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PROFI/574: Adonis Stevenson bleibt WBC-Champion im Halbschwergewicht (SB)



Sakio Bika unterliegt in Quebec City einstimmig nach Punkten

Adonis Stevenson bleibt WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht. Der 37jährige Kanadier setzte sich in Quebec City einstimmig nach Punkten gegen den zwei Jahre jüngeren Sakio Bika durch (111:115, 110:116, 110:115). Dank seiner häufigeren und schwereren Treffer behielt der Favorit des Publikums aus Montreal, der in der sechsten und neunten Runde je einen Niederschlag herbeiführte, gegen seinen im Vorfeld als bislang gefährlichsten Herausforderer eingeschätzten Gegner klar die Oberhand. Bei der Präsentation des Formats "Premier Boxing Champions", mit dem aufgrund der Zusammenarbeit des Beraters Al Haymon mit CBS erstmals seit Jahrzehnten wieder Boxkämpfe bei diesem Sender zu sehen waren, dominierte der kanadische Rechtsausleger den Kampf und verteidigte seinen Titel zum fünften Mal erfolgreich. Während für den in Haiti geborenen Champion nunmehr 26 Siege und ein Unentschieden zu Buche stehen, hat der aus Kamerun stammende und in Australien lebende Bika 32 Auftritte gewonnen, sieben verloren sowie drei unentschieden beendet.

Stevensons überlegene Schlagwirkung kam frühzeitig zur Geltung, als er den Kontrahenten in der zweiten Runde mehrmals mit der Linken sichtlich erschütterte. Wie sich in der Folge zeigte, fand der Herausforderer kein Mittel gegen die gefährliche Schlaghand des Champions, die immer wieder ihr Ziel traf. Der aus dem Supermittelgewicht aufgestiegene Herausforderer versuchte vergeblich, in seiner Kampfesweise dieser ständigen Bedrohung Rechnung zu tragen. Im fünften Durchgang konnte Bika nach einem weiteren wuchtigen Treffer einen Niederschlag nur durch sofortiges Klammern abwenden, wodurch beide Boxer zu Boden gingen. Ringrichter Michael Griffin stufte diese Aktion als Ausrutschen ein, doch zeigte der Herausforderer anschließend Wirkung.

In der sechsten Runde schickte der Weltmeister seinen Gegner mit einer linken Geraden erstmals regulär auf die Bretter, worauf Bika, der noch nie vorzeitig verloren hatte, rasch wieder auf die Beine kam. Kurz vor Ende des neunten Durchgangs mußte der Herausforderer erneut zu Boden gehen, doch war die Pause so nahe, daß Stevenson nicht mehr nachsetzen konnte. Noch immer gelang es dem Australier viel zu selten, druckvolle Angriffe auf den Weg zu bringen, wenngleich er in der elften Runde einige wilde Schwinger durchbringen konnte.

In der Pause spornte Bikas Trainer Kevin Cunningham seinen Boxer an, er könne nur noch durch einen Niederschlag gewinnen. Dazu fand der Herausforderer jedoch im letzten Durchgang keine Gelegenheit mehr. Stevenson war sich des Sieges so sicher, daß er sich bereits mit erhobener Hand vom begeisterten Publikum feiern ließ. Er brachte seinen Vorsprung sicher nach Hause, wenngleich er in den letzten Sekunden des Kampfs noch durch einen unabsichtlichen Kopfstoß eine Rißwunde über dem rechten Auge davontrug.

Sakio Bika hatte erneut unter Beweis gestellt, warum er trotz etlicher Niederlagen in seiner Karriere stets den Schlußgong erreicht hatte. Er blieb jedoch viel zu häufig vor dem Weltmeister stehen, ohne ihn anzugreifen, weil er offenbar dessen Konter fürchtete. Zudem bereitete er seine Schläge selten mit dem Jab vor, so daß er bei seinen Angriffsversuchen offen für die Rechte Stevensons war. Der Kanadier ließ allerdings in den letzten beiden Runden konditionell nach, lehnte einige Male in den Seilen und deckte sich zu nachlässig, worauf Bika in der Schlußphase doch diverse Treffer plazieren konnte.

Es war zweifellos einer der anspruchsvollsten Kämpfe seit Jahren, die Stevenson zu bewältigen hatte. Bika traf den Weltmeister häufiger als Andrzej Fonfara im vergangenen Jahr, doch fehlte es ihm an Schlagwirkung, um wie der Pole einen Niederschlag zu erzielen. Der Australier hat zwar Gewicht zugelegt, wirkte aber verglichen mit dem Titelverteidiger nach wie vor eher wie ein Supermittelgewichtler.

Wie Stevenson in einer ersten Stellungnahme erklärte, habe sich Bika als der erwartet zähe Gegner erwiesen. Er selbst habe sich auf volle zwölf Runden vorbereitet, den Herausforderer immerhin zweimal niedergeschlagen und schließlich unangefochten gewonnen. Er wolle im Sommer seinen nächsten Kampf austragen und nehme es mit jedem auf, den sein Berater Al Haymon für ihn aussuchen wird. Der WBC-Champion erwähnte Sergej Kowaljow mit keinem Wort, obgleich der Verband einen Kampf gegen den Pflichtherausforderer angemahnt hat. Damit bekommt der Russe, der die Gürtel der WBA, WBO und IBF in seinem Besitz hat, seinem langgehegten Wunsch endlich nahe, mit Stevenson in den Ring zu steigen. Sollte es der Kanadier dennoch ablehnen, sich Kowaljow zu stellen, würde ihm der Titel aberkannt.

Sergej Kowaljow steht eine mehrfach verschobene Pflichtverteidigung beim Verband IBF gegen Nadjib Mohammedi ins Haus, die im Juni oder Juli ausgetragen werden soll. Setzt sich der Russe dabei durch, woran kaum jemand zweifeln dürfte, stünde im Herbst der Kampf um die Vorherrschaft im Halbschwergewicht gegen Stevenson an. Da sich die beiden Lager mit Sicherheit nicht einigen werden, kommt es zu einer Versteigerung der Austragungsrechte, die bereits für den 17. April anberaumt ist. [1]

Am Rande des Kampfs zwischen Sergej Kowaljow und Jean Pascal, der am 14. März in Montreal über die Bühne gegangen war, hatte Stevenson dem als Kommentator für den Sender HBO tätigen Bernard Hopkins versichert, er werde gegen den Russen antreten. Sollte er dennoch einen Rückzieher machen und seinen Gürtel abgeben, nähme sein Ruf ernsthaft Schaden. Zudem wäre er nicht mehr Weltmeister und müßte mit weniger namhaften Gegnern und deutlich geringeren Börsen vorlieb nehmen. [2] Daher spricht fast alles dafür, daß es endlich zu diesem bedeutendsten Duell im Halbschwergewicht kommen wird - sofern Al Haymon nicht einen Plan B ausgebrütet hat, dessen Sinn sich erst im Zuge der Umsetzung erschließt. Es wäre zumindest nicht das erste Mal, daß der Berater einen Weltmeister aus zunächst unerfindlichen Gründen zurücktreten läßt, um ihm wenig später einen Kampf um seinen alten Titel zu bahnen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/boxer/adonis-stevenson/

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/04/adonis-stevenson-to-fight-next-in-june-or-july-no-mention-of-kovalev/#more-190303

6. April 2015


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