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PROFI/653: Flurbereinigung im Weltergewicht (SB)



Keith Thurman setzt sich knapp gegen Danny Garcia durch

In einem mit Spannung erwarteten Kampf zweier ungeschlagener Weltmeister im Weltergewicht hat sich Keith Thurman knapp nach Punkten gegen Danny Garcia durchgesetzt (116:112, 115:113, 113:115). Vor 16.533 Zuschauern im ausverkauften Barclays Center in Brooklyn ging der 28 Jahre alte WBA-Champion aus Clearwater, Florida, mit einer effektiveren Taktik zu Werke als der gleichaltrige Titelträger des Verbands WBC aus Philadelphia. Während für Thurman nun 28 Siege zu Buche stehen, mußte Garcia nach 33 Erfolgen die erste Niederlage hinnehmen.

In einem nahezu ausgeglichenen Gefecht war Garcia zumeist der aktivere Boxer, doch ging Thurman in den letzten Sekunden jeder Runde so stürmisch zu Werke, daß er die Punktrichter für sich einnahm. Der von der beiderseitigen Taktik geprägte Kampf entbehrte nicht turbulenter Szenen, war aber vor allem von der Vorgehensweise des WBA-Weltmeisters bestimmt, der sich sehr viel bewegte und dem Gegner auf diese Weise viel von seiner Gefährlichkeit nahm. Auf seinen Vorsprung vertrauend, mied Thurman in den letzten drei Runden zumeist den Schlagabtausch. Dadurch setzte sich Garcia besser in Szene, konnte aber den Rückstand nicht mehr wettmachen.

Danny Garcia spielte dem Gegner insofern in die Hände, als er dessen Angriffe abwartete und ihn nicht unter Druck setzte. Das erlaubte es dem schneller schlagenden Thurman, den Kontrahenten mit seinem Jab und Einzeltreffern der Rechten zu traktieren, um sich sofort wieder aus der Reichweite zu manövrieren. Er wechselte gekonnt zwischen Schlagen und Bewegen, und erst als Garcia gegen Ende beständig nachsetzte und häufiger zum Körper schlug, deutete sich an, wie man Thurman Probleme bereiten kann. Auf Anweisung seines Vaters und Trainers Angel Garcia hatte der WBC-Champion schon zuvor versucht, den Gegner mit Körpertreffern zu schwächen, die Thurman sichtlich schlecht vertrug. Das Problem war jedoch, daß Garcia dabei jedesmal Schläge zum Kopf abbekam, da er schlichtweg langsamer als sein Kontrahent war. [1]

Danny Garcia, der früher Weltmeister zweier Verbände im Halbweltergewicht gewesen war, konnte dieses Kunststück in der höheren Gewichtsklasse nicht wiederholen. Daß sein Vater dem Gegner vorhielt, beim Boxen gehe es ums Schlagen und nicht ums Laufen, änderte nichts daran, daß er die schon zuvor bekannte Strategie Thurmans nicht zu durchkreuzen vermochte. Wenngleich es durchaus kein einseitiger Kampf war, kam Garcia mit seiner gefährlichsten Waffe, dem linken Haken, immer weniger zum Zuge, da der Kontrahent auf der Hut war. Für Keith Thurman, der wie sein Gegner eine Börse von zwei Millionen Dollar einstreichen konnte, war dies die fünfte erfolgreiche Titelverteidigung. Danny Garcia hatte den vakanten WBC-Titel im Januar 2016 gegen Robert Guerrero gewonnen, aber seither nicht verteidigt.

Erstaunlicherweise war es erst der zehnte Kampf in der Geschichte des Weltergewichts, bei dem Titel zusammengeführt wurden. Denkt man an legendäre Duelle wie jene zwischen Sugar Ray Leonard und Thomas Hearns, Oscar de La Hoya und Felix Trinidad oder Floyd Mayweather und Manny Pacquiao zurück, brauchen sich Thurman und Garcia zumindest nicht zu verstecken, auch wenn ihr Auftritt epische Züge vermissen ließ. Leonard saß übrigens als Experte des Senders CBS am Ring, der in den zurückliegenden 40 Jahren nur zwei Boxkämpfe zur besten Sendezeit übertragen hatte. Thurman erinnerte gegen Ende an Oscar de la Hoya, der 1999 Trinidad im Gefühl des sicheren Vorsprungs die letzten Runden überlassen hatte, dann aber umstritten nach Punkten verlor. [2]

Mit seinen beiden Titeln ist Keith Thurman nun mit Fug und Recht der beste Akteur im Weltergewicht. Wollte er seine Vorherrschaft definitiv besiegeln, müßte er wohl gegen den Sieger des Kampfs zwischen IBF-Champion Kell Brook und Errol Spence antreten, die am 20. Mai aufeinandertreffen. Beide haben bereits ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, auf diese Weise eine Flurbereinigung in der Gewichtsklasse herbeizuführen. Sollte sich Spence durchsetzen, stünde Thurman eine schwerere Aufgabe als jene gegen Garcia ins Haus. Errol Spence schlägt härter zu und macht ständig Druck, so daß Thurman den Kampf nicht so leicht kontrollieren könnte.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/03/keith-thurman-vs-danny-garcia-results/#more-22918

[2] http://www.espn.com/blog/statsinfo/post/_/id/130092/thurman-wins-welterweight-unification-belt-in-split-decisio

5. März 2017


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