thurman messen, dem Weltmeister der Verbände WBA und WBC. Wie jeder wisse, fordere er Thurman schon geraume Zeit zum Kampf, bekomme jedoch nur immer neue Ausflüchte zu hören. Nun werde es langsam Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen und ihre drei Gürtel zusammenzuführen. Thurman hat jedoch bereits erklärt, daß er in diesem Jahr noch nicht gegen den jüngeren Rivalen antreten will. Er hatte sich bei seinem Sieg über Danny Garcia im März 2017 eine Verletzung am linken Ellbogengelenk zugezogen, die einen operativen Eingriff und eine nachfolgende Pause erforderlich machte. Der Champion wird voraussichtlich im April in den Ring zurückkehren und seine Titel gegen Jessie Vargas verteidigen.

Spence, der zu einem der besten Akteure aller Gewichtsklassen aufsteigen möchte, muß sich also noch in Geduld üben, bis er Thurman vor die Fäuste bekommt. Dasselbe dürfte freilich auch für die anderen prominenten Konkurrenten im Weltergewicht gelten, da der dominante Auftritt in Brooklyn eine Referenz für die Qualitäten des IBF-Champions war, die zweifellos abschreckende Wirkung hat. [3]


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/01/errol-spence-jr-vs-lamont-peterson-results/#more-253778

[2] www.boxingnews24.com/2018/01/errol-spence-jr-crushes-lamont-peterson/#more-253783

[3] www.espn.com/boxing/story/_/id/22164747/errol-spence-jr-defeats-lamont-peterson-eighth-round-tko-barclays-center

24. Januar 2018


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