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PROFI/576: Keiner kann Floyd Mayweather das Wasser reichen (SB)



Manny Pacquiao chancenlos bei der Punktniederlage in Las Vegas

Floyd Mayweather jun. hat seine Ausnahmestellung eindrucksvoll unterstrichen. Der als bester Boxer seiner Generation gehandelte Defensivkünstler dominierte den Erzrivalen Manny Pacquiao in Las Vegas über zwölf Runden (118:110, 116:112, 116:112) und ist damit in 48 Profikämpfen ungeschlagen. Berücksichtigt man, daß der US-Amerikaner während seiner gesamten Karriere kein einziges Mal zu Boden gehen mußte und kaum jemals auch nur schwer angeschlagen war, unterstreicht dies seine hohe Kunstfertigkeit. Sein philippinischer Gegner, dem viele Experten und Fans einen Sieg zugetraut hatten, wirkte demgegenüber hilf- und einfallslos. Er versuchte immer wieder, direkt auf Mayweather loszugehen, der ihn dafür mit dem Jab und Schlägen seiner Rechten bestrafte. [1]

Von der seit Wochen ventilierten Ankündigung, man werde Mayweather mit unablässigen Schlägen aus allen erdenklichen Vektoren eindecken und überwältigen, war nichts zu sehen. Pacquiao boxte durchweg auf gerader Bahn, schlug wenig und traf selten, so daß ihn der US-Amerikaner jederzeit zu kontrollieren schien. Selbst in den zwei oder drei Runden, in denen der Philippiner die bessere Figur machte, kam er lediglich mit Körpertreffern durch, da sich sein Gegner ansonsten hervorragend deckte, auch wenn er teilweise an den Seilen stand.

Während für Mayweather 148 Treffer gezählt wurden, standen für Pacquiao nur 81 zu Buche, obgleich der Philippiner ein Feuerwerk in Aussicht hatte, mit dem er seinen Gegner niederzwingen werde. Da Pacquiao zudem die Mehrzahl seiner erfolgreichen Schläge in den wenigen Phasen durchgebracht hatte, in denen er Mayweather kurzfristig in die Enge treiben konnte, war seine Ausbeute über den gesamten Kampf gesehen äußerst dürftig. Es ist kaum möglich, einen hochklassigen Kontrahenten mit nur sechs Treffern pro Runde zu besiegen, und schlichtweg unmöglich, wenn der Gegner Floyd Mayweather heißt, zumal der Philippiner seit Jahren keinen Rivalen mehr vorzeitig besiegt hat. Der US-Amerikaner kontrollierte die Distanz und setzte seinen Jab so effektiv ein, daß sein Gegner kaum Gelegenheit fand, mehrere Schläge nacheinander an den Mann zu bringen. Wie die Zeitlupe zeigte, wurde Mayweather selbst dann nicht ernsthaft getroffen, wenn er ausnahmsweise in Schwierigkeiten geriet. [2]

Bis zur siebten Runde mußte Mayweather dem Kontrahenten den einen oder andern Durchgang überlassen, danach beherrschte er vollständig das Feld und ließ Pacquiao kaum noch zur Entfaltung kommen. Der Amerikaner hat in den letzten Jahren zumeist körperlich überlegene Gegner besiegt und konnte nun bei dem kleineren Philippiner sein Können fast ungehindert entfalten. Pacquiao ging derart überschaubar zu Werke, daß sich die Frage stellt, ob er seine früheren Fähigkeiten eingebüßt hat oder Trainer Freddie Roach nicht mehr in der Lage ist, mit ihm variable taktische Herangehensweisen auszuarbeiten und umzusetzen.

Wie sich unübersehbar herausstellte, boxt der Philippiner nicht oder nicht mehr in derselben Liga wie Mayweather, was man freilich auch von keinem anderen Kandidaten sagen kann. Pacquiao hat zuletzt gegen Joshua Clottey im Jahr 2010 aus wechselnden Winkeln angegriffen, seither jedoch durchweg gradlinig geboxt und dabei eine durchwachsene Bilanz erzielt. In seinen vier Kämpfen gegen Juan Manuel Marquez hatte er beträchtliche Probleme und gewann dreimal mehr oder minder umstritten, worauf ihn der Mexikaner bei ihrer letzten Begegnung auf die Bretter schickte.

Manny Pacquiao, der Weltmeister in sieben verschiedenen Gewichtsklassen war und einen Platz in der Ruhmeshalle des Boxsports sicher hat, galt als letzte große Herausforderung und ultimativer Prüfstein Floyd Mayweathers. Wenngleich man einräumen kann, daß dieser Kampf fünf Jahre zu spät für den Philippiner kam, ändert das doch nichts an den beispiellosen Qualitäten des bald 40jährigen US-Stars. Er hat seinen Gegnern keine blutigen Schlachten geliefert, die deswegen in die Boxgeschichte eingegangen sind. Auch kam er nicht auf dem Boden liegend oder nach Niederlagen wieder zurück, wie man das vielen andern legendären Akteuren zugute hält.

Man mag das für langweilig erklären oder gar als Niedergang des Sports diskreditieren, doch verkennt man dabei das einzigartige Vermögen Mayweathers, dank hochentwickelter boxerischer Fertigkeiten jede erdenkliche Strategie seiner Gegner zu neutralisieren und diese nicht selten zu demoralisieren. Auf den ersten Blick ist es mithin keine Schande, gegen Mayweather zu verlieren. Wie sich jedoch abzeichnet, war keiner seiner Gegner hinterher derselbe wie zuvor. Einigen gewährte er eine Revanche und setzte sich dabei noch deutlicher durch. Sein Nimbus ist keineswegs nur symbolischer Natur, sondern offenbar mit einer erschütternden Erfahrung für seine Kontrahenten verbunden.

Wie Floyd Mayweather nach seinem Sieg über Manny Pacquiao angekündigt hat, werde er umgehend sämtliche Titel niederlegen. Er ist Champion der Verbände WBA, WBC und nun auch WBO im Weltergewicht sowie WBA/WBC-Weltmeister im Halbmittelgewicht. Während zahllose andere Boxer davon träumen, sich einen Gürtel umlegen zu dürfen, emanzipiert er sich von diesem Ballast, den er nicht länger gebrauchen kann. Er hat seine Absicht noch einmal bekräftigt, Mitte September einen allerletzten Kampf zu bestreiten und danach seine Karriere zu beenden. Zudem braucht er keine formale Bestätigung mehr, der weltbeste Akteur aller Gewichtsklassen zu sein. [3]

Da die Verbände bei allen Titelkämpfen Gebühren abkassieren, spart Mayweather fortan auch diese Summe ein, was für den weltweit bestverdienenden Sportler natürlich von nachrangiger Bedeutung ist. Auch daß ihm die Verbände künftig keinen Herausforderer aufzwingen können, ist für ihn ohnehin irrelevant, da er sich schon seit Jahren nicht mehr vorschreiben läßt, gegen wen er antritt. Im Grunde handelt es sich wohl um die demonstrative Bekräftigung der von ihm reklamierten Autonomie seiner sportlichen und finanziellen Erwägungen und Entscheidungen, die in der gesamten Branche einzigartig ist, wo sie die Ideologie vermeintlich unabhängigen unternehmerischen Erfolgs auf die Spitze treibt.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/is-mayweather-jr-too-good-for-his-own-good/#more-192339

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/05/pacquiao-landed-only-81-punches-in-defeat-against-mayweather/#more-190240

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/05/mayweather-says-hell-be-vacating-all-his-world-titles-on-monday/#more-192338

3. Mai 2015


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