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PROFI/586: Ruslan Tschagajew fertigt Francesco Pianeta ab (SB)



WBA-Weltmeister setzt sich in der ersten Runde durch

Ruslan Tschagajew hat den regulären Titel der WBA im Schwergewicht vor 5000 Zuschauern in Magdeburg erfolgreich verteidigt. Der 36jährige Usbeke setzte sich bereits in der ersten Runde gegen den sechs Jahre jüngeren Herausforderer Francesco Pianeta durch. Wie diversen Vorgängern gelang es auch dem Gelsenkirchener nicht, erstmals seit Max Schmeling einen Schwergewichtstitel nach Deutschland zu holen. [1]

Der 1,96 m messende ehemalige WBO-Europameister war zwar dem in Hamburg lebenden Usbeken an Größe und Reichweite klar überlegen, hatte dessen Schlagwirkung aber nichts entgegenzusetzen. Von seinem kubanischen Trainer Pedro Diaz glänzend eingestellt, überraschte der 111 kg wiegende Champion seinen Gegner mit schweren Treffern. Pianeta befolgte die Anweisung aus seiner Ecke, nach links herauszugehen, blieb dann aber stehen, ohne seine Deckung hochzunehmen. Tschagajew täuschte einen Schlag zum Körper an, traf den Herausforderer aber zweimal mit linken Haken am Kopf, worauf Pianeta zu Boden gehen mußte.

Der Gelsenkirchener kam zwar wieder auf die Beine, entzog sich dem Kontrahenten aber nicht, sondern wollte dagegenhalten. Daraufhin setzte der Usbeke sofort nach und erzielte wiederum mit seinem gefährlichen linken Haken einen weiteren Niederschlag. Da der Herausforderer beim mühsamen Aufstehen sichtlich Probleme hatte, beendete Ringrichter Jean-Louis Legland drei Sekunden vor Ende der ersten Runde den Kampf. Während Tschagajew dank dieses souveränen Erfolgs seine Bilanz auf 34 Siege, zwei Niederlagen und ein Unentschieden verbessern konnte, stehen für Pianeta nun 31 gewonnene und zwei verlorene Kämpfe sowie ein unentschieden gewerteter Auftritt zu Buche.

Wie der Usbeke im anschließenden Interview zufrieden konstatierte, sei seine Strategie voll aufgegangen. Mit seinem komplett neuen Team sei die Vorbereitung ausgezeichnet verlaufen, was sich ausgezahlt habe. Als Lokalmatador des Magdeburger Boxstalls habe der Herausforderer vielleicht zu sehr unter Druck gestanden. Im Schwergewicht könne eben ein einziger Schlag zum schnellen Ende führen, so Tschagajew.

Der gebürtige Italiener Pianeta räumte ein, er habe die erste Minute verschlafen und könne den weiteren Verlauf nicht erklären. Der Weltmeister habe die richtige Taktik zur Anwendung gebracht, und so sei es eben einfach dumm gelaufen. Wie sein Promoter Ulf Steinforth bedauerte, sei der Herausforderer von einem linken Haken kalt erwischt worden: Wenn man zuviel will, passieren solche Fehler. Immerhin hatte sein Schützling selbst gegen Wladimir Klitschko sechs Runden durchgehalten. Nun muß Pianeta sogar um seine Zukunft als Profiboxer bangen. Steinforth sagte diesbezüglich, er könne noch nicht sagen, wie es bei dem Schwergewichtler weitergeht.

Der damals noch von Fritz Sdunek trainierte Ruslan Tschagajew war vor einigen Jahren schon einmal WBA-Weltmeister geworden. In einem zweiten Anlauf holte er sich den vakanten Gürtel zurück, als er am 6. Juli 2014 in Grosny gegen den US-Amerikaner Fres Oquendo nach Punkten gewann. Für seine erste freiwillige Titelverteidigung hatte er sich mit Francesco Pianeta, der an Nummer zwölf der WBA-Rangliste geführt wurde, einen handhabbaren Herausforderer ausgesucht.

Der Gelsenkirchener hatte 2013 nach einem einseitigen Kampf in der sechsten Runde gegen Wladimir Klitschko verloren. Danach setzte er sich gegen wenig bekannte Kontrahenten wie Ivica Bacurin, Mickael Vieira und Robert Teuber durch. Wie schon der Ukrainer konnte auch Tschagajew damit rechnen, vergleichsweise leichtes Spiel mit diesem Gegner zu haben. Insofern hatte Francesco Pianeta viel Glück gehabt, zweimal um die Weltmeisterschaft kämpfen zu dürfen. Nach dieser erneuten und nachgerade desaströsen Niederlage ist es nun allerdings schlecht um seine weitere Laufbahn bestellt.

Der WBA-Weltmeister muß nun innerhalb von 120 Tagen erneut gegen Fres Oquendo antreten, der bei ihrer ersten Begegnung in Grosny nur knapp nach Punkten verloren und sich danach eine Dopingsperre seitens der WBA eingehandelt hatte. Dennoch hat der Verband eine Revanche angeordnet, die nach Angaben von Tschagajews Promoter Timur Dugazajew möglicherweise in Hamburg über die Bühne gehen wird. Der Sieger dieses Kampfs bekommt es anschließend mit dem Australier Lucas Brown zu tun, der Nummer drei der WBA-Rangliste. Sollte sich Tschagajew gegen Oquendo durchsetzen, wovon Dugazajew ausgeht, möchte er auch diesen Kampf in Deutschland veranstalten. [2]

Wenngleich Fres Oquendo den Usbeken vor größere Probleme als Pianeta stellen dürfte, ist Tschagajew angesichts seiner überzeugenden Vorstellung in Magdeburg doch ein erneuter und wohl noch eindeutigerer Sieg über den US-Amerikaner zuzutrauen. Mit Lucas Brown steht dann ein erheblich gefährlicherer Herausforderer an, da der Australier nicht nur von imposanter Statur, sondern auch ein versierter Boxer ist, der bereits als möglicher Gegner des WBC-Weltmeisters Deontay Wilder im Gespräch war. Sollte Ruslan Tschagajew mit seinem neuen Team noch einmal den Leistungsstand wie zu Beginn seiner ersten Ära als Champion erreichen, hätte Brown allerdings eine äußerst harte Nuß zu knacken.


Fußnoten:

[1] http://www.rp-online.de/sport/boxen/francesco-pianeta-schafft-es-gegen-ruslans-chagaev-nicht-mal-zum-ersten-gong-aid-1.5230266

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/07/chagaev-vs-pianeta-early-results/#more-195992

12. Juli 2015


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