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PROFI/550: Hochmut kommt vor dem Fall - Groves unterliegt Froch (SB)




Champion gewinnt Revanche vor 80.000 Fans im Wembley-Stadion

Vor der eindrucksvollen Kulisse von 80.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion hat Weltmeister Carl Froch seinen britischen Erzrivalen George Groves in der achten Runde auf die Bretter geschickt und damit auch die Revanche gewonnen. Dabei hatte der Abend für Groves gut angefangen, doch nach einem ausgezeichneten Auftakt verlor der 26jährige zusehends seine Linie, so daß Froch nach und nach das Ruder übernehmen konnte. 25 Sekunden vor Ende der achten Runde war es dann soweit: Mit einer wuchtigen Rechten fällte er seinen Gegner.

Im ersten Kampf der beiden Supermittelgewichtler, der am 23. November in Manchester ausgetragen worden war, wurde Froch umstritten zum Sieger gekürt. Damals lag George Groves nach Punkten in Führung, als er nach einem Niederschlag vom Ringrichter aus dem Kampf genommen wurde - zu früh, wie viele Beobachter meinten. Die Revanche wurde nun zum bedeutendsten Ereignis der britischen Boxgeschichte hochstilisiert, was sie zumindest gemessen an der Zuschauerzahl in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg auch war.

Carl Froch, der seine Bilanz auf 33 Siege und zwei Niederlagen verbesserte, blieb damit Weltmeister der WBA und IBF im Supermittelgewicht. George Groves, der inzwischen beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag steht, hat 19 Auftritte gewonnen, doch zweimal in Folge gegen Froch verloren.

Sechs Runden lang lieferten die Kontrahenten einander ein von beiderseitiger Taktik geprägtes Gefecht, in dem der Herausforderer die etwas bessere Figur machte. Indessen setzte keiner von beiden alles daran, eindeutig die Oberhand zu gewinnen, da sie sich augenscheinlich keine Blöße geben wollten. Im siebten Durchgang brachte Groves dann etliche gute Treffer ins Ziel, dominiert das Geschehen im Ring und schien auf die Siegerstraße einzubiegen.

Hätte er den Rest des Kampfes klug weitergeboxt, wäre ihm der Erfolg wohl nicht zu nehmen gewesen. Statt dessen lehnte er sich in der achten Runde in die Seile, ließ seinen Gegner kommen und wollte ihn auskontern. Er schien zu glauben, Frochs Schläge könnten ihm nichts anhaben, was sich als folgenschwerer Irrtum erweisen sollte. Dabei hätte Groves aus ihrem ersten Kampf wie auch Frochs Siege gegen Lucian Bute die Lehre ziehen müssen, daß man sich bei diesem Gegner keinesfalls in eine derartige Lage bringen lassen darf.

Froch bestrafte den gravierenden taktischen Fehler mit einem gewaltigen Treffer der Schlaghand, die seinen Gegner augenblicklich zu Boden stürzen ließ. Auf dem Rücken liegend rührte sich Groves in den ersten Sekunden nicht, was Ringrichter Charlie Fitch veranlaßte, den Kampf abzubrechen. Kaum war das geschehen, setzte sich Groves auf, als sei er aus einem Nickerchen erwacht, und begann heftig zu protestieren. Fitch hatte jedoch absolut richtig gehandelt, da der Boxer schwer getroffen und nicht abzusehen war, daß er umgehend wieder auf die Beine kommen könnte. [1]

Groves, der in seiner Selbsteinschätzung bekanntlich nicht gerade zur Zurückhaltung neigt, fiel seinem eigenen Hochmut zum Opfer. Er wollte Froch verhöhnen und provozieren, um ihn dann zu demütigen. Damit brachte er sich aus freien Stücken in dieselbe Lage, die ihm bereits bei ihrer ersten Auseinandersetzung zum Verhängnis geworden war. Zweifel an der Lernfähigkeit des jungen Briten sind daher angebracht, wie man nun auch diskutieren wird, ob seine Qualitäten womöglich überbewertet worden sind.

Froch, den viele auf dem absteigenden Ast seiner Karriere und im zweiten Kampf mit Groves als Außenseiter gesehen hatten, zog zufrieden Bilanz. Er habe mit einigen der weltbesten Boxer im Ring gestanden und nun mit dem Herausforderer Stirn an Stirn gekämpft. In einem taktisch geführten und derart engen Kampf wie diesem könne mitunter ein einziger Schlag über Sieg oder Niederlage entscheiden. Und wenn man wie er über eine enorme Schlagwirkung verfüge, könne ein einzelner guter Treffer alles sein, was erforderlich ist. George Groves habe eben das Pech gehabt, sich am falschen Ende der schweren Rechten eines erfahrenen Champions aufzuhalten. Indessen könnten beide stolz auf ihre Leistung an diesem Abend sein.

Obwohl sein Boxer gewonnen hat, dürfte Frochs Promoter Eddie Hearn nicht allzu glücklich über den Ausgang des Kampfes sein. Die Art und Weise, wie Groves diesmal den kürzeren zog, verbietet im Grunde die Erwägung, ein drittes Duell der Rivalen auszutragen, das noch einmal immense Umsätze generieren könnte. Damit bleibt als einzig großer Zahltag in Reichweite ein Kampf gegen James DeGale, der im Vorprogramm seinen Gegner Brandon Gonzales durch Abbruch in der vierten Runde besiegte und damit Pflichtherausforderer beim Verband IBF wurde.

Hearn hat bereits einen Kampf zwischen Froch und dem Superchampion der WBA, Andre Ward, ausgeschlossen, da dieser sich in finanzieller Hinsicht nicht rechnen würde. Der Kalifornier gilt zwar seit seinem Sieg im Super-Six-Turnier, in dessen Finale er den Briten besiegte, als weltbester Boxer im Supermittelgewicht, hat aber in jüngerer Zeit nur selten gekämpft. Neben einer längst auskurierten Verletzung sind es vor allem Probleme mit dem Promoter, die Ward seit einiger Zeit auf ein Abstellgleis manövriert haben. Andere namhafte Gegner wären Gennadi Golowkin oder Julio Cesar Chavez, doch ist ungewiß, ob die beiden überhaupt gegen Froch antreten würden.

Der Brite war zwar nach dem ersten Sieg gegen Groves geneigt, gewissermaßen zur Krönung seiner Karriere mit einem hochkarätigen Gegner aus den USA in den Ring zu steigen, doch ließ er sich von Eddie Hearn überzeugen, daß seiner Reputation wie auch seinem Konto nichts Besseres passieren könne als eine Revanche mit seinem jungen Rivalen. Die 80.000 im Wembley-Stadion und das zum größten innerbritischen Kampf aller Zeiten aufgeblasene Duell gaben Hearn insofern recht, als er nirgendwo sonst seinen Boxer besser vermarkten kann, als im heimischen Umfeld. Froch gegen Groves wäre auch in dritter Auflage ein lukrativer Selbstgänger geworden, hätte das zweite Duell einen anderen Verlauf genommen.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/05/froch-kos-groves-in-eight/#more-177182

3. Juni 2014