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PROFI/593: Südkalifornischer Höhenflug der Extraklasse (SB)



Leo Santa Cruz setzt sich gegen Abner Mares durch

In einem spektakulären Prestigekampf, den beide Boxer zuvor als den bislang bedeutendsten ihrer Karriere bezeichnet hatten, setzte sich Leo Santa Cruz vor mehr als 13.000 Zuschauern in Los Angeles nach Punkten gegen Abner Mares durch (114:114, 117:111, 117:111). Beide Akteure hielten, was sie versprochen hatten, und lieferten einander ein hochklassiges Gefecht. Santa Cruz, der weiter ungeschlagen blieb und seine Bilanz auf 31 Siege sowie ein Unentschieden ausbaute, ist damit Superchampion der WBA und Diamond-Champion des WBC im Federgewicht. Für Abner Mares, der früher Weltmeister in drei Gewichtsklassen war, stehen nun 29 gewonnene und zwei verlorene Kämpfe sowie ein unentschieden beendeter Auftritt zu Buche. Die Veranstaltung im Rahmen des Formats "Premier Boxing Champions" wurde vom Sender ESPN übertragen.

Der 27jährige Santa Cruz nutzte konsequent seinen Größen- und Reichweitenvorteil aus, um den zwei Jahre älteren Mares auf der Außenbahn mit Schlägen aus der Distanz einzudecken. Er war insgesamt gesehen an diesem Abend eindeutig der bessere Boxer, weshalb das Unentschieden des einen Punktrichters mit Unverständnis quittiert wurde. Vor allem in der Anfangsphase kam es immer wieder zum offenen Schlagabtausch, wobei die Kontrahenten in der zweiten Runde mit den Köpfen zusammenstießen und sich dabei Rißwunden zuzogen.

Danach kämpfte Mares noch verbissener und versuchte, immer wieder dicht an den Gegner heranzukommen, um aus der Nahdistanz zu schlagen. Dies erinnerte an den typischen Stil Andre Wards, nur daß es in diesem Fall längst nicht so effektiv umgesetzt wurde. Mares kam sich immer wieder selbst in die Quere und klammerte häufig, was den Zuschauern überhaupt nicht gefiel. Sobald sich die beiden voneinander lösten, brachte Santa Cruz einige schwere Treffer ins Ziel, was um so mehr galt, wenn er einen gewissen Abstand zwischen sich und den Kontrahenten gebracht hatte. Abner Mares gelang es nicht, den Gegner am Schlagen zu hindern, der ihm in der zehnten Runde eine stark blutende Rißwunde am rechten Auge zufügte. Das hinderte die Kontrahenten jedoch nicht daran, bis zum Schlußgong heftig aufeinander loszugehen. [1]

Leo Santa Cruz, der sich in dem turbulenten Gefecht ausgezeichnet gehalten hatte, ließ alle Kritiker verstummen, die an seiner Fähigkeit gezweifelt hatten, es mit den führenden Akteuren dieser für ihn neuen Gewichtsklasse aufzunehmen. Wie er hinterher erklärte, habe er erwartet, daß ihn Mares ausboxen wolle. Als dieser jedoch vehement angegriffen und auf einen frühen Niederschlag gedrängt habe, sei man ihm mit einer Taktik in die Parade gefahren, die ihn ins Hintertreffen brachte. Er sei überglücklich und widme diesen Sieg allen Fans, die ihn unterstützt hatten.

Abner Mares reagierte verständlicherweise tief enttäuscht auf seine Niederlage, die er offenbar nicht wahrhaben wollte. Er habe sich nach einem sehr engen Verlauf als Sieger gesehen, so Mares, worauf er dann aber doch Fehler in seiner Strategie einräumte. Nach einem furiosen Auftakt habe ihn seine Ecke ermahnt, es etwas ruhiger angehen zu lassen. Er habe jedoch nicht darauf gehört und den ursprünglichen Plan fallengelassen, den Gegner auszuboxen.

Wie die Statistik von CompuBox zeigte, hatte Santa Cruz nicht nur häufiger geschlagen als Mares, sondern auch erheblich mehr Treffer erzielt. Dies unterstrich den Eindruck eines ebenso klaren wie verdienten Sieges. Daß dieser Kampf mit derart viel Zündstoff befrachtet war und bis zur letzten Sekunde spannend blieb, hing zum einen damit zusammen, daß beide Boxer aus Familien mexikanischer Einwanderer stammen, die in Südkalifornien leben, und bei ihrem Auftritt in Los Angeles gewissermaßen um die Vorherrschaft stritten.

Zum anderen gehören beide zur Elite ihrer Gewichtsregion, da Abner Mares früher Weltmeister im Bantam-, Superbantam- und Federgewicht war. Santa Cruz war in der Vergangenheit Champion im Bantamgewicht, ist nach wie vor Weltmeister im Superbantamgewicht und sicherte sich nun den vakanten WBA-Titel im Federgewicht. Jetzt hat er einen Monat Zeit zu entscheiden, in welchem Limit er fortan Champion bleiben will. Mit einer Börse von jeweils 1,25 Millionen Dollar bekamen beide die bislang höchste Gage ihrer Karriere.

Ihr mitreißender Kampf, den zu leiten dem erfahrenen Ringrichter Jack Reiss wenig Mühe bereitete, rief zwangsläufig die Frage nach einer Revanche auf den Plan. Schon im Vorfeld hatten beide Akteure von einer möglichen Trilogie gesprochen, und nach seinem Scheitern forderte Abner Mares postwendend einen Rückkampf. Santa Cruz sei ein großartiger Boxer und habe ihm wie erwartet einen harten Kampf geliefert. Er zolle ihm dafür Respekt und wolle auf jeden Fall noch einmal gegen ihn antreten.

Auch Leo Santa Cruz zeigte sich einer Neuauflage nicht abgeneigt. Da Mares das offensichtlich wünsche, werde er ihm gern eine Revanche gewähren. Schließlich liege ihm daran, den Fans große Kämpfe zu präsentieren. Nach diesem außergewöhnlichen Duell dürften sich beide Lager, die Zuschauer und alle Experten ausnahmsweise völlig einig gewesen sein, einen aussichtsreichen Kandidaten für den "Kampf des Jahres" erlebt zu haben, der unbedingt in eine zweite und womöglich noch dramatischere Auflage gehen muß. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/08/mares-vs-santa-cruz-early-results/#more-198336

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13543380/leo-santa-cruz-gets-majority-decision-win-abner-mares

30. August 2015


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